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# taz.de -- Urteil zu Snowden-Vernehmung: BGH entmachtet Opposition
> Die links-grüne Minderheit im NSA-Ausschuss darf beim Bundesgerichtshof
> nicht klagen. Denn sie vertritt kein Viertel des Bundestags.
Bild: Wird auch künftig nicht in den NSA-Ausschuss eingeladen: Edward Snowden
Freiburg taz | Der Bundesgerichtshof hat Anträge von Linkspartei und
Grünen, den NSA-Whistleblower Edward Snowden nach Deutschland zu laden, als
unzulässig abgelehnt. Die Minderheit im NSA-Untersuchungsausschuss habe gar
kein Klagerecht.
Der Bundestag hat den Ausschuss im März 2014 eingesetzt, um die Überwachung
durch den US-Geheimdienst NSA in Deutschland zu untersuchen. Seitdem
fordern Linke und Grüne, dass Snowden vor dem Ausschuss aussagen soll. Im
Mai 2014 beschloss der Ausschuss zwar, Snowden als Zeugen zu hören. Die
Ausschussmehrheit aus SPD und Union will allerdings nach Moskau reisen, wo
Snowden seit 2013 lebt, um ihn dort zu sprechen. Die Koalition und die
Bundesregierung wollen eine Einladung nach Deutschland vermeiden, weil das
Ärger mit den USA bringen würde. Snowden lehnt ein Gespräch in Russland
aber als zu unsicher ab, er will nur in Deutschland aussagen.
Deshalb haben Linke und Grüne mehrfach beantragt, Snowden mit freiem Geleit
nach Deutschland einzuladen. Die Koalitionsmehrheit hat dies jedoch immer
abgelehnt; eine Minderheit im Untersuchungsausschuss könne zwar bei der
Auswahl der Zeugen mitreden, dagegen sei die Bestimmung des Orts einer
Aussage vom Minderheitenrecht aber nicht mehr gedeckt. Dagegen klagten die
beiden Ausschussmitglieder Martina Renner (Linkspartei) und Konstantin von
Notz (Grüne) beim Bundesgerichtshof.
Im November hatten sie auch Erfolg. Die BGH-Ermittlungsrichterin Renate
Wimmer entschied, dass die Mehrheit dem Oppositionsantrag zustimmen müsse,
weil eine Vernehmung von Snowden sonst gar nicht möglich wäre. Die
Koalitionsmehrheit im Ausschuss wollte das aber nicht akzeptieren und legte
Rechtsmittel ein.
## Nur 20 Prozent im Bundestag
Am Mittwoch veröffentlichte der 3. BGH-Strafsenat seinen unerwarteten
Beschluss. Die beiden Abgeordneten dürften gar nicht klagen, der BGH müsse
sich mit der Klage deshalb inhaltlich nicht befassen. Überraschend kommt
dieser Beschluss, weil im Gesetz über parlamentarische
Untersuchungsausschüsse (PUAG) steht, dass „ein Viertel“ der Mitglieder des
Untersuchungsausschusses beim BGH klagen kann. Der Ausschuss hat acht
Mitglieder, also sind Renner und Notz zusammen ein Viertel.
Der BGH ignoriert den klaren Wortlaut des Gesetzes und interpretiert es im
Lichte des Grundgesetzes, wo Minderheitenrechte einem Viertel der
Abgeordneten garantiert sind. Im Bundestag haben Linkspartei und Grüne nur
20 Prozent der Stimmen.
Dass sie im NSA-Ausschuss trotzdem ein Viertel der Sitze erhielten, beruht
auf einem Kompromiss zu Beginn der Wahlperiode, den der BGH ignorierte,
weil er nur in der Geschäftsordnung des Bundestags abgesichert ist.
Damit hat die Minderheit im NSA-Ausschuss faktisch keine Rechte mehr,
jedenfalls kann sie diese nicht einklagen. Von Notz und Renner kritisierten
das als „untragbaren Zustand“. (Az.: 3 ARs 20/16)
15 Mar 2017
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
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Edward Snowden
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