# taz.de -- Kommentar „Arisierungs“-Mahnmal: Geschichte vom Hals halten | |
> Das „Arisierungs“-Mahnmal soll nicht am historisch richtigen Ort stehen. | |
> Die fragwürdige Botschaft ist klar: Bitte Kühne+Nagel nicht zu sehr | |
> ärgern. | |
Bild: Schnell weg vor der Verantwortung: Bei Jubiläums-Feier sagte Kühne+Nage… | |
Das kann man Fortschritt nennen: Vor zwei Jahren applaudierte das | |
offizielle Bremen der Jubiläumsshow eines Weltkonzerns, der seine | |
NS-Profite offensiv leugnete. Mittlerweile fordern alle | |
Bürgerschaftsfraktionen einen Erinnerungsort, der Bremens spezifischer | |
Rolle bei den umfangreichen „Arisierungs“-Geschäften gerecht wird: der | |
Logistik der „Verwertung“. Das ist sogar beim Focus angekommen: Kühne+Nagel | |
seien [1][„die Packesel des Führers“] gewesen, formuliert das Magazin. | |
Richtig ist, dass neben Kühne+Nagel auch andere in Bremen mit den Hufen | |
scharrten, als Profit mit dem Besitz der Deportierten winkte. Aber niemand | |
war dabei so effizient wie der heute weltweit drittgrößte Logistik-Konzern, | |
der seine Internationalisierung vehement auf den Spuren der Wehrmacht | |
vorantrieb. Verglichen mit diesen Dimensionen blieben die anderen Bremer | |
Speditionen kleine Krauter. Obwohl sie – wie wiederum auch Kühne+Nagel – | |
von der jüdischen Auswanderung profitierten. | |
Vor drei Wochen sollte das Mahnmal an die Grenzstraße. Nun favorisiert das | |
Kulturressort einen Ort auf Höhe der Jugendherberge – das ist immer noch | |
nicht Innenstadt, aber immerhin ein sichtbarer Ort. Doch nach wie vor folgt | |
die Stadt der Linie, dem Konzern die räumliche Nähe zu einem Erinnerungsort | |
zu „ersparen“. | |
Dabei hat die Bürgerschaft bereits beschlossen, dass für das Mahnmal | |
„insbesondere auch ein Standort im Umfeld des Neubaus der Firma Kühne+Nagel | |
einzubeziehen“ sei. Nur die FDP war dagegen, die CDU enthielt sich. Nun | |
könnte man semantisch deuteln, ob ein Kilometer weserabwärts und zwei | |
Brücken weiter noch als „Umfeld“ gelten. | |
## Die Profiteure sind 12 Gehminuten entfernt | |
Politisch hingegen ist die Botschaft klar: Bitte Kühne+Nagel nicht zu sehr | |
ärgern. Doch die Vermeidung des historischen Ortes bedeutet nicht nur | |
Konflikt-, sondern auch Verantwortungsvermeidung: Die jungen Leute bei | |
Jugendherberge sollen sich mit Geschichte befassen – die größten Profiteure | |
dürfen sie sich hingegen, als sichtbare Erinnerung, vom Hals halten. | |
Konkret: 12 Gehminuten. | |
Die Begründung für eine Verortung im Stephaniquartier ist fragwürdig. Sie | |
lautet: Dort waren schon damals Speditionen ansässig. Warum wäre es okay, | |
die Kleineren zu adressieren, wenn man genau das bei dem Großen als falsch | |
bezeichnet? | |
Sehr anerkennenswert ist hingegen, was das Kulturressort anscheinend in | |
Sachen Aufarbeitungsbereitschaft bei Bremer Unternehmen geschafft hat. Denn | |
dass diese Gespräche alles andere als einfach waren, kann man sich | |
vorstellen. Bei seinem Jubiläum hatte Kühne+Nagel noch erklärt, seiner | |
Rolle in der NS-Zeit mangele es „an Relevanz“. Diese Relevanz muss nun auch | |
die Stadt realisieren. | |
9 Mar 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.focus.de/finanzen/news/sie-holten-das-hab-und-gut-von-deportatio… | |
## AUTOREN | |
Henning Bleyl | |
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