# taz.de -- Zertifikate für CO2-Ausstoß gefälscht: Emissionshandel pervers | |
> Skandal beim globalen Handel mit Emissionen: Russland und Ukraine | |
> verkauften jahrelang falsche Zertifikate. Die UNO fordert internationale | |
> Kontrollen. | |
Bild: Durch die gefälschten Zertifikate soll sich der CO2-Ausstoß signifikant… | |
Berlin taz | Drei Monate vor dem entscheidenden Klimagipfel in Paris ist | |
eines der wichtigsten Elemente eines globalen Abkommens durch einen Skandal | |
ins Zwielicht geraten. „Joint Implementation“ (JI), eine Spielart des | |
weltweiten Handels mit Zertifikaten für den Ausstoß von Treibhausgasen, hat | |
jahrelang das Klima nicht geschützt, sondern durch zusätzliche Emissionen | |
belastet. | |
Das hat eine Studie des Stockholmer Umweltinstituts SEI festgestellt, die | |
von der UN bestätigt wurde. Demnach war ein Großteil der Projekte jahrelang | |
„fragwürdig oder von geringem ökologischen Wert“. Insgesamt seien die | |
Emissionen durch den Gebrauch von JI „möglicherweise um etwa 600 Millionen | |
Tonnen höher gewesen“ als ohne die Maßnahme, urteilt die Studie. Zum | |
Vergleich: Deutschlands jährliche Emissionen liegen bei etwa 910 Millionen | |
Tonnen. | |
„Joint Implementation“ ist ähnlich wie der „Clean Development Mechanism�… | |
(CDM) eine Möglichkeit im Kioto-Protokoll, um Rechte für CO2-Emissionen | |
global zu handeln. Bis März 2015 wurden so unter JI zwischen den | |
Industriestaaten insgesamt 872 Millionen Tonnen an CO2 verkauft – die | |
meisten von Russland und der Ukraine. | |
Bei diesen Deals wurde massiv und unter Beihilfe von Behörden, Experten und | |
Staaten betrogen, wie der Bericht darlegt: So wurden Zertifikate | |
ausgegeben, wo kein Klimaschutz stattfand oder wo Maßnahmen ohnehin geplant | |
wurden. Angeblich, um die spontane Entzündung von Kohlehalden zu | |
verhindern, beim Transport von Erdgas oder besserer Energieeffizienz. Dafür | |
gelten Regeln, die die Staaten selbst und ohne Aufsicht der UN festlegten. | |
Darauf weist auch Julia Justo Soto hin, Vorsitzende des UN-Komitees zur | |
Kontrolle der JI-Projekte. „Das unterstreicht die Bedeutung unserer | |
Empfehlungen, die wir schon seit 2011 geben: Es muss eine einheitliche | |
Regelung unter internationaler Kontrolle geben.“ | |
Unter den Klimaverhandlern ist der Skandal um die „heiße Luft“ aus Russland | |
und der Ukraine schon lange ein Thema. 80 Prozent der JI-Projekte aus | |
diesen Ländern gelten als zweifelhaft. Allerdings kratzt der Skandal auch | |
am Emissionshandel der EU: Weil die fragwürdigen Zertifkate aus dem Osten | |
hier eingesetzt wurden, „könnte JI den EU-Emissionshandel um 400 Millionen | |
Tonnen CO2 unterminiert haben“, heißt es. | |
Und auch beim CDM gab es immer wieder ähnliche Probleme mit Betrug und | |
Doppelzählungen. Dabei gelten diese „Marktmechanismen“ als ein wichtiger | |
Baustein für internationalen Klimaschutz: Neben der EU haben inzwischen | |
auch einige US-Staaten und China mit dem Emissionshandel begonnen. | |
25 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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