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# taz.de -- Senat gegen Antrag von FDP und Linken: Museen kosten weiter Eintritt
> FDP und Linke fordern Museumszugang für lau. Der Senat lehnt ab, weil das
> nicht zusätzliche Besucher bringe. Das bezweifeln auch Direktoren und
> Besucherforscher
Bild: Nichts wie rein: Kunsthallen-Besucherinnen und laufender Affe von Jörg I…
Kaum ist der Eintritt frei, rennen die Besucher den Museen die Bude ein. So
jedenfalls lässt sich der Ansturm auf die Hamburger Kunsthalle im April und
Mai 2016 lesen. Da war das Haus nach Renovierung zwei Monate lang kostenlos
geöffnet und zog 200.000 Besucher an – zwei Drittel des Jahresdurchschnitts
von rund 300.000. Auffallend viele Nicht-Museumsbesucher seien da gekommen,
ergaben Befragungen. In der Tat glich die Kunsthalle damals einem Bahnhof,
einer vom Volk erstürmten Festung.
Dasselbe Bild zeigte sich in Großbritannien, dessen staatliche Museen
massiv Besucher generierten, seit der Staat im Jahr 2000 den freien
Museumseintritt durch eine Mehrwertsteuer-Regelung kompensierte. Seither
belagern Kurz- und Spontanbesucher die Häuser.
Warum also nicht Selbiges für Hamburg fordern? FDP und Linke haben es
vorige Woche in seltener Eintracht getan. Und auch wenn der Senat den
Antrag auf freien Museumseintritt ablehnte, lohnt er eine Reflexion.
Eins zu eins übertragen möchte etwa die FDP die britische Methode, die
Einnahmeausfälle zu kompensieren. In Großbritannien, sagt Börries von Notz,
Geschäftsführer der Stiftung Historische Museen Hamburg, werde man ständig
auf Spendenboxen, Gastronomie, Museumsshops hingewiesen: „Das ist
durchkommerzialisiert.“ Man müsse gut überlegen, ob man das wolle. Zudem
seien in dort nur die Sammlungen frei zugänglich; die Sonderausstellungen
kosteten deutlich mehr als hierzulande.
Letzteres kommt im FDP-Antrag nicht vor, wohl aber Spendenboxen und
vermehrte Saalvermietungen – auch das eine Kommerzialisierung und
Zweckentfremdung des musealen Raums. Die FDP schlägt auch vor, Menschen
übers Café ins Museum zu locken – konterkariert diese Idee aber, indem sie
die Gastronomie auch außerhalb der Öffnungszeiten zugänglich machen will.
Das ist aber – die Linksfraktion formuliert es deutlicher – der explizite
Wunsch: Menschen mit niedrigem Einkommen, aus bildungsfernen und
migrantischen Milieus ins Museum zu bringen. Deren Haupthemmnis sei der
hohe Eintrittspreis, sagt der kulturpolitische Sprecher der Linken, Norbert
Hackbusch, und wirft SPD und Grünen „Hasenfüßigkeit“ vor, weil sei die
Anträge gleich abwiegelten, weil sie nicht glaubten, dass freier Eintritt
Besucher bringe. Zudem – und das bestätigen Hamburgs Museumschefs – sei das
nur bezahlbar, sofern der Staat die Einnahmeausfälle kompensiere.
„Regelmäßig, vor allem in Wahlkampfzeiten, kommen Politiker mit
Vorschlägen, Museen frei von Eintritt zu machen“, sagt auch Franz Wilhelm
Kaiser, Chef des Bucerius Kunst Forums, der lange in Frankreich und den
Niederlanden tätig war. Meist würden die Politiker „schnell wieder still,
wenn man ihnen vorrechnet, was das kostet“. Auch könne man das Wunschdenken
der Politiker relativieren, „wenn man die Zugangspreise gut besuchter
Vergnügungsparks wie Disneyland neben die von Museen legt“.
Auch Börries von Notz erwartet bei freiem Eintritt maximal zehn bis 15
Prozent mehr Besucher – für die man im übrigen stark in die Infrastruktur
investieren müsse. „Wenn man viele, vor allem kurzfristige Besucher will,
wenn das ein öffentlicher Ort werden soll, muss man die Infrastruktur
investieren: Eingangsbereiche umbauen, Toilettenanlagen, Tische und Stühle
zum Speisen, Müllentsorgung einrichten.“ Zudem genüge die Abschaffung des
Eintritts nicht: „Das muss einhergehen mit einer Modernisierung, die das
Haus nachhaltig attraktiv macht.“
Attraktiv – und das für verschiedene Gruppen: Da hinkt Deutschland
hinterher. „Diversität, ethnische, wirtschaftliche, soziale und
Bildungsvielfalt sind in Deutschlands Kunstmuseen eine noch unbewältigte
Herausforderung“, sagt Christoph Grunenberg, Chef der Bremer Kunsthalle.
„Man kann nicht sagen, das sei ein Haus für alle, und dann nur Kunst
bestimmter Regionen, Geschlechter oder Schichten zeigen.“
Doch selbst bei freiem Eintritt und guter Vermittlungsarbeit ist unklar, ob
mehr Besucher kämen. „In den meisten Befragungen ist das fehlende Interesse
für Museen der Hinderungsgrund, unabhängig vom Eintrittspreis“, sagt
Besucherforscherin Nora Wegner. Zudem schätzten vor allem Personen, die
nicht ins Museen gingen, den Eintritt oft höher ein, als er sei.
17 Apr 2017
## AUTOREN
Petra Schellen
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