Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar zur Lage der Grünen: FDP mit Biosiegel
> Die Grünen haben keine Idee beim wahlentscheidenden Thema Gerechtigkeit.
> Wer linke Reformen will, wird sie nicht wählen.
Bild: Eine Partei der Unterschicht? Sind die Grünen ganz sicher nicht
Es gab da mal einen jungen Mann mit türkischen Eltern, der es von der
Hauptschule zum Abitur geschafft hatte – und sich nun für einen der vielen
Studiengänge entscheiden musste. Eine andere Wahl hatte er da schon
getroffen. Weil er sich politisch engagieren wollte, hatte er sich alle
Parteien angesehen und dann für die Grünen entschieden. Denn die, sagte er,
repräsentierten das, wo er selbst gern hinwolle: den gehobenen Mittelstand.
Man könnte diese wahre Geschichte als großen Erfolg der Grünen lesen.
Tatsächlich aber beschreibt nichts präziser [1][das Problem der Partei].
Ja, sie kann Menschen mit Migrationshintergrund für sich begeistern. Ja,
sogar wenn sie aus einer Arbeiterfamilie stammen. Dummerweise aber erst
dann, wenn es den Aufsteigern gelungen ist, ihr Milieu zu verlassen und zum
verständigen, weltoffenen, ökologisch denkenden Akademiker zu werden.
Wer das nicht schafft, wählt Linkspartei, AfD oder gar nicht. Oder
neuerdings Martin Schulz und seine SPD. Aber die Grünen?
Die haben immer noch einen linken Flügel, der eine ökologische Weltrettung
ohne sozialen Wandel für unmöglich hält. Nur, wenn es drauf ankommt, kann
er sich kaum jemals durchsetzen – ganz im Sinne der Wählerklientel. Deshalb
hat es der Partei auch nie geschadet, dass sie einst die Hartz-IV-Reform
mitgetragen hat. Die Idee, Steuern für Gutverdiener zu erhöhen, dafür umso
mehr.
Dennoch sind die Grünen mit ihrem Programm solange gut gefahren, wie linkes
Gedankengut und soziale Reformen als Ladenhüter galten. Also bis Mitte
Januar. Dann trat Martin Schulz als Retter der Enterbten auf – und die
Grünen stehen da als diejenigen, die sie sind: als FDP mit Biosiegel, aber
ohne Idee zum wahlentscheidenden Thema Gerechtigkeit.
Und nun? Sollen die Grünen auf den Schulz-Zug springen? Das würde kein
Mensch glauben. Was sie halbwegs retten kann, ist Konsequenz. Ein
Festhalten am Selbstbild einer Akademikerpartei mit Herz. Damit gewinnen
sie nicht die Wahl, aber vielleicht ein paar an der CDU zweifelnde
Merkel-Fans. Und das wird den Ausschlag geben, ob Rot-Rot-Grün eine
Mehrheit bekommt. Dafür werden sie gebraucht, die Grünen.
Wer aber linke Reformen will, wird sie so oder so nicht wählen. Muss man ja
auch nicht. Dafür gibt es die Linkspartei. Und neuerdings sogar wieder die
SPD.
3 Mar 2017
## LINKS
[1] /Die-Gruenen-in-der-Krise/!5385819/
## AUTOREN
Gereon Asmuth
## TAGS
Grüne
Soziale Gerechtigkeit
Mittelstand
Lesestück Interview
Bündnis 90/Die Grünen
Bündnis 90/Die Grünen
Grüne
Martin Schulz
Martin Schulz
Cem Özdemir
## ARTIKEL ZUM THEMA
Robert Habeck über die Grünen: „Nicht immer gegen was. Für!“
Umfragetief? Rechte Gegner? Seine Partei müsse sich wieder Idealismus
trauen. Aber nicht abstrakt, sondern konkret, „so, dass man es versteht“.
Die Grünen in der Krise: Mehr Mitglieder, weniger Pepp
Die Ausgangslage ist günstig für einen grünen Wahlsieg, doch die Partei
profitiert nicht von der Polarisierung der WählerInnen. Woran liegt das?
8-Punkte-Plan zur Arbeitspolitik: Auch Grüne jetzt sozial
Nach SPD-Mann Martin Schulz fordern nun auch die Grünen eine Reform der
Arbeitspolitik. Differenzen zur SPD zeigen sich im Bereich der Agenda 2010.
Kolumne Die eine Frage: Sind die Grünen am Ende?
Wenn die Umfragewerte in die Höhe schießen: Die Suggestion des Moments
lautet, dass SPD-Kandidat Schulz alles ändert. Nein, das tut er nicht.
SPD-Kanzlerkandidat im Wahlkampf: Schulz stellt Agenda 2010 infrage
Verbesserungen bei Arbeitslosengeld und Kündigungsschutz:
SPD-Hoffnungsträger Martin Schulz will mehr Gerechtigeit und geht ans
rot-grüne Erbe ran.
Linkspartei begrüßt den Schulz-Effekt: Klappe halten und gewinnen
Seit die SPD in Umfragen gewinnt, verliert die Linke. Doch die
Parteiführung bleibt gelassen – ihr Kalkül ist ein anderes.
Grüne nach der Urwahl: Ein neues Verhältnis zur Gesellschaft
Mit den Parteireformern Özdemir und Habeck könnte die Aufteilung in
„Realos“ und „Linke“ enden. Das würde Chancen auf einen Neustart biete…
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.