# taz.de -- Anspruch auf Familienzusammenführung: Bundesregierung hält Syrer … | |
> Ein Brief des griechischen an den deutschen Innenminister offenbart: | |
> Deutschland trickst und stiftet Griechenland zum Lügen an. | |
Bild: Essensausgabe im Flüchtlingscamp in Ritsona, Griechenland | |
Berlin taz | Die Bundesregierung hat Griechenland dazu gebracht, den | |
Familiennachzug von syrischen Flüchtlingen mit Absicht teils jahrelang zu | |
verzögern, obwohl diese einen Rechtsanspruch auf Zusammenführung mit ihren | |
Angehörigen in Deutschland haben. Das geht aus einem am Dienstag geleakten | |
Brief des griechischen Migrationsministers Ioannis Mouzalas an | |
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hervor. Eine Sprecherin de | |
Maizières hatte vor Kurzem bestritten, dass es eine solche Regelung mit | |
Griechenland gibt. | |
In dem handschriftlich an den „lieben Thomas“ adressierten Brief vom 4. Mai | |
vermeldet Mouzalas, dass die Familienzusammenführung nach Deutschland „wie | |
vereinbart verlangsamt wird“. Betroffen seien über 2.000 Antragsteller. | |
Diese müssten „teils Jahre darauf warten, nach Deutschland zu kommen“. | |
Mouzalas schreibt, dass Griechenland nicht die Verantwortung für die | |
Verzögerung trage, sondern diese auf eine Vereinbarung mit Deutschland | |
zurückgehe. Dieses wolle man so nicht öffentlich sagen, allerdings gebe es | |
„wachsende öffentliche Kritik“ der „verzweifelten Syrer“ an der langsa… | |
Bearbeitung der Anträge. | |
Mouzalas schlägt de Maizière daher eine gemeinsame Sprachregelung vor, die | |
man der Öffentlichkeit auftischen könnte: Darin ist wolkig von „einer Reihe | |
von Faktoren“ die Rede und davon, dass Deutschland und Griechenland | |
„gemeinsam daran arbeiten, die Familienzusammenführung mit stabiler | |
Geschwindigkeit durchzuführen“. | |
Kürzlich hatte die Linksfraktion schon über eine Deckelung des | |
Familiennachzugs von Syrern aus Griechenland auf 70 pro Monat ab dem 1. | |
April 2017 berichtet. Das Bundesinnenministerium widersprach dem am 19. | |
Mai: Eine zahlenmäßige Beschränkung „könne nicht bestätigt werden“, es… | |
„keine starre Obergrenze“. | |
In einer schriftlichen Antwort auf eine Anfrage der Linken verwies das | |
Ministerium auf „teilweise begrenzte Betreuungs- und | |
Unterbringungskapazitäten“. Daher sei die griechische Regierung vor | |
zukünftigen Charterflügen um eine „engere Abstimmung“ und „mögliche | |
Verfristungen“ gebeten worden. Anfragen der taz beantwortete das | |
Innenministerium am Mittwoch nicht. | |
## Rechtsanspruch auf Nachzug enger Familienangehöriger | |
Die Dublin-Verordnung der EU sieht vor, dass enge Familienangehörige einen | |
Rechtsanspruch haben, innerhalb der EU zusammengeführt zu werden. Dazu muss | |
beispielsweise Griechenland einen Übernahmeantrag an Deutschland stellen, | |
wenn hier Flüchtlinge ihr Asylverfahren durchführen oder durchgeführt | |
haben, ihre Angehörigen sich aber noch in Griechenland aufhalten. | |
Deutschland ist in einem solchen Fall verpflichtet, der Übernahme | |
zuzustimmen. Die Zusammenführung erfolgt laut EU-Recht dann, „sobald dies | |
praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs | |
Monaten“. Eine Deckelung auf 70 pro Monat wäre also wohl ebenso | |
EU-rechtswidrig wie jahrelange Wartezeiten. | |
Schon länger versucht die Bundesregierung den Familiennachzug von syrischen | |
Flüchtlingen einzugrenzen. Im März 2016 trat dazu eine Gesetzesreform in | |
Kraft. Sie schließt Familiennachzug für Flüchtlinge aus, denen vom | |
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nur sogenannter subsidiärer | |
Schutz gewährt wird. Sie können ihre Familien nicht nachholen. Die Regelung | |
ist bis März 2018 befristet. Die Union will die Beschränkung über das | |
Frühjahr 2018 hinaus verlängern, die SPD lehnt dies ab. | |
31 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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