| # taz.de -- Neustart beim Emissionishandel: Das EU-Parlament knickt ein | |
| > Die EU reformiert den umstrittenen Emissionshandel. Umweltschützer | |
| > kritisieren, dass die Industrie sich mit ihren Forderungen durchgesetzt | |
| > hat. | |
| Bild: Dunkle Wolken am Emissionshandelshimmel | |
| FREIBURG taz | Das Europäische Parlament hat am Mittwoch eine Novelle des | |
| Emissionshandels auf den Weg gebracht, die Umweltverbände fassungslos | |
| macht. „Mit den Beschlüssen der EU-Abgeordneten droht diese unendliche und | |
| unverantwortliche Geschichte fortgesetzt zu werden“, sagt Kai Niebert, | |
| Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR). | |
| Der Emissionshandel galt ursprünglich als das wichtigste europäische | |
| Klimaschutzinstrument. Er funktioniert folgendermaßen: Seit 2005 brauchen | |
| industrielle Emittenten in der EU für jede Tonne des Treibhausgases, die | |
| sie in die Atmosphäre blasen, ein entsprechendes Zertifikat. Diese Papiere | |
| sind limitiert, sodass sich – in der Theorie – aufgrund der Verknappung ein | |
| Preis pro Tonne CO2 ergibt, der als Anreiz dient, Abgase zu vermeiden. Doch | |
| in der Praxis hat das nie richtig funktioniert. Denn die EU gab stets zu | |
| viele Zertifikate aus, um sie wirklich knapp werden zu lassen. So konnte | |
| das Instrument nie wirken. Aktuell sind mehr als zwei Milliarden | |
| Zertifikate zu viel im Umlauf. | |
| Hoffnungen, mit der Novelle das Ruder herumzureißen, zerschlugen sich am | |
| Mittwoch. Das Europäische Parlament knickte in den meisten Punkten vor den | |
| Interessen der Industrie ein. „Die Beschlüsse zementieren den europäischen | |
| Emissionshandel auf absehbare Zeit als wirkungsloses Klimaschutzinstrument“ | |
| , sagte Fritz Brickwedde, Präsident des Bundesverband Erneuerbare Energie | |
| (BEE). | |
| Zum Beispiel war zu entscheiden, in welchem Maße die Menge der Zertifikate | |
| künftig von Jahr zu Jahr gekürzt wird. Umweltverbände hatten einen | |
| „linearen Kürzungsfaktor“ von 2,6 bis 2,8 Prozent gefordert. Am Ende | |
| setzten sich die EU-Kommission und die Wirtschaftsverbände damit durch, | |
| dass die Menge der Zertifikate nur um jährlich 2,2 Prozent verringert wird. | |
| Von großer Bedeutung war auch die Frage, auf welcher Grundlage die Menge | |
| der Zertifikate berechnet wird, die ab 2021 ausgegeben wird. Geschieht dies | |
| auf Basis der realen Emissionen des Jahres 2020 oder auf Basis der Ziele, | |
| die für 2020 definiert waren? Das Parlament entschied sich dafür, den | |
| höheren Wert zu nehmen, nämlich die bestehenden Ziele. | |
| Der Preisdruck auf die Verschmutzer wird damit gering bleiben. Zwar | |
| entschied das Parlament gestern auch, dass 800 Millionen überzählige | |
| Zertifikate aus dem Markt genommen werden. Das reduziert den Überhang zwar | |
| ein wenig, löst aber nicht das Problem. Positiv immerhin bewerten | |
| Umweltverbände, dass Nationalstaaten künftig Zertifikate löschen können, | |
| wenn sie Kohlekraftwerke stilllegen. Bislang gab es die widersinnige | |
| Konstellation, dass Zertifikate, die durch ein abgeschaltetes | |
| Kohlekraftwerk frei wurden, von anderen Verschmutzern genutzt werden | |
| konnten. | |
| Am 28. Februar kommen die Entscheidungen nun vor den EU-Ministerrat. Dass | |
| sich dort noch etwas zum Besseren wendet, gilt als ausgeschlossen. Eher | |
| dürfte der Emissionshandel noch weiter ausgehöhlt werden. | |
| 15 Feb 2017 | |
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| Bernward Janzing | |
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