# taz.de -- Nazi-Probleme bei der Bundeswehr: Welche Tradition? | |
> Das Verteidigungsministerium gestattet es Anhängern des | |
> NS-Propagandahelden Werner Mölders, sich auf einem Bundeswehrgelände zu | |
> treffen. | |
Bild: Der Lenkwaffenzerstörer „Mölders“ ist seit 2003 im Deutschen Marine… | |
Berlin taz | Souvenirs der Wehrmacht mussten aus den Stuben verschwinden, | |
Kasernen möchte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen umbenennen | |
lassen. Ausgerechnet die Gedenkveranstaltungen für einen Wehrmachtspiloten | |
aus der berüchtigten Legion Condor will ihr Ministerium aber weiterhin | |
dulden. | |
Seit 1981 befindet sich auf dem Gelände des Bundeswehrflugplatzes in | |
Neuburg an der Donau ein Gedenkstein zu Ehren des NS-Propagandahelden | |
Werner Mölders. Dessen Anhänger dürfen sich dort mit Zustimmung der | |
Bundeswehr regelmäßig treffen. | |
„Die Mölders-Vereinigung führt jährlich am 22. November anlässlich des | |
Todestages von Oberst Werner Mölders eine Versammlung am Gedenkstein auf | |
dem Militärflugplatz sowie alle zwei Jahre eine Mitgliederversammlung in | |
der Wilhelm-Frankl-Kaserne durch“, bestätigt das Verteidigungsministerium | |
in seiner Antwort auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko | |
(Linkspartei), die der taz vorliegt. | |
Der Wehrmachtsoffizier Mölders stieß im Jahr 1938 zur Legion Condor, die im | |
Spanischen Bürgerkrieg an Seiten des Franco-Regimes kämpfte. Im Zweiten | |
Weltkrieg war er als Jagdflieger unter anderem an den Angriffen auf England | |
und die Sowjetunion beteiligt. Das NS-Regime machte den hochdekorierten | |
Soldaten zu einer zentralen Figur seiner Kriegspropaganda. Ende 1941 kam | |
Mölders bei einem Absturz ums Leben. | |
Im Jahr 2004 kam ein Bundeswehr-Historiker in einem Gutachten zu dem Fazit, | |
dass Mölders „als Muster eines NS-konformen Soldaten“ dienen konnte. Zum | |
Nationalsozialismus zeigte er keine Distanz, vom deutschen Krieg in Europa | |
war er begeistert. In Folge des Gutachtens musste das in Neuburg | |
stationierte Jagdgeschwader „Mölders“ seinen Namen ändern. Den Gedenkstein | |
erklärte die Bundeswehr aber kurzerhand zum Teil ihrer „militärhistorischen | |
Sammlung“. Die Mölders-Vereinigung, deren Mitglieder vor allem ehemalige | |
Soldaten sind, durfte das Kasernengelände weiterhin nutzen. | |
## Sie feiern ja nicht, sie treffen sich nur | |
Gemäß der Antwort auf die Bundestagsanfrage plant das Ministerium nicht, | |
die Kooperation zu beenden. Es verweist stattdessen auf eine Erklärung aus | |
dem vergangenen Jahr, der zufolge sich die Mölders-Vereinigung zur | |
freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekenne. Bei ihren Treffen am | |
Gedenkstein handele es sich nicht um eine Feier für einen loyalen | |
Wehrmachtsoffizier. | |
Der Abgeordnete Hunko kritisierte die Stellungnahme. Das Gedenken sei „ein | |
weiteres Zeichen dafür, dass die Bundesregierung das Nazi-Problem in der | |
Bundeswehr nicht ernst genug nimmt“, sagte er der taz. „So zu tun, als sei | |
eine jährliche Versammlung am Mölders-Gedenkstein an dessen Todestag kein | |
ehrendes Gedenken, ist absurd.“ | |
Die Treffen der Mölders-Vereinigung sind nicht die einzigen umstrittenen | |
Gedenkfeiern für Wehrmachtssoldaten. Am vergangenen Freitag fand in Bad | |
Reichenhall die jährliche Kreta-Gedenkfeier statt. Der Kameradenkreis der | |
Gebirgstruppe erinnert dort an Gebirgsjäger, die im Mai 1941 bei der | |
Einnahme der griechischen Insel starben, wo die Wehrmacht im Anschluss | |
Massaker an Zivilisten verübte. Zumindest in den vergangenen Jahren | |
unterstützte die Bundeswehr die Feiern logistisch. | |
In Mittenwald findet am Mittwoch die sogenannte Brendtenfeier statt. Dort | |
erinnert der Kameradenkreis an die gefallenen Gebirgssoldaten beider | |
Weltkriege. Die Bundeswehr unterstützt auch diese Veranstaltung und | |
veranstaltet gleichzeitig einen Tag der offenen Tür in der Mittenwalder | |
Edelweiß-Kaserne. | |
22 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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