# taz.de -- Widerstand gegen Nazi-Mode: „Der Stadtteil rückt zusammen“ | |
> Seit März ist die bei Rechten beliebte Modemarke Thor Steinar mit einem | |
> Laden in Barmbek vertreten. Rachid Messaoudi organisiert dreimal die | |
> Woche Proteste. | |
Bild: Mehrmals die Woche: Barmbeker halten Mahnwache vor dem Thor-Steinar-Laden | |
taz: Herr Messaoudi, wenn der „Nordic Company“-Laden schließt, kaufen die | |
Rechten woanders oder online ein. Warum also überhaupt dagegen | |
protestieren? | |
Rachid Messaoudi: Man könnte behaupten, der Laden schadet niemandem. Das | |
ist aber falsch, denn er gehört zum Stadtbild. Und wenn Nazis sich in | |
Klamotten mit positiven Bezügen auf die Wehrmacht und | |
gewaltverherrlichenden Aussagen präsentieren, gehören die auch zum | |
Stadtbild. Wir wollen nicht, dass das passiert, und sich | |
Fremdenfeindlichkeit etabliert. Wir wehren uns dagegen. | |
Nachbarn, Bezirksamt und -verwaltung sind gegen den Thor-Steinar-Laden. Er | |
ist aber immer noch da. Kommt ein Gefühl der Ohnmächtigkeit auf? | |
Nein, rechtliche Schritte dauern eben. Die Eigentümergemeinschaft hat | |
mehrheitlich beschlossen, den Laden loszuwerden. Sie hat einen Anwalt | |
eingeschaltet, den wir, die Barmbeker Initiative gegen rechts, an unser | |
mobiles Beratungsteam verwiesen haben. Wir sind hochmotiviert, weil wir | |
wissen, dass unsere Arbeit Früchte trägt. | |
Wie viele Leute kommen zu den Mahnwachen? | |
Das ist unterschiedlich. Samstags können es über 40 Leute sein, dienstags | |
und donnerstags weniger. Manche kommen nur für eine halbe Stunde, aber die | |
meisten bleiben lange. | |
Wie werden die Proteste von den Barmbekern aufgenommen? | |
Das ist phänomenal, wir erleben sehr große Solidarität. Uns werden Getränke | |
und Süßigkeiten vorbeigebracht, Autofahrer geben ein Daumen hoch und hupen. | |
Die Barmbeker kommen mit uns ins Gespräch und bedanken sich für unser | |
Engagement. Der Stadtteil rückt eng zusammen. | |
Verschaffen Ihre Proteste dem Laden nicht mehr Aufmerksamkeit? | |
Wir nutzen die generierte Aufmerksamkeit für unsere Sache, die Aufklärung. | |
Im Stadtteil gibt es Menschen, die gar nicht bemerken, was da passiert. Wir | |
wollen die politisieren und haben klare Erfolge erzielt. Ob der Laden | |
Aufmerksamkeit von rechter Seite bekommt oder nicht, ist egal. | |
Haben Sie auch Unterstützer des Ladens getroffen? | |
Ja. Leute, die dort eingekauft haben, versuchten uns zu provozieren. Die | |
sind dann durch unsere Versammlung gegangen und haben uns verbal | |
angegriffen. | |
Im April wurde Ihre Initiative durch die AfD gestört. Was ist passiert? | |
Wir haben in unmittelbarer Nähe des Ladens Flyer verteilt. Wir bemerkten | |
einen AfD-Stand. Die haben zuerst das Gespräch mit uns gesucht und gesagt, | |
dass sie auch gegen Nazi-Klamotten in Barmbek sind. Aber dann versuchten | |
sie, uns vom Verteilen der Flyer abzuhalten. Nach ein paar Minuten wurden | |
sie aggressiver und meinten, dass wir faschistisch seien, weil wir | |
Klamotten verbieten wollen. Die ursprünglich bekundete Antipathie gegen | |
Nazi-Klamotten scheint doch nicht so ernst gewesen zu sein. | |
Warum wurde Ihr Vorgehen als faschistisch bezeichnet? | |
Deren Logik war: Wenn wir gegen einen Klamottenladen sind, schränken wir | |
die Meinungsfreiheit ein. Was genau auf den Anziehsachen steht, störte die | |
AfDler offenkundig nicht. | |
Wie ging die Situation aus? | |
Das endete damit, dass die AfDler sich uns in den Weg stellten und die | |
Polizei anriefen. Die erteilte uns einen Platzverweis, blieb aber neben dem | |
AfD-Stand stehen. Das fanden die nicht so toll und packten nach zehn | |
Minuten genervt ihre Sachen. Sehr viele Bürger haben sich währenddessen mit | |
uns solidarisiert und fanden das, was die AfDler gemacht haben, alles | |
andere als gut. | |
Sie protestieren seit März. Wie lange halten Sie noch durch? | |
Wir haben mit Leuten aus Glinde gesprochen, die dort fünfeinhalb Jahre | |
jeden Tag eine Mahnwache abhielten. Das hat uns sehr beeindruckt. Sollte es | |
so lange dauern, werden wir das auch so lange aufrecht erhalten. | |
6 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Philipp Steffens | |
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