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# taz.de -- Werbung an Schulen: Paradebeispiel für Lobbyismus
> Schwarz-Grün in Hessen verabschiedet ein Gesetz, um Werbung an Schulen
> einzuschränken. Kritiker bezeichnen das Gesetz als „Rohrkrepierer“.
Bild: Kultusminister R. Alexander Lorz (CDU) beugt sich dem Druck der Lobbyisten
Berlin taz | Das schwarz-grün regierte Hessen hat am Dienstag ein Gesetz
verabschiedet, das Werbung an Schulen einschränkt. Doch Aktivisten und
Lehrerverbände reagieren entsetzt. Für den Sprecher der
Bildungsgewerkschaft GEW, René Scheppler, ist das nun verabschiedete Gesetz
gar ein Paradebeispiel für Lobbyismus: „Ich hab noch nie einen deutlicheren
Fall gesehen.“
Eigentlich hatte die GEW große Hoffnungen auf den Gesetzesentwurf der
schwarz-grünen Regierung gesetzt. Im ursprünglichen Entwurf hieß es, dass
im Falle von Sponsoring „eine Beeinflussung sowie der Anschein einer
Einflussnahme auf Schule und Unterricht ausgeschlossen“ werden sollen.
In der jetzt verabschiedeten Version heißt es, die „Werbewirkung“ von
Sponsoring solle lediglich „begrenzt und überschaubar“ bleiben.
Werbewirksame Aktivitäten von Unternehmen an Schulen bleiben also
grundsätzlich erlaubt – solange der Nutzen für die Schulen größer sei als
der Schaden, so die Begründung im Gesetz.
Während die ebenfalls oppositionelle FDP die Hand für das Gesetz hob,
stimmten Linke und SPD dagegen. Christoph Degen, bildungspolitischer
Sprecher der SPD-Fraktion, kritisiert neben dem Inhalt auch die Eile, mit
der es verabschiedet wurde. Ab der Vorstellung der geänderten Fassung und
der abschließenden Lesung verging gerade mal eine Woche. Diese Vorgehen sei
„an Dreistigkeit schwer zu überbieten“.
## „Rolle rückwärts“
Auch Felix Kamella vom Verein LobbyControl ist enttäuscht über die „Rolle
rückwärts“. Sein Verein protestierte daher am Dienstag mit der Übergabe von
20.000 Unterschriften gegen die Änderungen.
CDU und Grüne hingegen loben ihr Schulgesetz, das unter anderem das
Werbeverbot von Verordnungs- auf Gesetzesebene hebt. „Werbung hat an
Schulen nichts zu suchen“, betont Mathias Wagner, bildungspolitischer
Sprecher der Grünen. Sponsoring sei hingegen weiterhin erwünscht. Gerade
berufliche Schulen hätten das verlangt.
Stefan Löwer, Sprecher des Kultusministeriums, sieht die Änderungen als
„sprachliche Klarstellung“. Er betont: „Bei jeder Art von Sponsoring ist
gewisse Werbung immanent vorhanden. Wer was anderes sagt, lügt sich in die
Tasche.“ Es zähle immer der Einzelfall – und den sollten auch künftig
SchulleiterInnen prüfen. Genau das kritisiert GEW-Sprecher Scheppler: „Das
macht Türen auf, die vorher gar nicht da gewesen sind.“
3 May 2017
## AUTOREN
Astrid Ehrenhauser
## TAGS
Schule
Sponsoring
Hessen
LobbyControl
Hessen
Gesetzgebung
Dieselskandal
Grüne
Werbung
Google
Werbung
Lobbyismus
Schule
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