# taz.de -- Kolumne Geht's noch?: Die Abhörbefugnis | |
> Der Bundestag erlaubt die Überwachung von Kommunikation über | |
> Messenger-Dienste. Und alle wissen: Das ist ein fataler Fehler. | |
Bild: Seine Idee: Der Staat will die Überwachung ausweiten | |
Die Gegenargumente sind bekannt: Die Überwachung der kompletten | |
Kommunikation ist ein massiver Grundrechtseingriff, größer als der „Große | |
Lauschangriff“. Das Bundesverfassungsgericht hat für den Einsatz des | |
sogenannten Staatstrojaners sehr enge Grenzen gesetzt, der Beschluss des | |
Bundestages vom Donnerstagabend [1][überschreitet diese sehr | |
wahrscheinlich]. | |
Dazu kommt die prinzipiell unverantwortliche Vorgehensweise, | |
Sicherheitslücken in IT-Systemen nach ihrer Entdeckung nicht etwa zu | |
schließen, sondern für den Einsatz von Schadsoftware offen zu halten. Wer | |
glaubt, diese Sicherheitslücken könnten nur von den deutschen Diensten | |
genutzt werden und diese würden auch niemals auf die Idee kommen, anderes | |
als schwerste Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen, ist entweder | |
hoffnungslos naiv oder böswillig ignorant. | |
Wer außerdem glaubt, diese Lücken würden überhaupt nur von staatlichen | |
Stellen und nicht etwa von Kriminellen benutzt, unterschätzt deren | |
sprichwörtliche kriminelle Energie nicht weniger naiv. | |
Die Debatte um den Staatstrojaner ist selber ein Trojanisches Pferd zur | |
Aushebelung der Bürgerrechte, und alle wissen das. Da hat die | |
Koalitionsmehrheit im Bundestag sich also gedacht: Warum die ermüdende | |
Debatte immer wieder führen? Warum das Ganze nicht einfach ohne weitere | |
Expertenanhörungen und langwierige Aussprache zügig mitnehmen? | |
Zur Vermeidung des parlamentarischen Theaters wurde eine Änderung im | |
Strafgesetzbuch, in der es um Fahrverbote als Teil des Strafverfahrens | |
geht, wiederum als Trojanisches Pferd verwendet, in dessen Bauch über eine | |
„Formulierungshilfe“ der Bundesregierung die Abhörbefugnisse der | |
ermittelnden Behörden um eben den alltäglichen Einsatz des Staatstrojaners | |
ausgeweitet wurden. | |
Immerhin durften Lars Klingbeil und Saskia Esken, netzpolitische | |
SprecherInnen der SPD-Fraktion, die beiden Gegenstimmen aus der Koalition | |
abgeben. Damit wurden sie gewissermaßen selber zu einem Trojanischen Pferd, | |
das den Eindruck erwecken soll, es gäbe Platz für bürgerrechtliche | |
Verantwortung, netzpolitischen Sachverstand und so etwas wie | |
Prinzipientreue in seiner Partei – einer Partei, die bald wirklich | |
gemeinsam mit ihren WählerInnen in ein bis drei von Hand gezimmerte | |
Pferdeattrappen passen mag. Na hüh. | |
23 Jun 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://freiheitsrechte.org/staatstrojaner/ | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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