| # taz.de -- Kampf um Kaffee Hag: Arbeitskampf entkoffeiniert | |
| > Kaffee Hag in Bremen soll geschlossen werden. Die Gewerkschaft droht mit | |
| > Streik, weil die Beschäftigten als Abfindung ein „lächerliches | |
| > Taschengeld“ bekommen sollen | |
| Bild: Bald vielleicht ein Fall fürs Museum: Traditionsunternehmen Kaffee Hag | |
| Bremen taz | Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) droht dem | |
| Kaffeekonzern Jacobs Douwers Egbert mit Arbeitskampf. Weil der Konzern den | |
| Standort von Kaffee Hag am Bremer Holzmarkt Anfang 2017 schließen will, | |
| fürchten 50 Beschäftigte um ihren Arbeitsplatz. Laut NGG ist der von dem | |
| Unternehmen vorgeschlagene Sozialplan eine „absolute Provokation“. Dieter | |
| Nickel, Geschäftsführer der NGG, sagt: „Die machen Kaffee Hag platt und | |
| wollen uns mit einem Taschengeld vom Hof jagen.“ | |
| Die NGG fordert einen Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung. Für den | |
| Fall, dass die Verhandlungen scheitern sollten, droht die NGG mit Streik. | |
| Jacobs Douwers Egbert (JDE) wollte sich gegenüber der taz zu den | |
| Verhandlungen um den Traditionsstandort bisher nicht äußern. | |
| Kaffee Hag sitzt bereits seit 1906 am Bremer Holzmarkt. Der | |
| Unternehmensgründer, Ludwig Roselius, ist in Bremen vor allem bekannt als | |
| Kunst-Mäzen und Finanzkraft hinter der Böttcherstraße. Und als Erfinder des | |
| entkoffeinierten Kaffees. | |
| Weil er den relativ frühen Tod seines Vaters auf übermäßigen Kaffee-Konsum | |
| zurückführte, geht die Legende, erfand er das weltweit erste Verfahren zur | |
| Entkoffeinierung. Roselius patentierte das Verfahren und gründete 1906 | |
| Kaffee Hag in Bremen, wo bis heute immer noch Kaffee entkoffeiniert. | |
| Damit ist jedoch bald Schluss: Inzwischen gehört die Firma dem weltweit | |
| operierenden Konzern JDE mit Sitz in Amsterdam. Jahresumsatz 2013: circa | |
| 5,5 Milliarden Euro. JDE gehört zu großen Teilen der reichsten | |
| Milliardärs-Familie Deutschlands: den Reimanns. Im September hatte der | |
| Konzern erstmals die Schließung des Standorts in Bremen angekündigt. | |
| Aus Sicht von JDE habe die weltweit sinkende Nachfrage nach | |
| entkoffeiniertem Kaffee dazu geführt, dass die Auslastung von Kaffee Hag | |
| zuletzt nur noch bei 50 Prozent gelegen hätte. Kaffee solle künftig | |
| „extern“ entkoffeiniert werden und JDE wolle über einen Sozialplan mit den | |
| Beschäftigten verhandeln. | |
| Laut Schätzungen der Gewerkschaft arbeiten die MitarbeiterInnen im Schnitt | |
| seit über 15 Jahren bei Kaffee Hag. Trotzdem habe JDE den MitarbeiterInnen | |
| einen „Sozialplan mit lächerlichen Abfindungen“ unterbreitet. Er lag laut | |
| Gewerkschaft zu 50 Prozent unter dem letzten Sozialplan. Bei 40-Jährigen | |
| war etwa ein Monatsgehalt pro im Betrieb geleistetem Arbeitsjahr | |
| vorgesehen. Demnach würde die JDE ihre Beschäftigten gerne für die Hälfte | |
| vor die Tür setzen. | |
| Dieter Nickel von der NGG findet es schade, dass der Konzern nicht auf die | |
| Angebote des Betriebsrates eingegangen ist. Der nämlich hatte der JDE | |
| angeboten, die Schließung des Standortes „schnell und lautlos abzuwickeln“. | |
| Dafür stellte der Betriebsrat Bedingungen, die JDE offenbar nicht erfüllen | |
| wollte: „Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und ein attraktives | |
| Freiwilligenprogramm.“ | |
| Die neuen Forderungen der Gewerkschaft zielen in eine ähnliche Richtung. | |
| Laut Betriebsrat haben sich viele der MitarbeiterInnen bei Kaffee Hag | |
| freiwillig bereit erklärt, weniger zu arbeiten oder zugunsten einer | |
| angemessenen Abfindung zu gehen. Mit einem vernünftigen | |
| Freiwilligenprogramm wäre es laut Gewerkschaft zudem möglich, Arbeitskräfte | |
| in Bremen zu belassen und nur nach Hemelingen zu verlegen. Dort ist nämlich | |
| ein weiterer Standort von JDE in Bremen, an dem 400 Beschäftigte an der | |
| Herstellung von Löskaffee arbeiten. | |
| Das Unternehmen will sich zu den Verhandlungen nicht äußern und gibt zu den | |
| Vorwürfen der NGG nur ein kurze Erklärung heraus: „Unser Wunsch ist es, | |
| gemeinsam mit unseren Verhandlungspartnern eine gute, verantwortungsvolle | |
| Lösung zu finden.“ | |
| 7 Nov 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Gareth Joswig | |
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