# taz.de -- Linkspartei begrüßt den Schulz-Effekt: Klappe halten und gewinnen | |
> Seit die SPD in Umfragen gewinnt, verliert die Linke. Doch die | |
> Parteiführung bleibt gelassen – ihr Kalkül ist ein anderes. | |
Bild: Schauen sich tief in die Augen – Schulz und Bartsch auf der 16. Bundesv… | |
BERLIN taz | So viel Optimismus hat Dietmar Bartsch lange nicht verbreitet. | |
„Die Chancen auf ein Mitte-links-Bündnis haben sich seit Schulz' | |
Nominierung verzehnfacht“, erklärte der Fraktionsvorsitzende der | |
Linkspartei letzte Woche beim Pressefrühstück – „von 0,1 Prozent sind sie | |
auf 1 Prozent gestiegen“. Bartsch beißt herzhaft in sein Brötchen. | |
Jenseits aller Ironie meinen Bartsch und seine Linkspartei es jedoch ernst. | |
Seit Martin Schulz (SPD) zum Herausforderer Angela Merkels (CDU) wurde, | |
scheint eine rot-rot-grüne Bundesregierung nicht mehr nur ein Hirngespinst. | |
Die innerparteilich teils heftig umstrittenenen Treffen von | |
Linken-Abgeordneten mit Grünen und SPDlern würden jetzt nicht mehr | |
belächelt, sagt Schatzmeister Thomas Nord, einer der federführenden | |
Abgeordneten dieser Treffen auf Fraktionsebene. „Eine | |
Mitte-links-Kombination ist nun eine ernsthafte Regierungsoption und spielt | |
in der realen Politik eine Rolle, wie die Reaktionen aus der Union zeigen. | |
Für uns ist das positiv.“ | |
Die Begeisterung in der Linkspartei mutet auf den ersten Blick seltsam an. | |
Seit die SPD Martin Schulz als ihren Kanzlerkandidaten nominiert hat, | |
gewinnt sie in Umfragen dazu. Mit 33 Prozent im Sonntagstrend hat sie gar | |
die Union um einen Prozentpunkt übertroffen. Leidtragende des Höhenfluge | |
sind die Grünen mit 7 und die Linke mit 8 Prozent. | |
Das verursache keine hektischen Flecken bei ihm, erklärt Bartsch. Man werde | |
diese Wähler zurückgewinnen. Etwas abwägender äußert sich Parteichef Bernd | |
Riexinger: „Wenn Schulz die SPD mehr nach links rückt, birgt das für uns | |
natürlich auch die Gefahr, dass unzufriedene SPD-Wähler wieder zurück zur | |
SPD gehen.“ Das Verlustpotenzial sieht er jedoch im 2-Prozent-Bereich. | |
## Aus der Geschichte lernen | |
Alles in allem geht die Linke gelassen mit den Schulz-Effekt um, | |
außerordentlich gelassen sogar für eine Partei, die für die Bundestagswahl | |
ein zweistelliges Ergebnis anpeilt. Der Grundoptimismus speist sich aus | |
einer lange zurückliegenden Bundestagswahl: 1998 als SPD und Grüne zusammen | |
eine Mehrheit bekamen, nahm die damalige PDS erstmals die 5-Prozent-Hürde | |
und zog als Fraktion in den Bundestag ein. Man habe von der Wechselstimmung | |
profitiert, so die Linke Lesart. | |
Getreu dem Motto „Aus der Geschichte lernen heißt Siegen lernen“ hofft die | |
Linkspartei also, im Windschatten des Schulz-Hypes mitsegeln zu können. | |
Eine entsprechend störungsfreie Fahrt wünscht sie Schulz. Als der zum | |
Kandidaten nominiert wurde, sagte die Parteiführung im Grunde: nichts. | |
Genauso wenig wie Schulz über die Linke. | |
„Das ist ein enormer Fortschritt“, bekennt Bernd Riexinger und skizziert | |
das neue Verhältnis zur SPD „Wir wollen uns nicht hinstellen und erklären, | |
wie schlimm die SPD ist, sondern wir wollen die treibende Kraft sein und | |
Angebote machen.“ Die Linke will sich also als linkes Gewissen der SPD | |
profilieren – Koparteichefin Katja Kipping sieht jedenfalls den | |
„Gebrauchswert ihrer Partei bereits jetzt erhöht“. | |
## Der Sahra-Newsletter | |
Der neue Annäherungskurs an die SPD wird auch von der Spitzenkandidatin der | |
Partei im Wahlkampf Sahra Wagenknecht geteilt, die zum Verdruss der | |
Rot-Rot-Grün-Fans immer gern auf das neoliberale Parteienkartell (alle | |
Parteien rechts von der Linkspartei) geschimpft hat. Auf der | |
Fraktionssitzung am Dienstag soll sie sinngemäß gesagt haben, es wäre | |
falsch, jetzt den Wadenbeißer der SPD zu spielen. | |
Ob sie die Beißhemmungen so durchhält, bleibt abzuwarten. Über ihren | |
Newsletter [1][team-sahra.de] ruft sie ihre Anhänger auf, unter anderem | |
über die Option abzustimmen, ob die Linke Martin Schulz jetzt „stärker | |
kritisieren soll für das, was er in den letzten Jahren politisch gemacht | |
hat“. | |
Die Netzwerkbildung geht indes munter weiter. Vergangene Woche trafen sich | |
die Generalsekretäre von Grünen, SPD und Linken. Martin Schulz hat sich bei | |
Katja Kipping und Bernd Riexinger bereits telefonisch gemeldet, ein Treffen | |
soll demnächst folgen. Und auch der Trialog zwischen Abgeordneten wird Ende | |
März wieder stattfinden. Das letzte Treffen musste abgesagt werden, weil | |
Schulz verhindert war. Wegen Kanzlerkandidatur. | |
19 Feb 2017 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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