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# taz.de -- Studie zu globalem Klimaschutz: Entwicklungshilfe für Konzerne
> Der „saubere Entwicklungsmechanismus“ sollte Klimaschutz in armen Ländern
> fördern. Profitiert haben davon nur die Firmen.
Bild: Der „saubere Entwicklungsmechanismus“ hat nicht so wirklich geholfen
Berlin taz | Ein zentrales Instrument des globalen Klimaschutzes, der
„saubere Entwicklungs-Mechanismus“ (CDM), ist nach einer Studie für die
EU-Kommission ein Fehlschlag. Nur zwei Prozent der weltweiten Projekte, mit
denen Unternehmen aus Industriestaaten Umweltschutz in Entwicklungsländern
finanzieren, „haben eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie zusätzliche
Emissionsreduzierung sicherstellen und nicht überschätzt werden“, lautet
das Fazit. „Es ist wahrscheinlich, dass die große Mehrheit der
registrierten Projekte und die dort erstellten Emissionszertifikate keine
realen, messbaren und zusätzlichen Emissionsreduzierungen bringen“, heißt
es weiter in dem in der vergangenen Woche veröffentlichten Gutachten, das
vom deutschen Öko-Institut erstellt wurde.
Damit gerät ein zentraler Pfeiler des Kioto-Protokolls zum Klimaschutz von
1997 in Misskredit. CDM sollte armen Ländern Zugang zu neuer Technik und
Finanzen etwa bei sauberen Energien oder effizienten Industrieanlagen
bringen. Die Idee: Wenn Firmen aus Industrieländern dort investieren,
können sie sich die erreichten CO2-Reduktionen als Zertifikate für den
europäischen Emissionshandel anrechnen lassen. Von dieser Möglichkeit, am
anderen Ende der Welt angeblich billig in den Klimaschutz zu investieren
und zu Hause weniger Anstrengungen zu unternehmen, machten viele
Unternehmen Gebrauch. Insgesamt gibt es inzwischen nach UN-Daten etwa 8500
CDM-Projekte, die für etwa 1,8 Milliarden Tonnen CO2 (zweimal der
Jahresausstoß Deutschlands) Zertifikate ausgegeben haben.
[1][Die aber sind nach dem Stand der Forschung nicht viel wert]. Denn
besonders Projekte bei erneuerbaren Energien (Windfarmen, Solaranlagen,
Wasserkraft, effiziente Lampen, Müllverbrennung) wären laut Gutachten auch
ohne CDM errichtet worden, weil die Preise für diese Techniken stark
gefallen sind. Sie machen aber mit über 5.200 Projekten den Löwenanteil der
CDM aus. Sinnvolle Investitionen wie bei der Reduzierung bestimmter
Industriegase oder von Methan-Emissionen sind dagegen weit in der
Minderheit. „Im Effekt haben viele CDM den beteiligten Firmen
wahrscheinlich mehr genutzt als dem Klima“, sagt Martin Cames vom
Öko-Institut, einer der Autoren. „Außerdem haben sie den Europäischen
Emissionshandel geschwächt, weil sie dessen Budget aufgebläht haben.“
Die Studie kritisiert auch, dass CDM „fundamentale Schwächen beim
allgemeinen Nutzen für die Umwelt haben“. Sie sollten nur weiter genutzt
werden, wenn sie zeitlich begrenzt und auf Nischen reduziert würden.
Insgesamt solle sich ein globales Finanzierungsmodell für den Klimaschutz
aber weniger auf CDM stützen als auf andere Formen wie Einkünfte aus
CO2-Abgaben.
Diese Empfehlungen bekommen Brisanz, weil die UN derzeit über ein neues
System der internationalen CO2-Lizenzen verhandelt. Im Pariser Abkommen zum
Klimaschutz wurde ein solcher Mechanismus beschlossen. Eine Verlängerung
des CDM-Systems könnte bedeuten, dass Länder mit schwachen Klimaplänen ihre
„heiße Luft“ in andere Staaten weitergeben. Und auch der internationale
Luft- und Seeverkehr plant ein System von CO2-Zertifikaten, das sich am CDM
ein schlechtes Beispiel nehmen könnte.
24 Apr 2017
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## AUTOREN
Bernhard Pötter
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