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# taz.de -- BKA will WhatsApp ausspähen: Sie können es einfach nicht
> Die Innenminister wollen die Überwachung von Messengern erlauben. Das ist
> schon längst möglich – gelingt dem Bundeskriminalamt aber nicht.
Bild: Ruhig weiter tippen – das BKA dürfte zwar mitlesen, kann es aber nicht
Sie fühlten sich wie Helden. Am Mittwoch beschlossen die Innenminister von
Bund und Ländern, dass endlich auch [1][Messenger-Dienste wie WhatsApp
überwacht werden sollen] – damit es bei Chats keine „rechtsfreien Räume“
mehr gibt, wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte. De facto
war das aber nur eine Performance von Entschlossenheit.
In Zeiten fast wöchentlicher islamistischer Anschläge ist es ja durchaus
legitim, wenn die Sicherheitsbehörden in begründeten Fällen auf solche
Kommunikation zugreifen wollen. Immerhin bekommen die oft schnell
radikalisierten Attentäter immer wieder Anleitung und Anfeuerung von
IS-Hinterleuten aus Syrien oder dem Irak. Kommuniziert wird verschlüsselt,
zum Beispiel über WhatsApp.
Technisch geht es bei der Überwachung von Messengern um eine sogenannte
Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ). Sie zielt auf
verschlüsselte Kommunikation, die nicht wie üblich auf dem Übertragungsweg
überwacht werden kann. Deshalb muss die Polizei vor der Verschlüsselung
zugreifen – im Telefon oder im Computer, also an der Quelle. Die
Quellen-TKÜ mittels Spionagesoftware (Trojaner) soll zur Strafverfolgung
künftig immer dann möglich sein, wenn auch bisher Telefonate oder E-Mails
überwacht werden durften.
Das will der Bundestag noch im Juni beschließen. Eine entsprechende
Formulierungshilfe, die in ein laufendes Gesetzgebungsverfahren zur
Strafprozessordnung eingebracht werden soll, hat Justizminister Heiko Maas
(SPD) bereits vorgelegt.
## Auf dem Messenger-Auge blind
Insofern haben die Innenminister jetzt nur von der Tribüne aus Beifall
geklatscht – und den falschen Eindruck erweckt, dass damit die Terrorabwehr
verbessert wird. Das aber ist Quatsch. Denn zur Terrorabwehr hat das
Bundeskriminalamt schon seit 2009 die Befugnis zur Quellen-TKÜ.
Dass das BKA keine Terroristen-Messenger überwacht, liegt also nicht daran,
dass es das nicht darf. Das BKA kann es einfach nicht. Darüber sprachen die
Innenminister natürlich nicht so gern. Aber BKA-Vizepräsident Peter Henzler
hat es auf dem letzten Anwaltstag Ende Mai ganz deutlich gesagt: „Wenn es
um Messenger geht, sind wir blind und taub. Wir können sie nicht
überwachen.“
Die Innenminister loben also die rechtliche Einführung einer Maßnahme zur
Strafverfolgung, die das BKA trotz jahrelanger Erlaubnis noch nicht einmal
zur Terrorabwehr nutzen kann. Das beeindruckt nur Beobachter, die sich
ausschließlich für symbolische Politik interessieren.
Neben den speziellen Problemen mit Messenger-Diensten hat das BKA auch noch
keine Spähsoftware, die auf Mobiltelefonen funktioniert und die
Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zum Datenschutz erfüllt. Selbst
bei Telefonaten ist die Quellen-TKÜ bisher auf Skype-Gespräche beschränkt,
die mit Windows-betriebenen PCs und Laptops geführt werden.
## Behörden wollen illegal kaufen
Nicht zuletzt besteht das Problem, einen solchen Trojaner auf das
entsprechende Gerät aufzuspielen. Einbrüche in die Wohnung sind nicht
erlaubt. Möglich ist die Zusendung manipulierter E-Mail-Anhänge oder die
heimliche Manipulation des Geräts bei einer Fahrzeugkontrolle oder am Zoll.
Möglich wäre auch die Ausnutzung von Software-Schwachstellen
(Zero-Day-Exploits). Informationen darüber wollen Sicherheitsbehörden auf
illegalen Märkten kaufen und für Überwachungszwecke nutzen – statt die
Hersteller zu informieren und damit Nutzer vor Cyberkriminellen zu
schützen. So etwas sollte, unabhängig von den Nutzungsmöglichkeiten,
generell verboten werden.
15 Jun 2017
## LINKS
[1] /Konferenz-der-Innenminister/!5420832
## AUTOREN
Christian Rath
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