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# taz.de -- EU finanziert afrikanische Eingreiftruppe: Patrouille auf dem Dschi…
> Eine neue G5-Eingreiftruppe soll für Migrations- und Terrorabwehr sorgen.
> Stehen deutsche Grenzschützer bald in der Sahara?
Bild: In Niamey, Niger, wird gerade das G5-Hauptquartier errichtet
Berlin/Tunis taz | „Madame Ursula“, so das Protokoll des nigrischen
Präsidenten, hat am Montag mit Seiner Exzellenz Mahamadou Issoufou bei
einer „Audienz“ über „die gemeinsame Partnerschaft“ gesprochen. Laut
deutschen Nachrichtenagenturen erklärte Bundesverteidigungsministerin
Ursula von der Leyen am Montag, als sie mit ihrer französischen
Amtskollegin Florence Parly Niger besuchte: „Es ist das Nachhaltigste und
es hat die meiste Zukunft, wenn die Länder selbst in die Lage versetzt
werden, ihre Sicherheit und ihre Stabilität zu verteidigen und sich gegen
den Terror und die organisierte Kriminalität zu wehren.“
Von der Leyens Wahl des Futurs und der Passivform legt nahe, dass Niger das
gegenwärtig nicht kann und es auch nicht aus eigener Kraft schaffen wird.
Dabei ist Nigers Präsident ein Lieblingspartner Deutschlands und lobte auf
dem G20-Afrika-Partnerschaftsgipfel im Juni den „Merkel-Plan“ für Afrika.
Nigers Hauptstadt Niamey ist auch als Hauptquartier der zukünftigen
gemeinsamen Eingreiftruppe von fünf Sahel-Staaten (G5) vorgesehen. Die
Ministerinnen aus Berlin und Paris besuchten am Montag in Niamey die
Baustelle, die einmal das G5-Hauptquartier werden soll.
Obwohl es diese Eingreiftruppe bisher nur auf dem Papier gibt, richten
sich schon jetzt auf sie alle internationalen Sahel-Hoffnungen. Der
UN-Sicherheitsrat „begrüßte“ sie am 21. Juni in seiner Resolution 2359, d…
EU sagte ihr am 5. Juni 50 Millionen Euro zu, und Anfang Juli reiste
Frankreichs neuer Präsident Emmanuel Macron zu einem G5-Gipfel nach Mali.
Der Staatenbund G5, gegründet Ende 2014, besteht aus Burkina Faso, Mali,
Mauretanien, Niger und Tschad, lauter ehemalige französische Kolonien. Sie
arbeiten bereits militärisch mit Frankreich in der Anti-Terror-Mission
„Barkhane“ zusammen, die im Sommer 2014 Frankreichs Militärintervention
„Serval“ in Mali gegen die dortigen Islamisten ablöste und ihr
Hauptquartier im Tschad hat. Frankreich sucht nach einer Exitstrategie aus
diesem Sahelkrieg, vor allem seit Präsident Macron beschlossen hat, die
Auslandseinsätze seines Militärs in seinen Verteidigungshaushalt
einzustellen. Die entsprechenden Spannungen zwischen Macron und seinen
Generälen äußerten sich vor wenigen Wochen im Rücktritt des
Generalstabschefs Pierre de Villiers in Paris.
Die G5-Eingreiftruppe wurde im Februar in Mali beschlossen. Ihr Mandat
umfasst den Kampf gegen Terrorismus, Drogen- und Menschenschmuggel, die
Wiederherstellung staatlicher Autorität, die Rückkehr von Flüchtlingen, die
Ermöglichung humanitärer Hilfe und die Umsetzung entwicklungspolitischer
Maßnahmen in allen G5-Ländern – also so ziemlich alles. Wie die dafür
vorgesehenen 5.000 Mann das machen sollen, ist nicht klar, zumal es
jenseits der Geldzusage der EU keine Finanzierung gibt. Frankreich soll die
Truppe unterstützen, hat dafür aber kein Geld eingeplant, ebenso wenig der
UN-Sicherheitsrat. In manchen Erklärungen werden bereits die 5.000
G5-Truppen und die rund 5.000 Barkhane-Truppen zu einer 10.000 Mann starken
Eingreiftruppe zusammengeworfen, die die UN-Blauhelme in Mali ablösen
könnte.
## Die Toubou-Miliz zeigt sich wenig erfreut
In der Praxis gibt es Militärkooperation gegen Islamisten vor allem im
Länderdreieck zwischen Mali, Niger und Burkina Faso. Das hat allerdings
wenig mit den Prioritäten der EU zu tun, die sich vor allem auf die
Hoffnung stützen, den unkontrollierten Zustrom von Migranten zu stoppen.
Der EU-Ministerrat betonte am 19. Juni, bei den Zusagen für die G5-Truppe
ginge es darum, „den Terrorismus und die grenzüberschreitend organisierte
Kriminalität zu bekämpfen, vor allem Migrantenschmuggel und
Menschenhandel“.
Bisher wird das nicht kombiniert. So stehen französische Barkhane-Soldaten
in Madama, Nigers letzte Militärbasis vor der Grenze zu Libyen auf der
Hauptfluchtroute aus Westafrika Richtung Europa. Französische
Fremdenlegionäre errichteten dort 2015 in ein Camp für 1.000 Spezialkräfte,
die mit Helikoptern und Patrouillen den „Dschihad-Highway“ von Bengasi nach
Mali austrocknen sollen. Die französischen Soldaten in Madama beobachten
die Menschenhändler aus wenigen Metern Entfernung, lassen sie aber gewähren
– bisher. UN-Experten gehen inzwischen davon aus, dass sich auch
islamistische Kämpfer unter die vorbeifahrenden Migranten mischen.
Auf der libyschen Seite der Grenze ist der nächste Militärposten der in
Toummo, der von Milizionären des lokalen Toubou-Volkes kontrolliert wird.
Diese Milizen sehen sich im Abwehrkampf gegen radikale Islamisten, die nach
ihrer Vertreibung aus den libyschen Städten Sirte und Bengasi jetzt
Richtung Süden ziehen. Salafisten, finanziell aus Saudi-Arabien
unterstützt, versuchen, die Moscheen im Süden Libyens unter Kontrolle zu
bringen, sagen Toubou-Milizenführer in Toummo. Sie beklagen aber, dass sie
weder Kontakt zu den Franzosen noch zu Nigers Armee haben.
Diplomaten in Tunis sprechen offen darüber, dass in Toummo oder Agadez
schon bald EU-Polizisten stationiert werden könnten, um libysche und
nigrische Truppen zu unterstützen – auch deutsche Grenzbeamte oder
Bundeswehrsoldaten. „Wir haben als einzige 2011 im Fezzan gegen Gaddafi
gekämpft. Wenn nun Brüssel und Tripolis gegen unseren Willen Polizisten
oder Soldaten stationiert, sehen wir dies als Kriegserklärung an“, warnt
der Kommandeur der Toubou-Armee in Südlibyen, Sharfedin Barka.
2 Aug 2017
## AUTOREN
Dominic Johnson
Mirco Keilberth
## TAGS
Afrika
Migration
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