# taz.de -- Hafenausbau nicht erforderlich: Gericht versenkt den OTB | |
> Oberverwaltungsgericht Bremen bestätigt vorläufigen Baustopp für den | |
> Offshore-Terminal Bremerhaven. Begründung: Er sei „am Markt vorbei | |
> geplant“. | |
Bild: Schön grün bleibt der Deich am Blexer Bogen wohl auch in Zukunft | |
BREMEN taz | „Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, im Ergebnis | |
aber unbegründet“, so trocken lautet der entscheidende Satz im gestern | |
[1][vorgelegten] Beschluss des Bremer Oberverwaltungsgerichtes (OVG) zum | |
Baustopp für das Offshore-Terminal Bremerhaven (OTB). Antragsgegnerin war | |
der Senat, der den vom Verwaltungsgericht verhängten Baustopp aufheben | |
lassen wollte. | |
Dem Schutz des Schweinswals während der Ramm-Phase sei hinreichend Rechnung | |
getragen, erklärte das Gericht zu einem der umweltpolitischen Einwände, die | |
der BUND vorgetragen hatte. Aber der Bau eines 25 Hektar großen | |
Gewerbegebietes und Hafens in einem FFH-Naturschutzgebiet müsse durch | |
überwiegende Interessen gerechtfertigt werden, und daran mangele es. | |
## Bedarf erheblich überschätzt? | |
„Es muss ernsthaft in Betracht gezogen werden, dass der Bedarf erheblich | |
überschätzt worden ist“, stellen die Richter klar. Ein derartiger Eingriff | |
in die Natur sei für ein Vorhaben, „das am Markt ‚vorbei‘ geplant wird�… | |
nicht zu rechtfertigen. Nach eingehender Befragung auch der Gutachter ist | |
das Gericht zu dem Schluss gekommen: „Die Bedarfs- und Potenzialprognose, | |
auf die sich der Planfeststellungsbeschluss stützt, ist nach derzeitigem | |
Sachstand nicht tragfähig.“ | |
Zwei Ausreden, die in jüngster Zeit als Rechtfertigung für das Projekt OTB | |
vorgebracht wurden, wischte das Gericht vom Tisch: Eine „Angebotsplanung“ �… | |
zu Deutsch: das Prinzip Hoffnung, dass die Firmen schon kommen, wenn der | |
Hafen erst einmal da ist – sei keine Grundlage für eine Güterabwägung. Und | |
auch die Ausrede, man könne ja die Hafenflächen für den allgemeinen | |
Schwergutumschlag nutzen, wenn sie nicht gebraucht werden für die | |
Windräder, ließ das Gericht nicht gelten, weil das „den Kern des | |
planfestgestellten Vorhabens“ berühre. | |
Nur in einem Punkt bescheinigte das Gericht den Planern, dass es okay war, | |
nicht über ihren Tellerrand hinausgeblickt zu haben: Bei ihrer Suche nach | |
möglichen Standorten konnte die Bremer Behörde an der Stadtgrenze von | |
Bremerhaven halt machen. Der BUND hatte als Kläger gegen die Pläne | |
eingewandt, dass Bedarf durch eine zwölf Kilometer nördlich in Cuxhaven | |
fertiggestellte entsprechende Hafenanlage bereits gedeckt sei. | |
Erstinstanzlich hatte das Verwaltungsgericht den Baustopp noch damit | |
begründet, für einen derartigen Eingriff in eine Bundeswasserstraße sei | |
nicht das Land, sondern der Bund als Planungsbehörde zuständig. Das sah das | |
OVG anders: Die 25 Hektar große Umschlag- und Montageeinrichtung für | |
Windenergieanlagen sollte im Flachwasserbereich stattfinden, hätte also die | |
Bundeswasserstraße nicht beeinträchtigt. | |
Entscheidend für das Gericht war die Überprüfung der | |
Wirtschaftlichkeitsprognosen, die sich der Bremer Senat von der Firma | |
Prognos hatte anfertigen und immer wieder nachbessern lassen. Vor Jahren | |
hatte Prognos ausgerechnet, dass sich der Marktanteil Bremerhavens an den | |
zu bauenden Windenergieanlagen in der deutschen Nordsee verdoppeln und in | |
einer Zone von 200 bis 300 Seemeilen vervierfachen müsse, damit sich der | |
OTB rentiert. Wie das gehen soll, sei „erklärungsbedürftig“, heißt es fa… | |
spöttisch in dem Gerichtsbeschluss. Denn es gibt neue bundespolitische | |
Ziele und zwei der ursprünglich vier Bremerhavener Firmen sind insolvent. | |
## Neuansiedlungen „nicht erkennbar“ | |
Dass sich andere Hersteller in Bremerhaven ansiedeln könnten, sei „nicht | |
erkennbar“, so das Gericht. Und dann verweisen sie darauf, dass „der | |
derzeitige Marktführer Siemens sich 2016 zu einer Ansiedlung in Cuxhaven | |
entschlossen“ hat. Mit Siemens habe man sowieso nicht gerechnet, hatte der | |
Senat damals trotzig erklärt. | |
Sind die erwarteten Umschlagzahlen nicht realistisch, so das Gericht, sei | |
der Planfeststellungsbeschluss, der sich darauf stützt, „nicht tragfähig“, | |
weil den wirtschaftlichen Belangen „ein Gewicht beigemessen worden ist, das | |
ihnen in Wahrheit nicht zukommt“. Wobei die Richter sich nicht verkneifen | |
konnten anzumerken: „Es drängt sich auf, dass ein verringerter Umschlag | |
auch den veranschlagten Flächenbedarf von 25 Hektar berühren würde.“ Diese | |
Größe war damit begründet worden, dass vom OTB voll montierte | |
Windenergieanlagen verschifft werden sollten – was einen Wettbewerbsvorteil | |
bedeuten könnte. | |
Inzwischen sei aber in der technischen Diskussion umstritten, ob das | |
überhaupt einen Sinn ergebe. Und für die neuen und mit acht Megawatt | |
deutlich leistungsstärkeren Generatoren, die Siemens in Cuxhaven bauen | |
will, sei eine Vollmontage an Land ausgeschlossen. Wenn aber, so folgerte | |
das Gericht, 25 Hektar gar nicht mehr nötig seien, dann sei eine neue | |
Prüfung von Alternativen in bestehenden Hafen-Arealen erforderlich. | |
Der Baustopp ist eine Eilentscheidung, also vorläufig. Aber es ist | |
wahrscheinlich, dass seiner Begründung großes Gewicht in einem | |
Hauptsacheverfahren zukommt. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Maike Schaefer | |
sah sich durch den Beschluss bestätigt: „Der OTB ist für uns ausschließlich | |
mit dem Ausbau der Windkraft auf hoher See und mit dem Klimaschutz | |
verknüpft“, versicherte sie. „Wir lassen uns davon nicht entmutigen“, | |
erklärte dagegen der Bremerhavener SPD-Politiker Elias Tsartilidis. | |
6 Apr 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.oberverwaltungsgericht.bremen.de/entscheidungen/entscheidungsueb… | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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