Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neues Album von LCD Soundsystem: Und noch ein Smash Hit
> Holt die Kuhglocken raus: Das New Yorker LCD Soundsystem ist nach gefühlt
> hundert Jahren zurück. Sein neues Album heißt „American Dream“.
Bild: Beim Barte des Propheten: James Murphy is back
Altersteilzeit ist over. Dancepunk muss wieder ran. Holt die Kuhglocken
raus! Das LCD Soundsystem hat sein selbst gewähltes Aufhören zurückgenommen
und veröffentlicht am Freitag ein neues Album mit dem leicht schwitzigen
Titel „American Dream“. Wie lang waren sie weg gewesen? Zehn Jahre? Hundert
Jahre?
Nicht wegen der Kohle, nein! „Es geht uns nicht darum, hier noch mal eine
Ehrenrunde zu drehen, wir fühlen uns wie wuschelhaarige Vertretungslehrer,
zurück von der Kaffeepause, mit neuen Songs, komponiert auf den gleichen
seltsamen Synthesizern von damals – manche davon haben wir den Heinis
wieder abgekauft, denen wir die Zwitschermaschinen damals aus Frust
verkloppt haben.“
So spricht James Murphy, oberster Zweckmäßigkeitsapostel der New Yorker
Band, der alle Engineerboots, die er kauft, immer mit Reißverschluss
nachrüstet, damit er die Galoschen schneller an- und ausziehen kann. Murphy
ist der letzte Trapper der USA, einer, der nicht so gern darüber spricht,
wie er eine Hookline hinbekommt, die klingt wie the Cure nach der
Neutronenbombe („How Do You Sleep“), sondern lieber davon schwärmt, wie er
„gerade eine Waschmaschine repariert und einen Filter entkalkt“.
Die letzten Jahre hat der 47-Jährige im New Yorker Bezirk Brooklyn zusammen
mit dem Klarinettisten James Freeman das House of Good Coffee betrieben.
Anscheinend ging die ewige Bohnenrösterei aber doch zulasten der
Kreativität. Auch wenn er gelegentlich für andere produziert hat und auf
seinem Label DFA Records die eine oder andere Großtat veröffentlichte,
jetzt hat es wieder gejuckt.
„LCD Soundsystem wurde ja nicht von Jugendlichen gegründet, wir waren schon
steinalt, als wir angefangen haben“, erklärt Murphy und verweist darauf,
dass er im stillen Kämmerlein immer Melodieskizzen aufgenommen hat.
## Gute alte Kuhglocke
„American Dream“ umfasst nun zehn fertige Songs. Zwei davon kratzen an der
epischen 10-Minuten-Marke, das Finale „Black Screen“ dauert sogar mehr als
12 Minuten. Ein Song, „Other Voices“, wird tatsächlich von der guten alten
Kuhglocke angetrieben. Und die seltsamen Synthesizer kommen überall zum
Einsatz. Wie schlierige Marmelade werden die Melodien damit zugekleistert.
Manchmal gerät das dann zusammen mit Murphys schwärmerischem Gesang zu
schwülstig.
Besser gelingt die Eingliederung von Krautrock-Klangelementen, wie dem
Motorik-Drumbeat von Klaus Dinger und der Flageolett-Gitarre von Michael
Rother, wie in dem Song mit dem haarigen Titel „Emotional Haircut“.
Manchmal kratzen die neuen LCD-Soundsystem-Songs knapp vor dem
rockistischen Nirwana die Dancepunk-Kurve. Und manchmal wird aus all dem
Pathos doch noch ein Smash Hit – wie beim Titelsong „American Dream“.
Der kommende Aufstand aus Sicht eines 50-something: „Wake up with somebody
near you/ And at someone else’s place/ You took acid and looked in the
mirror/ Watched the beard crawl around your face/ Oh, the revolution was
here/ That would set you free from those bourgeoisie/ In the Morning
everything’s clearer/ When the sunlight exposes your age.“
Bartwuchs kennzeichnet also das Konsensalbum des Jahres, wir warten auf die
Remixe.
30 Aug 2017
## AUTOREN
Julian Weber
## TAGS
New York
Dancefloor
Konzert
Houston
Festival "Pop-Kultur"
Kolonialismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
US-Produzent Juan MacLean über Sucht: „Ich will das System niederreißen“
Houseproduzent Juan MacLean war drogenabhängig. Nun hat er in New York eine
therapeutische Einrichtung zur Suchtbehandlung mitgegründet.
Berlin-Konzert von LCD Soundsystem: Im Promo-Purgatorium
Wer die New Yorker Dancepunkband LCD Soundsystem am Montag in Berlin live
sehen wollte, musste erst durch ein Werbetribunal.
HipHop-Diss gegen Sturm in Texas: Rapper droht Hurrikan Harvey
Diss-Songs haben im US-HipHop Tradition. Der Track von Biggie Balls aus
Houston hat eine neue Dimension: Er legt sich mit Hurrikan Harvey an.
Festival Pop-Kultur Berlin: Alle Hände in die Luft
Die antiisraelische Hetzkampagne gegen das Festival „Pop-Kultur“ hat nicht
gefruchtet. Stimmung und Darbietungen sind gelungen.
US-Sklaverei-Roman in deutscher Version: Schleuser in die Freiheit
Colson Whiteheads Roman „Underground Railroad“ folgt dem Weg von Cora aus
der Sklaverei und erzählt vom Netzwerk der Unterstützer.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.