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# taz.de -- Nach der Abwahl der Küstenkoalition: Schleswig-Holstein segelt gen…
> In Kiel beginnen die Sondierungen über ein Regierungsbündnis.
> Schwarz-Grün-Gelb ist am wahrscheinlichsten. Kann das funktionieren?
Bild: Kann weg: SPD in Schleswig-Holstein
Hamburg taz | Nun wird es in Schleswig-Holstein so kommen, wie
FDP-Spitzenmann Wolfgang Kubicki schon vor einem halben Jahr vorhersagte.
Liberale und Grüne setzen sich zusammen und einigen sich über den dritten
Partner in der künftigen Regierungskoalition.
Die Grünen wollen das Gesprächsangebot annehmen, erklärte ihr Leitwolf
Robert Habeck am Montag nach der Wahl. Die wahrscheinlichste Lösung ist
eine Jamaika-Koalition unter Führung des CDU-Wahlsiegers Daniel Günther.
Denn ein Bündnis mit der abgewählten SPD von Noch-Ministerpräsident Torsten
Albig und Parteichef Ralf Stegner wäre der Öffentlichkeit nach dem
Wahlergebnis von Sonntag (siehe Kasten) nicht vermittelbar.
Der Weg nach Jamaika indes wird zwar arg beschwerlich werden, aber er kann
gelingen. Die größten Knackpunkte für das Zustandekommen liegen in der
Innen-, Flüchtlings-, Verkehrs-, Bildungs- und Umweltpolitik. In den
Themenbereichen Soziales, Finanzen, Wirtschaft, Wissenschaft, Energie und
Landwirtschaft sind keine unüberwindbaren Barrieren zu erwarten.
Bei Innerer Sicherheit und Umgang mit Flüchtlingen steht die CDU der harten
Hand allein gegen Grüne und FDP, gleiches gilt für alle Fragen von
Bürgerrechten und Justizpolitik. Mehr Polizisten einerseits dürften mit
mehr Geld und Angeboten für eine bessere Integration andererseits
aufgewogen werden; unvereinbar scheinen die Fronten lediglich beim Thema
Abschiebestopp nach Afghanistan. Da aber ist ein Formelkompromiss denkbar,
der die Verantwortung auf Bundestag und Bundesrat verlagert.
In der Verkehrspolitik werden die Grünen Zugeständnisse machen müssen. Den
Weiterbau der A20 samt Elbtunnel werden sie ebenso dulden müssen wie eine
positive Grundhaltung der Koalition zur Fehmarnbelt-Querung. In beiden
Fällen würde auch hier auf die Hoheit des Bundes verwiesen. Dafür würde der
Ausbau des Schienen- und Radverkehrs vorangetrieben und der Beitritt des
ganzen Landes zum Hamburger Verkehrsverbund intensiviert werden.
Die Schulpolitik ist nach dem Kursschwenk der CDU zurück zum neunjährigen
Abitur einerseits ein heißes Eisen. Die Lösung dürfte darin liegen, den Weg
zu G9 zu befördern, den Gymnasien aber weiterhin die letzte Entscheidung
über G8 oder G9 zu überlassen und den Bestand der Gemeinschaftsschulen
nicht anzutasten. Bei der Wissenschaft würde man sich wortreich darauf
verständigen, die Hochschulen zu stärken – was davon dann tatsächlich
umgesetzt würde, wäre ein Fall für das allgemeine Langzeitgedächtnis.
In der Umwelt-, Naturschutz- und Artenschutzpolitik müssten alle drei
Partner Kompromissbereitschaft aufbringen. Jedoch gibt es hier nicht mehr
so arg viel zu verhindern oder zu befördern, weil in den meisten Fällen
EU-Umweltgesetze beachtet werden müssen. So ist das Verbesserungsgebot bei
Eingriffen in Gewässer, das der Europäische Gerichtshof im Verfahren um die
Elbvertiefung präzisiert hat, eine nicht weg zu verhandelnde Leitlinie.
Das hat auch Auswirkungen auf die Landwirtschaftspolitik, in der die Grünen
die Agrarwende vorantreiben wollen. Nachdem jüngst selbst der Bauernverband
dazu seine Zustimmung signalisiert hat, und Günther das begrüßte, sind hier
mögliche Konflikte entschärft. Und über Fischfangquoten entscheidet eh die
EU. In der Sozial-, Arbeits- und Wirtschaftspolitik dürften Einigungen
leicht fallen, selbst die Energiepolitik ist kein prinzipielles Streitthema
mehr. Die Windkraft wird auf See weiter ausgebaut, an Land dagegen wohl
etwas zurückhaltender.
Ein Brocken hingegen ist die Finanzpolitik. Schuldenbremse und
ausgeglichene Haushalte wollen zwar alle drei Partner, aber wenn es um
Wohltaten für Kreise und Kommunen geht, wird vor allem die CDU sich
lautstark bemerkbar machen: Sie steht unter dem Druck ihrer Gemeinderäte
und Bürgermeister auf dem Land. Die HSH Nordbank indes, das größte aller
Haushaltsrisiken, entzieht sich den Koalitionsverhandlungen: Der
Verkaufsprozess läuft unter den Augen der EU, wer immer im kommenden
Frühjahr regiert, muss mit dem Ergebnis umgehen.
Jamaika also ist machbar. Nur falls die Verhandlungen doch scheitern
sollten, könnte die SPD wieder auf eine Ampel hoffen. Dafür aber müsste sie
zuallererst ein überzeugendes personelles Angebot machen: Und das heißt
weder Albig noch Stegner.
9 May 2017
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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