# taz.de -- Gestra-Mitarbeitende fürchten Verkauf: Blick in eine Glaskugel | |
> Die Gestra-Beschäftigten bangen um ihre Arbeitsplätze und fühlen sich | |
> beim geplanten Verkauf durch den Mutterkonzern Flowserve übergangen | |
Bild: Gestra-Mitarbeitende haben Angst um ihre Zukunft | |
Bremen taz | Die Gestra-Beschäftigten sind sauer: Am gestrigen Dienstag | |
protestierten sie gegen den geplanten Verkauf des Unternehmens durch ihren | |
Mutterkonzern Flowserve, vor allem aber gegen das Schweigen des | |
US-Konzerns: „Die Informationspolitik von Flowserve ist gleich null“, sagte | |
die Betriebsratsvorsitzende Katja Pilz. | |
380 MitarbeiterInnen hat der in Findorff ansässige Produzent von Armaturen | |
und Ventilen, das sind bereits 20 weniger als im vergangenen Jahr: Der | |
niedrige Ölpreis hat Flowserve, das auch im Ölgeschäft tätig ist, in eine | |
Krise gestürzt. In der Folge gab es Stellenkürzungen auch bei der Bremer | |
Gestra-Belegschaft. Dabei geht es der Firma gut: „Wir schreiben schwarze | |
Zahlen, deswegen will Flowserve uns ja auch verkaufen“, sagt Pilz und nennt | |
Gestra eine „Cash-Cow“. | |
Über die Umstrukturierungen im vergangenen Jahr habe es kaum Informationen | |
gegeben, sagt IG-Metall-Sprecher Ernesto Harder. Damals wollte der Konzern | |
zu Lasten von Bremer Arbeitsplätzen unter anderem in Indien eine | |
zusätzliche Infrastruktur aufbauen. „Erst auf unseren Druck haben die uns | |
überhaupt über ihre Pläne informiert“, so Harder. | |
Auf einmal sei von Umstrukturierung aber keine Rede mehr gewesen, sondern | |
von Verkauf – allerdings erst einmal nur gerüchteweise. Anfang dieses | |
Jahres berichtete dann das Magazin „Finance“, dass erste Kaufangebote | |
eingegangen seien und dass der Verkaufspreis bei bis zu 180 Millionen Euro | |
läge. „Die Entscheidung, einen Betrieb zu verkaufen, ist zwar | |
mitbestimmungsfrei, aber trotzdem sollten Betriebsrat und Belegschaft | |
wissen, was passiert. Die Leute haben doch Ängste – der Blick in die | |
Zukunft ist für uns momentan wie der Blick in eine Glaskugel“, sagt Harder. | |
Aber das börsennotierte Unternehmen mit Sitz in Texas interessiere das | |
nicht. | |
## Nächste Woche soll die Entscheidung fallen | |
Was Gewerkschaft und Betriebsrat allerdings herausgefunden haben: Es gibt | |
zwei Kaufinteressenten, die noch im Rennen sind, bevor spätestens nächste | |
Woche die Entscheidung darüber fällt, an wen das Unternehmen verkauft | |
werden soll. Zum einen handelt es sich dabei um Emerson Electric und zum | |
anderen um Spirax-Sarco Engineering. | |
Vor allem der zweite Bewerber bereitet dem Betriebsrat Sorge: „Da gibt es | |
große Überschneidungen im Produktprogramm, die gleiche Kundschaft, | |
Parallelstrukturen, die überflüssig werden“, sagt Pilz. Dass mit der | |
Übernahme durch Spirax-Sarco mindestens Arbeitsplätze bei Gestra abgebaut | |
würden, sei deswegen höchst wahrscheinlich. | |
Auch der andere Bewerber Emerson steht keineswegs für den Erhalt der Bremer | |
Arbeitsplätze. Das US-Unternehmen beschäftigt in weltweit 250 Werken über | |
100.000 Mitarbeiter: „Das ist ein riesiger Konzern mit Matrixstrukturen. | |
Unsere Befürchtungen sind groß, dass wir im Falle eines Kaufs durch Emerson | |
zu einem reinen Engineering- oder Produktionsstandort verkommen“, sagt | |
Pilz. | |
Auch Dieter Reinken, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, | |
sagt: „Gestra darf auf keinen Fall ausgeliefert werden.“ Er wünsche sich | |
„einen Investor, der dieses erfolgreiche Bremer Unternehmen zu schätzen | |
weiß – und gemeinsam mit den Beschäftigten am bisherigen Standort | |
weiterarbeitet“. | |
Das wollen auch die Gestra-Mitarbeitenden. „Wir haben eine Zukunft | |
verdient“, steht auf ihren Transparenten und „Standort Bremen muss | |
bleiben“. Ob der wirklich in Gefahr ist, weiß freilich niemand so genau. | |
Noch nicht. | |
29 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
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