| # taz.de -- Firma zieht's zum Markt: Wohin der Wind auch weht | |
| > Windanlagenbauer Senvion streicht 780 Arbeitsplätze und schließt | |
| > Standorte in Husum und Bremerhaven. Grund: Der Markt wächst am anderen | |
| > Ende der Welt | |
| Bild: And so the wind will blow it all away | |
| Kräftig gestiegen ist am Montag der Aktienkurs des Windanlagenbauers | |
| Senvion. Der Grund: Das Unternehmen schließt drei Standorte in | |
| Norddeutschland und streicht rund 780 Stellen. Damit sollen nach Angaben | |
| des Konzerns 40 Millionen Euro im Jahr eingespart werden. „Unbefangene | |
| Kenner überrascht die Entscheidung nicht“, sagte der | |
| Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel der taz. | |
| Dicht gemacht werden die Betriebsstätten in Husum (Schleswig-Holstein) und | |
| Trampe (Brandenburg) sowie die Tochterfirma Power Blades in Bremerhaven, | |
| die Rotorblätter baut. Der Standort im Kreis Rendsburg-Eckernförde ist kaum | |
| betroffen. Am Donnerstag gibt der Konzern, der seinen Sitz in Hamburg hat, | |
| seine Bilanz für 2016 bekannt. Die Rede ist von einem Betriebsgewinn von | |
| 218 Millionen Euro. | |
| Die Konzernholding begründete die Sparmaßnahmen mit einem stärker werdenden | |
| Wettbewerbs- und Preisdruck. „Der Stellenabbau ist leider unvermeidlich, um | |
| das Unternehmen als Ganzes mit seinen dann rund 4.100 Arbeitsplätzen | |
| zukunftsfähig zu erhalten“, sagte Vorstandschef Jürgen Geißinger. Allein | |
| der deutsche Markt sei seit 2015 von mehr als fünf Gigawatt neu | |
| installierter Leistung auf 2,8 Gigawatt geschrumpft. Zugleich seien die | |
| Preise in den vergangenen Jahren um rund 40 Prozent gefallen. | |
| Diese Begründung, sagt Hickel, verweise auf „ein Grundproblem“: Der | |
| Wettbewerbsdruck und die Preiskonkurrenz erzwingen eine | |
| Kapazitätsanpassung. Zudem würden Windenergieanlagen zunehmend in anderen | |
| Teilen der Welt gebaut – und die liegen alle weit weg von Nord- und Ostsee. | |
| Senvion will nun vor allem nach Südamerika, Australien, Indien sowie den | |
| USA expandieren. Weltweit rangiert das Unternehmen nach eigenen Angaben an | |
| vierter Stelle im Windenergie-Anlagenmarkt. In Deutschland liege der | |
| Marktanteil bei acht Prozent. Die Festaufträge für das vergangene Jahr | |
| lagen bei 1,3 Milliarden Euro. | |
| Was Senvion die Sparmaßnahmen kosten, ist noch unklar. Derzeit würden | |
| Gespräche mit dem Betriebsrat vorbereitet, Ziel sei ein „umfassender | |
| Interessenausgleich“, um den Stellenabbau „so sozialverträglich wie mögli… | |
| zu gestalten“, heißt es aus dem Unternehmen. Die IG Metall kritisierte den | |
| „Kahlschlag auf dem Rücken der Beschäftigten“ und forderte ein | |
| Zukunftskonzept. Getrieben vom Finanzmarkt und aus Renditeerwartungen | |
| heraus erfolgreichen Standorten mit Schließung zu drohen, „macht keinerlei | |
| Sinn“, findet die Gewerkschaft. | |
| Senvion hieß früher Repower und wurde im März vergangenen Jahres an die | |
| Börse gebracht. Die Finanzinvestoren Centerbridge und Arpwood hatten das | |
| Unternehmen vom indischen Suzlon-Konzern übernommen, der stark verschuldet | |
| war. Auch heute noch sind Finanzinvestoren die größten Anteilseigner des | |
| Siemens-Rivalen. Branchenexperten zufolge ist das Unternehmen für das | |
| Offshore-Geschäft eher zu klein, während im Onshore-Markt starke Partner | |
| fehlen. | |
| 220 der 253 betroffenen Mitarbeiter in der Bremerhavener | |
| Rotorblätter-Fabrik will Senvion wohl in die örtliche Produktion der | |
| Gondeln von Windmühlen übernehmen. Rotorblätter fertigt der Konzern nun vor | |
| allem in Portugal. Das dortige Werk hat rund 500 MitarbeiterInnen. Im | |
| letzten Herbst war Power Blades in die Schlagzeilen geraten, weil das | |
| Unternehmen vorzeitig 32 beschädigte Rotorblätter in Windparks ersetzen | |
| musste. Sie sollten rund 20 Jahren halten, mussten aber nach zwei Jahren | |
| ersetzt werden. Befürchtungen, der Schaden könne Arbeitsplätze kosten, wies | |
| das Unternehmen damals zurück. | |
| Nach Hickels Worten muss die Entscheidung von Senvion auch Folgen für die | |
| Planung des Offshore-Terminals Bremerhaven (OTB) haben. Ein Gutachten von | |
| Dezember attestiere dem OTB eine stabile unternehmerischen Basis. Nun werde | |
| „die Unfähigkeit, mittelfristig Geschäftsstrategien zu bewerten, massiv | |
| deutlich“, sagt Hickel. Die rot-grüne Landesregierung hält aber weiterhin | |
| am OTB fest. | |
| 14 Mar 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Zier | |
| ## TAGS | |
| Windkraft | |
| Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) | |
| Erneuerbare | |
| Erneuerbare Energien | |
| Energie | |
| OTB | |
| OTB | |
| Bremen | |
| OTB | |
| Globalisierung | |
| Schwerpunkt TTIP | |
| Europa | |
| Lürssen | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Windenergie-Unternehmen macht dicht: Flaute in Bremerhaven | |
| Die dritte von vier Produktionsstätten für Windenergieanlagen in | |
| Bremerhaven wird geschlossen. Aber der Offshore-Terminal „OTB“ soll | |
| trotzdem kommen. | |
| Hafenausbau nicht erforderlich: Gericht versenkt den OTB | |
| Oberverwaltungsgericht Bremen bestätigt vorläufigen Baustopp für den | |
| Offshore-Terminal Bremerhaven. Begründung: Er sei „am Markt vorbei | |
| geplant“. | |
| Gestra-Mitarbeitende fürchten Verkauf: Blick in eine Glaskugel | |
| Die Gestra-Beschäftigten bangen um ihre Arbeitsplätze und fühlen sich beim | |
| geplanten Verkauf durch den Mutterkonzern Flowserve übergangen | |
| OTB ohne Windenergie-Anlagen: Wer Windkraft sät, erntet Schwerlast | |
| Bremerhaven sollte eigentlich der „Heimathafen der Offshore-Windenergie“ | |
| werden. Davon ist nicht mehr viel übrig – einen Schwerlasthafen soll es | |
| dennoch geben | |
| EU-Report zur Arbeitsplatzabwanderung: Slowdown der Globalisierung | |
| Europas Populisten wollen Arbeitslosigkeit durch Abschottung bekämpfen. | |
| Dabei hat der Aderlass in Richtung Billiglohnländer abgenommen. | |
| Gemeinwohl-Ökonom über Freihandel: „Das ist üble Erpressung“ | |
| Wettbewerbsfähigkeit sollte zwischen Staaten keine Rolle spielen. So | |
| argumentiert Gemeinwohl-Ökonomie-Gründer Christian Felber in seinem neuen | |
| Buch. | |
| Die EU und ihre Konkurrenz: Europäer, seid unvernünftig! | |
| Die Europäische Union ist eine verrückte Idee. Nun wollen ihr drei Irre, | |
| Putin, Erdoğan und Trump, Konkurrenz machen. | |
| 300 Werft-Arbeitsplätze entfallen: Kahlschlag bei Blohm+Voss | |
| Bei der Hamburger Traditionswerft soll ein Drittel der 1.000 Arbeitsplätze | |
| wegfallen. Wegen der kritischen Lage will man nun Kriegsschiffe bauen. |