# taz.de -- Kieler Sondierungsgespräche: Die Schuld der anderen | |
> Kiels SPD diskutiert mit den Grünen die Ampel. Das eher symbolische | |
> Gespräch soll Fehler der SPD überdecken. Und die Grünen wollen es | |
> wenigstens versucht haben | |
Bild: Spielt den lieben Gott bei der Regierungsbildung: Wolfgang Kubicki, FDP-L… | |
Im Kieler Hotel Atlantic findet heute ein ziemlich überflüssiges Treffen | |
statt. Um 15 Uhr versammeln sich SPD und Grüne, um Sondierungsgespräche zu | |
führen. Allzu viel Zeit dürften die Parteispitzen für diesen Dialog nicht | |
einplanen: Man kennt sich aus fünf gemeinsamen Regierungsjahren schon | |
bestens. Die Grünen wissen, dass sie ihre Inhalte mit der SPD ganz | |
geschmeidig durchbekommen würden und umgekehrt gilt natürlich das Gleiche. | |
Aber, kleiner Haken: Beide bräuchten einen dritten Partner dazu. Der heißt | |
FDP und blockiert kräftig. | |
Warum das so ist, könnten SPD und Grüne heute ausgiebig besprechen und | |
hinterher der Öffentlichkeit eine einheitliche Fehleranalyse präsentieren. | |
Das aber scheint unwahrscheinlich. Beiden dürfte daran gelegen sein, die | |
Schuld woanders zu suchen. Das Grüne-Spitzenduo Monika Heinold/Robert | |
Habeck hat sich in der letzten Woche mit CDU und FDP ausgetauscht. | |
Ergebnis: Ein Jamaika-Bündnis ist grundsätzlich möglich. Die entscheidende | |
Frage lautet daher: Bekommen Habeck und Heinold auch prinzipiell und ganz | |
praktisch die Chance dazu? | |
Das entscheiden die Mitglieder morgen beim Landesparteitag in Neumünster. | |
„Die Chancen, dass unser Parteitag am Dienstag für die Aufnahme von | |
Koalitionsverhandlungen mit CDU und FDP stimmt, stehen aus meiner Sicht bei | |
50:50“, sagte Habeck. | |
Er und Heinold wollen natürlich verhandeln, sie wollen ja auch | |
Umweltminister und Finanzministerin bleiben. Was sie nicht wollen: Dass | |
kurz vor der Abstimmung der Eindruck entsteht, sie hätten nicht für eine | |
Ampel gekämpft und segelten widerstandslos nach Jamaika. | |
Das gäbe Ärger mit der Grünen Jugend (GJ), die erklärt hat, dass sie ein | |
„modernes, progressives und solidarisches Bündnis mit der CDU“ nicht für | |
möglich hält. Gründe hat sie auch aufgeführt: Schweinefleischpflicht, | |
Abschiebe-TV, Abwürgen des Windkraftausbaus, Instrumentalisierung der | |
Bildungspolitik aus wahltaktischen Gründen. All das findet die Jugend der | |
Grünen in höchstem Maße ungrün. | |
Auf der anderen Seite verfolgt die FDP in Person von Wolfgang Kubicki eine | |
harte Anti-Ampel-Linie und schließt ein sozialliberal-ökologisches Bündnis | |
inzwischen kategorisch aus. Demgegenüber agieren die Grünen defensiv. Die | |
Verantwortung, dass eine Ampel zustande kommt, delegieren sie an die SPD. | |
Die müsse als Wahlverlierer den Liberalen Angebote machen, forderten Habeck | |
und Heinold. Dass die FDP sich so stur gab und nicht mal eine | |
Sondierungsrunde für die Ampel abhalten mochte, nahmen sie unter Verweis | |
auf das fehlende SPD-Personalangebot fast kampflos hin. | |
Damit liegen die Grünen auch nicht ganz falsch: Die SPD präsentierte sich | |
unflexibel. Erst zog sich der Rücktritt von Torsten Albig viel zu lange hin | |
und mittlerweile passt der FDP auch Ralf Stegner nicht mehr. Kubicki nannte | |
ihn am Samstag „Erdoğan der SPD“ und „Westentaschen-Machiavelli“. Daf�… | |
er sich gestern entschuldigt – eine Zusammenarbeit mit der SPD bleibt aber | |
ausgeschlossen. | |
Dafür müsste Stegner schon Platz für einen kompletten Neubeginn machen. Nur | |
will er seinen Platz an der Spitze des Landesverbands nicht räumen – trotz | |
stärker werdender innerparteilicher Kritik. Die ehemalige | |
SPD-Landtagsabgeordnete Simone Lange sagte der taz: „Es muss alles getan | |
werden, um eine Ampel zu erreichen.“ Falls das nicht klappe, müsse | |
hinterfragt werden, warum das nicht funktioniert habe. „Es geht nicht, dass | |
man nur die anderen Parteien dafür verantwortlich macht“, findet Lange. | |
Just dies hat Stegner bislang versucht, indem er anmerkte, dass es erst um | |
Inhalte und nicht um Personen gehen müsse. Die am längeren Hebel sitzende | |
FDP hat das von Anfang an nicht so gesehen – zum Leidwesen Stegners. Ihm | |
wird man nach der Wahlpleite auch den verlorenem Koalitionspoker ankreiden. | |
Außer er zieht vorher die Konsequenz, sodass doch noch Sondierungsgespräche | |
zwischen Roten, Gelben und Grünen stattfinden könnten. | |
21 May 2017 | |
## AUTOREN | |
David Joram | |
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