# taz.de -- Kommentar Spitzenkandidaten: Die Angst-Gegner | |
> Parteien links von der AfD setzen im Bundestagswahlkampf auf | |
> proeuropäische Kandidaten. Die müssen nun etwas daraus machen. | |
Bild: Europäischer Hintergrund: SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz | |
Gut, es ist wieder keine Frau. Und wieder kein Linker. Auch ökologisches | |
Interesse ist von Martin Schulz bisher nicht überliefert. Aber bleiben wir | |
realistisch: Man kann bei einer SPD-Kanzlerkandidatur nicht alles haben. | |
Diese 20-Prozent-Partei kann und soll ja auch in Zukunft nicht allein | |
regieren. Unter den aktuellen Umständen ist die Nominierung von Martin | |
Schulz das bestmögliche Signal zur richtigen Zeit. Weil der redegewandte | |
Würselener ein überzeugter und überzeugender Europäer ist. | |
In einem Wahljahr, in dem die Europäische Union so heftig wie nie | |
angegriffen wird, vor allem von rechts, aber auch von ganz links, stellt | |
die SPD den denkbar prominentesten Repräsentanten genau dieser Europäischen | |
Union auf, den sie in Deutschland auftreiben konnte. Dazu gehört schon | |
etwas. | |
Ob diese Entscheidung nun lange geplant oder aus Sigmar Gabriels Not | |
geboren wurde, ist dabei unerheblich. Ob Schulz als EU-Parlamentspräsident | |
immer glücklich agiert hat, auch. Das Ergebnis ist ein glasklares | |
Bekenntnis zum vereinten Europa, wie es keine andere Partei bietet und wie | |
es die Innenpolitiker Sigmar Gabriel oder Olaf Scholz nie hätten verkörpern | |
können. | |
Das Risiko ist klar: Die AfD versucht schon lange, den Vorzeige-Europäer | |
Schulz als Vorzeige-Bösewicht darzustellen, der Deutschlands endgültigen | |
Untergang in einer „EU-Diktatur“ herbeiführen würde. Es macht Mut, dass d… | |
SPD auf diese absurden Angriffe nicht mit einem ängstlichen | |
Ausweichmanöver, sondern mit einem beherzten „jetzt erst recht“ reagiert. | |
So wie vorher bereits CDU und Grüne. | |
## Kein unterwürfiger Blick nach rechts | |
Mit Schulz ist das Personalangebot der Parteien komplett, die bei der | |
Bundestagswahl links von der AfD antreten. Und siehe da, keine ist | |
eingeknickt vor den Panikmachern. Keine hat extra Hardliner nominiert, um | |
unterwürfig nach rechts zu blinken. Auch die Linke nicht – Sahra | |
Wagenknecht wurde aufgestellt, weil sie nach Meinung vieler Linker einfach | |
die beste Kandidatin ist. | |
Die Demokraten lassen sich bisher nicht treiben. Furchtlosigkeit: Dieses | |
Gefühl strahlt der angriffslustige Europäer Schulz ebenso aus wie Angela | |
Merkel, die sich weiter stoisch für ihre Flüchtlingspolitik beschimpfen | |
lässt, und der Grüne Cem Özdemir, der am meisten Routine im | |
Beschimpftwerden hat. | |
Die Startblöcke sind richtig besetzt, nun kommt es darauf an, was die | |
KandidatInnen daraus machen. Natürlich müssen sie Menschen, die frustriert | |
sind oder Abstiegsängste haben, endlich ernster nehmen – aber ohne dabei | |
den Rechten nachzuplappern und die eigenen Werte zu verraten. Das bleibt | |
eine schwierige Aufgabe. Aber immerhin, das Personal dafür ist gut gewählt. | |
26 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Lukas Wallraff | |
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