| # taz.de -- Jüdische Gemeinde zum Mahnmal-Streit: Kühnes Verantwortungslosigk… | |
| > Für Bremens Jüdische Gemeinde hat der Standort-Kompromiss einen faden | |
| > Nachgeschmack, doch anders als Kühne+Nagel übernimmt die Stadt | |
| > Verantwortung. | |
| Bild: An einen Ort, der „Kuhnagel“ nicht weh tut? Der siegreiche Mahnmal-En… | |
| Die Spedition Kühne+Nagel erwarb in der Nazizeit mindestens zwei Flecken | |
| auf der Weste. Zum einen war es die „freundliche“ Übernahme der | |
| Geschäftsanteile von Adolf Maas, welcher später in Auschwitz umkam. Zum | |
| anderen die wesentliche Beteiligung am Großraub jüdischer Besitztümer in | |
| europäischem Ausmaß. | |
| Beides zusammen sind Grundsteine des heutigen Erfolgs und Reichtums für die | |
| Firma, für Klaus-Michael Kühne persönlich und seine Stiftung. Beides fehlt | |
| im Selbstbild des Unternehmens, auf der Homepage findet sich kein Wort | |
| dazu. Man kann sich vorstellen, wie die Abschirmung läuft – eine | |
| mimosenhafte Schweigsamkeit nach dem Motto: „Was wollt ihr von mir? Ich | |
| habe nichts damit zu tun, ich unterstütze Oper und Konzert, ich will meine | |
| Ruhe.“ | |
| ## Verantwortung für die eigene Firmengeschichte | |
| Kritiker wollen erzwingen, was von allein nicht kommt, nämlich die | |
| Übernahme von Verantwortung für die Geschichte des eigenen Familienbetriebs | |
| – das heißt zumindest: für deren unverfälschte Darstellung. Die Initiatoren | |
| dieses Prozesses lassen nicht locker, es wird recherchiert, in die | |
| Bremische Bürgerschaft hineingetragen, ein Wettbewerb künstlerischer Ideen | |
| organisiert und mit der Jüdischen Gemeinde gemeinsam durchgeführt. | |
| Deutschlandweit spenden viele Hundert Unterstützer für das Projekt. Ein | |
| Mahnmal soll installiert werden, auch gegen den ausdrücklichen Willen des | |
| weltweit drittgrößten Logistik-Konzerns. | |
| Es folgen Stellvertreterkämpfe. Koalitionspartner in der Landesregierung | |
| streiten: Die Grünen unterstützen das Projekt, die Sozialdemokraten suchen | |
| lieber Rat bei der Handelskammer. Dort entsteht ein anderes Vorhaben. Es | |
| gehöre sich nicht, eine Firma anzuprangern, denn alle Bremer seien am | |
| Verbrechen beteiligt gewesen. So müsse man gemeinsam mit dem Vorstand von | |
| Kühne+Nagel die Forschung und Bildung finanzieren, um die Erinnerungsarbeit | |
| voranzubringen. Das Mahnmal soll an der Schlachte platziert werden, dort, | |
| wo es „Kuhnagel“, wie die älteren Bremer die Firma nennen, nicht stören | |
| würde. Auf diese Weise meint man ein Vorbild für die Jugend und die nächste | |
| Generation zu sein. Ein Kompromiss, aber mit einem faden Nachgeschmack. | |
| Ein stellvertretendes Vorbild gibt es nicht wirklich – nach dem Motto: | |
| „Vier tragen einen Sack, einer die Verantwortung.“ Wenn Klaus-Michael Kühne | |
| und seine Bremer Belegschaft sich weiter aus der Verantwortung heraushalten | |
| dürfen, dann aber auch aus der Vorbildrolle. Dass die Handelskammer nach | |
| einem vernünftigen Kompromiss sucht, ist übrigens in diesem Vakuum | |
| lobenswert. | |
| ## Positive Beispiele liefern Behörden | |
| Es gibt allerdings positiv anmutende Beispiele verantwortungsvollen | |
| Handelns. Der Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hat die polizeiliche | |
| Verwicklung in das Naziverbrechen recherchieren lassen, das Resultat kann | |
| man als Ausstellung im Polizeipräsidium alltäglich sehen. Die Mitarbeiter | |
| sind darauf stolz. Die Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) ließ die | |
| vergleichbare Geschichte der Beamtenschaft untersuchen. Die Ausstellung war | |
| selbstverständlich im Haus des Reichs selbst platziert – und nicht 400 | |
| Meter entfernt. | |
| Wir bedauern jegliche Verweigerung des Dialogs und freuen uns über jede | |
| Bereitschaft zum Dialog. Zum hanseatischen Selbstverständnis gehören auch | |
| Tugenden. Eine davon ist soziale Verantwortung. Für das Gemeinwohl Bremens | |
| – in hanseatischer Tradition. | |
| 3 Apr 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Grigori Pantijelew | |
| Elvira Noa | |
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