| # taz.de -- Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein: Und jetzt 1.000 Euro für … | |
| > Kaum in Kiel an der Macht, träumen die Grünen davon, das bedingungslose | |
| > Grundeinkommen auszuprobieren. Der Koalitionsvertrag gäbe das her. | |
| Bild: Fotoaktion für ein bedingungsloses Grundeinkommen, Berlin, 2016 | |
| BERLIN taz | 1.000 Euro für jeden monatlich vom Staat – ohne Bedingungen, | |
| ohne arbeiten zu müssen. Das ist der leicht paradiesische Kern des | |
| bedingungslosen Grundeinkommens, eines alternativen Modells der sozialen | |
| Sicherung, das seit der Einführung von Hartz IV immer wieder diskutiert | |
| wird. Mit der jungen Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP in | |
| Schleswig-Holstein hat nun erstmals eine Landesregierung beschlossen, | |
| darüber zumindest nachzudenken. | |
| Die Spitzen der drei Parteien unterzeichneten ihren Koalitionsvertrag am | |
| Dienstag. Darin heißt es: „Wir werden ein Zukunftslabor ins Leben rufen, in | |
| dessen Rahmen die Umsetzbarkeit neuer Absicherungsmodelle, zum Beispiel ein | |
| Bürgergeld, ein Grundeinkommen oder die Weiterentwicklung der sozialen | |
| Sicherungssysteme, diskutiert werden sollen.“ Starken Anteil, dass dieser | |
| Satz drinsteht, hat Arfst Wagner, der Landesvorsitzende der Grünen. Er | |
| sagt: „Das Grundeinkommen steht für ein neues Politikmodell. Es führt | |
| heraus aus den alten Partei-Gräben.“ | |
| Ein Versuch zum Grundeinkommen mit 2.000 Arbeitslosen [1][läuft zurzeit in | |
| Finnland]. Für eine solche Sozialleistung neuen Typs sprachen sich in | |
| letzter Zeit Manager wie Josef Kaeser (Siemens), Thimotheus Höttges | |
| (Deutsche Telekom) und Elon Musk (Tesla) aus. | |
| Das Modell: Die meisten heutigen Transferzahlungen, etwa Hartz IV, Bafög | |
| oder Grundsicherung im Alter würden durch ein Grundeinkommen ersetzt, das | |
| alle Bürger unabhängig von ihrem eigenen Verdienst erhalten. Die Sanktionen | |
| im gegenwärtigen Sozialsystem fallen weg. Sinn der Sache: Alle sind auf | |
| einem vernünftigen Niveau abgesichert. Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche | |
| Umbrüche wie die Digitalisierung können ihnen weniger anhaben. | |
| Ein wesentlicher Nachteil sind jedoch die hohen Kosten, die in Deutschland | |
| bei 840 Milliarden Euro jährlich liegen, wenn Erwachsene 1.000 Euro | |
| monatlich und Kinder die Hälfte bekommen. Auch wenn die meisten der | |
| heutigen Sozialleistungen mit dem Grundeinkommen verschmolzen würden, | |
| müsste der Staat zusätzliche Mittel mobilisieren. | |
| ## Stadt Schleswig geeignet? | |
| Die Kieler Grünen gehen forsch an die Sache heran. „Ein Grundeinkommen | |
| wollen wir regierungsseitig entwickeln und in Schleswig-Holstein als | |
| Modellregion erproben“, erklärte Vizeministerpräsident Robert Habeck | |
| (Grüne) dem Flensburger Tageblatt. Landeschef Wagner ist noch schneller: | |
| „Einen Versuch mit dem bedingungslosen Grundeinkommen sollten wir | |
| beispielsweise in einer Stadt wie Schleswig durchführen. Alle 25.000 | |
| Einwohner würden daran teilnehmen.“ | |
| Bei der Formulierung im Koalitionsvertrag handelt es sich zunächst jedoch | |
| nur um eine Absichtserklärung, die auch andere Modelle beinhaltet – etwa | |
| das sogenannte Bürgergeld, für das sich die FDP starkmacht. Diese Variante | |
| beschlossen die Liberalen bei ihrem Parteitag 2005. Die Transferzahlung | |
| des Staates ist dabei deutlich geringer, wird teilweise mit den | |
| Arbeitseinkommen verrechnet und nicht bedingungslos gewährt. Für die FDP | |
| ist die Verschlankung der angeblich zu teuren Sozialbürokratie wichtig. | |
| Zurückhaltend gibt sich die Kieler CDU: Die Idee sei von Grünen und FDP | |
| gekommen. „Weder die Diskussion noch die Prüfung haben bislang begonnen. | |
| Deshalb ist es viel zu früh, bereits über einzelne konkrete Modelle zu | |
| spekulieren“, erklärte der kommende Ministerpräsident Daniel Günther. | |
| Viele Freunde hatte das bedingungslose Grundeinkommen bei den | |
| Christdemokraten bisher ohnehin nicht. Wenig Unterstützung fand etwa Dieter | |
| Althaus, der früher als CDU-Ministerpräsident von Thüringen dieses Vorhaben | |
| propagierte. „Es ist gut, dass die Diskussion vorangeht“, sagte Ronald | |
| Blaschke vom Netzwerk Grundeinkommen. „Wir müssen aber abwarten, was dabei | |
| herauskommt.“ | |
| 27 Jun 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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