# taz.de -- Hinrichtungen weltweit: Wenn der Staat zum Mörder wird | |
> Laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International | |
> wurden 2016 weniger Menschen hingerichtet als im Rekordjahr 2015. | |
Bild: Juan Jose Herreras Vater Enrique wurde vor kurzem in China wegen Drogensc… | |
Die gute Nachricht zuerst: 2016 wurden weniger Menschen von Staaten | |
hingerichtet als im Jahr zuvor. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty | |
International (AI) hat in ihrem heute veröffentlichten Jahresbericht 1.031 | |
Hinrichtungen weltweit und damit etwa ein Drittel weniger als im Vorjahr | |
gezählt. | |
Gleichzeitig – und das ist die schlechte Nachricht – stieg die Zahl der | |
Todesurteile laut Jahresstatistik der Menschenrechtsorganisation um mehr | |
als die Hälfte auf 3.117. Zudem war 2015 ein Rekordjahr, in dem die Zahl | |
der Hinrichtungen um mehr als 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen | |
war. Mit 1.634 Exekutionen war es das Jahr mit den meisten Hinrichtungen | |
seit 25 Jahren. | |
Davon abgesehen gibt es Blackboxes wie China, Vietnam, Südsudan und | |
Nordkorea, über deren Zahl der Hinrichtungen die Organisation nur | |
Schätzungen anstellen kann. Laut AI wurden etwa in China 2016 mindestens | |
1.000 Menschen exekutiert worden. | |
Obwohl die Führung des kommunistischen Landes die Todesstrafe als | |
Staatsgeheimnis behandelt, gibt es eine Menge recherchierbare | |
Informationen, so AI-Pressesprecher Alexander Bojcevic gegenüber der taz: | |
„Wir beziehen unsere Informationen aus verschiedenen Quellen. Dazu gehört | |
ein emeritierter Professor in China, der sehr nah am Geschehen dran ist und | |
in einem Artikel damit zitiert wurde, dass die Zahl der Todesstrafen von | |
einer fünf- auf eine vierstellige Zahl gesunken ist.“ | |
Dazu greife man auf Angaben einer Stiftung zurück und werte regelmäßig | |
chinesische Medien aus. „Unsere Schätzungen sind immer sehr konservativ. | |
Wir müssen davon ausgehen, dass weit mehr als tausend Menschen in China | |
2016 hingerichtet wurden.“ | |
87 Prozent der gezählten Exekutionen fanden im Iran (567), in Saudi-Arabien | |
(154), im Irak (88) und in Pakistan (87) statt. Zum ersten Mal seit 2006 | |
sind die USA nicht unter den fünf Staaten mit den meisten Hinrichtungen. | |
Die Zahl der Exekutionen in den Vereinigten Staaten sank um 29 Prozent auf | |
20 und damit auf den niedrigsten Stand seit 1991. | |
Amnesty International führt die Entwicklung auf Probleme bei der | |
Beschaffung von Chemikalien für Hinrichtungen durch die Giftspritze | |
zurück. „Die Lieferungen großer Firmen wurden eingestellt oder es wurde | |
häufig nur unter der Bedingung geliefert, dass das Gift nicht zur | |
Hinrichtung benutzt wird“, erklärt AI-Pressesprecher Bojcevic. | |
Allerdings ist auch die Zahl der Todesurteile in den USA drastisch | |
gesunken. 2016 waren es nur noch 30 in 13 Bundesstaaten – so wenige wie | |
seit 1977 nicht mehr. Mitte der 1990er Jahre waren es noch mehr als 300. | |
„Das liegt auch daran, dass die Gegner der Todesstrafe in den USA immer | |
mehr werden“, so Bojcevic. | |
Der Anstieg bei den Todesurteilen weltweit ist auf einzelne afrikanische | |
Länder zurückzuführen. In Nigeria verdreifachte sich die Zahl der Urteile, | |
aber auch in Kamerun, Sambia und Somalia registrierte Amnesty einen | |
Anstieg. | |
Mit dem Südseestaat Nauru und dem afrikanischen Benin schafften 2016 zwei | |
weitere Länder die Todesstrafe ab. Damit stieg die Zahl der Länder ohne | |
Todesstrafe auf 141 – also mehr als zwei Drittel aller Länder. Gleichzeitig | |
sank die Zahl der Länder, in denen Todesurteile gesprochen, wurden von 61 | |
auf 55. | |
11 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Sunny Riedel | |
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