| # taz.de -- Vulfpeck in Berlin: Da schwitzt du dir nen Wolf | |
| > Die US-Funkband Vulfpeck – sprich: Wolfpack – überzeugt live mit | |
| > Virtuosität. Fast glaubte man, die Jackson Five seien zurück. | |
| Bild: Freaks, Mucker, Showmen: Vulfpeck aus Michigan | |
| In einigen Momenten, während man mal nicht mit dem Bühnengeschehen, sondern | |
| mit den eigenen wackelnden Hüften oder dem die Stirn hinabrinnenden Schweiß | |
| beschäftigt war, hätte man glauben können, man sei auf einem Konzert von | |
| Barry White oder The Jackson Five gelandet. | |
| Dann nämlich meinte man, die Stimme eines 12-jährigen Michael Jackson von | |
| der Bühne zu vernehmen, dazu einen nervös-zuckelnden Schlagzeugbeat. Und | |
| kaum hatte man dieses Gedankengebäude betreten, schien es, als trügen die | |
| Frauen um einen herum Schlaghosen mit Pailletten und die Männer alle dicke | |
| Pornobalken im Gesicht. | |
| Wenn man die Augen wieder aufmachte, schrieb man einen Dienstagabend im | |
| herbstlichen Spätsommer, und auf der Bühne standen vier bis sieben | |
| Menschen, die zur großen Zeit von Funk und Disco noch nicht einmal geboren | |
| waren. | |
| Bei den Musikern – allesamt „richtige“ Mucker, also Musiker-Musiker – | |
| handelte es sich um die Band Vulfpeck aus Michigan, die erstmals überhaupt | |
| in Berlin gastierte. Das Astra war direkt mal ausverkauft, und Vulfpeck | |
| zitierten so überzeugend aus dieser Epoche, dass sie die rund 1.500 | |
| Besucher gut eineinhalb Stunden ordentlich in Wallung versetzen. | |
| ## „Sleepify“ | |
| Vulfpeck, gesprochen Wolfpack, gründeten sich 2011 als Band an der | |
| Universität Michigan in Ann Arbor. Die Gruppe um Multiinstrumentalist Jack | |
| Stratton orientierte sich an Motown und Glam; den Münchener Toningenieur | |
| Reinhold Mack, der T. Rex und das Electric Light Orchestra in seinen | |
| Studios einst den Schliff verpasste, nennen sie immer wieder als Referenz. | |
| Das bekannteste Werk der Band bis dato besteht allerdings aus Stille: 2014 | |
| veröffentlichten Vulfpeck bei Spotify zehn Songs, auf denen rein gar nichts | |
| zu hören war. „Sleepify“ nannten sie das Album, sie verkauften es an ihre | |
| Fans, um Geld für eine Tour einzusammeln. Das gelang: Knapp 20.000 | |
| US-Dollar kamen rein, und Spotify musste zahlen, auch wenn sie | |
| zwischendurch insistierten, die Veröffentlichung entspräche nicht ihren | |
| Geschäftsbedingungen – und „Sleepify“ löschten. | |
| Zwei offizielle Alben folgten (das dritte kommt im November), heute hat die | |
| Band eine so große Fangemeinde, dass die Tour komplett ausverkauft ist. Zu | |
| Beginn laufen Jack Stratton, Theo Katzman, Woody Goss und Joe Dart wie | |
| Sportstars ein, lassen sich über die Lautsprecher ankündigen und spielen | |
| ein lässig-schäkerndes Intro. | |
| Fast alle wechseln viel zwischen den Instrumenten, nur Joe Dart, ein | |
| unfassbar guter Bassist, bleibt die meiste Zeit am Viersaiter. Diese | |
| Grundcombo wird im Lauf des Abends durch verschiedene Mitstreiter ergänzt, | |
| zu den Höhepunkten zählen die Stücke mit R&B-Sänger Antwaun Stanley, etwa | |
| das stevie-wonderige „1612“ oder das zitatreiche „Funky Duck“, dessen | |
| Refrain laut mitgesungen wird. Sowieso erhöht sich der Mitmachfaktor mit | |
| zunehmender Konzertdauer. Bei „Back Pocket“ animiert Stratton den Saal zu | |
| Kanon-und Chorgesang. Später wird „Christmas in L.A.“ mitgeschmettert. | |
| Was ist faszinierend an Vulfpeck? Zum einen merkt man, dass diese Jungs Pop | |
| inhaliert haben: Da spielen sie einen Bill-Withers-Schlagzeugbeat und | |
| fordern zum Chumbawamba-Mitsingen auf. Und wie beiläufig fallen | |
| Jimi-Hendrix-Verweise, während Giorgio Moroder ohnehin allgegenwärtig | |
| scheint. | |
| Zum Zweiten beeindruckt, man muss das so sagen, die Perfektion. Vulfpeck | |
| sind Könner, und es macht Spaß, Könnern zuzusehen und zuzuhören. | |
| Gleichzeitig brechen sie die Virtuosität durch humoreske Einlagen, das | |
| macht es besser erträglich. So gibt es eine schön alberne | |
| Stand-up-Comedy-Einlage von Jack Stratton, und selbst das Bass-Slapping Joe | |
| Darts wird nicht zum Gewichse, sondern scheint die Möglichkeiten des | |
| Instruments auszutesten. | |
| Für ein heiteres Intro des Abends hatte schon Joey Dosik gesorgt, den man | |
| später bei Vulfpeck noch mal am Saxofon wiedertraf. Seine | |
| Storytelling-Ballade „Game Winner“, die von einem Basketball-Match handelt, | |
| versuchte er aus Gründen der kulturellen Verständigung zu einem Fußballsong | |
| umzugestalten, wo er doch nun im Land des Rasensports sei. „Game Winner“ | |
| sollten dann am Ende aber sowieso alle sein, die an diesem Abend in der | |
| Astra-Arena aufgelaufen waren. | |
| 21 Sep 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Jens Uthoff | |
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