# taz.de -- Transatlantische Beziehungen: Fünf Tage im Februar | |
> Gleich drei wichtige Konferenzen führen diese Woche | |
> US-Regierungsvertreter nach Europa. Alle Welt rätselt: Was haben sie vor? | |
Bild: Gehen sie noch gemeinsame Wege? Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (r… | |
BERLIN taz | Einerseits ist Wolfgang Ischinger Optimist: „Am | |
Sonntagnachmittag“, sagt der Leiter [1][der Münchner Sicherheitskonferenz], | |
„könnte die weltpolitische Lage ein bisschen klarer sein.“ All die | |
Befürchtungen, heute noch riesig, könnten bis dahin ein klein wenig | |
schrumpfen. Von den vielen Fragezeichen, zur Nato, zur UN, zu Syrien, zur | |
Ukraine, könnten bis dahin manche verschwinden. | |
Nun, das wäre ja immerhin etwas. | |
Seit 27 Tagen regieren Donald Trump und sein Team nun in den USA. Was die | |
neue Regierung in Washington in der Außenpolitik plant, ist aber noch immer | |
nicht klar: Der Präsident nannte die Nato zunächst obsolet – sein | |
Verteidigungsminister bezeichnete sie später als unverzichtbar. | |
Am Mittwochabend redete der neue US-Verteidigungsminister James Mattis bei | |
seinem ersten Nato-Treffen Klartext. Wenn die Partner nicht den Forderungen | |
der USA nachkommen, könnte es ungemütlich werden, lautet seine Botschaft. | |
Konkret drohen die USA damit, ihr Engagement für die Nato-Partner | |
zurückzufahren. Die Alliierten müssten bis Ende des Jahres einen Plan | |
aufstellen, wie das Ziel zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben erreicht | |
werden könne, sagte US-Verteidigungsminister James Mattis nach einem | |
Redemanuskript beim Nato-Verteidigungsministertreffen in Brüssel. Der | |
amerikanische Steuerzahler könne nicht länger einen unverhältnismäßig hohen | |
Anteil für die Verteidigung westlicher Werte zahlen. | |
## Nato ist nicht die einzige Baustelle | |
Im Kampf gegen den IS kann sich das Weiße Haus eine Allianz mit dem Kreml | |
vorstellen – während das Außenministerium die russische Unterstützung für | |
Assad anprangert. Als Kandidat zeigte Trump noch Verständnis für die | |
Annektion der Krim – am Dienstag forderte er über seinen Sprecher die | |
Rückgabe an die Ukraine. | |
Für Regierungsvertreter in Europa sind diese Widersprüche ein Schlamassel; | |
in Berliner Ministerien rätselt man seit Wochen, wie die Signale aus | |
Washington zu deuten sind. Die Unsicherheit sei groß, heißt es. In den | |
nächsten Tagen könne es aber tatsächlich erste Antworten geben. | |
Gleich drei Veranstaltungen führen in dieser Woche amerikanische | |
Regierungsvertreter nach Europa: Seit Mittwoch tagen in Brüssel die | |
Verteidigungsminister der Nato-Staaten, für die USA sitzt James Mattis mit | |
am Tisch. Ab Donnerstag treffen sich in Bonn die Außenminister der | |
Nato-Staaten, dazu kommt aus Washington Rex Tillerson. Am Freitag beginnt | |
in München dann schließlich die dreitägige Sicherheitskonferenz. Stargast | |
in diesem Jahr: der amerikanische Vizepräsident Mike Pence. | |
Bei den Veranstaltern der Münchner Tagung im Hotel Bayerischer Hof ist die | |
Stimmung dieses Mal ganz anders als in den Jahren zuvor. Konferenzleiter | |
Ischinger zeigt in diesen Tagen daher auch seine andere, gnadenlos | |
pessimistische Seite: In Berlin stellte er am Montag den neuen „Munich | |
Security Report“ seiner Mitarbeiter vor. Darin heißt es, die USA bewegten | |
sich weg von einer multilateralen Außenpolitik – womöglich hin zu einer | |
nationalistischen. „So viel Unsicherheit gab es lange nicht für Wahrheit, | |
Werte, die internationale Ordnung“, sagt Ischinger selbst. | |
## Miese Aussichten, riesiges Interesse | |
Für die Konferenz immerhin lohnen sich die miesen Aussichten. Das | |
internationale Interesse ist in diesem Jahr riesig. Die Münchner Polizei | |
musste mehr Beamte anfordern als üblich – weil so viele Gäste aus | |
Bundesregierung und Weltpolitik zugesagt haben. Aus Berlin kommen nicht nur | |
vier Minister, sondern auch Kanzlerin Angela Merkel wird zugegen sein. Aus | |
New York reist der neue UN-Generalsekretär António Guterres an, aus | |
Russland Außenminister Sergei Lawrow. Insgesamt erwarten die Veranstalter | |
nach letzten Angaben 15 Staatsoberhäupter, 8 Regierungschef und 47 | |
Außenminister. | |
Das hat zum großen Teil mit Mike Pence zu tun, der in seiner neuen Funktion | |
als US-Vizepräsident zum ersten Mal ins Ausland reist. Pence’ Zusage habe | |
zu einem Run geführt, sagt Ischinger. Halb Europa wolle ein „Bilateral“ mit | |
ihm führen, ein bilaterales Gespräch im Hotelzimmer also. | |
Das Interesse kommt nicht von ungefähr. Gespräche mit Trumps Ministern sind | |
schön und gut – offen ist aber, wie sehr deren Linie auch der des | |
Präsidenten entspricht und ob sie sich in Streitfällen gegen Trump | |
durchsetzen können. Der Schreibtisch von Pence dagegen steht direkt im | |
Weißen Haus. Er ist nah dran am Präsidenten und schon deswegen | |
international begehrt. | |
Auch für die Bundesregierung: Außenminister Gabriel traf den Vize schon | |
während seiner US-Reise im Januar. Falls in München nicht auch Merkel zu | |
einem Vier-Augen-Gespräch mit dem Amerikaner zusammenkommt, wäre das eine | |
Überraschung. | |
## Nato-Zusammenhalt bleibt offene Frage | |
Zumal Pence bereits einen Bezug zu Deutschland hat: Der erzkonservative | |
Republikaner war bis vor Kurzem Gouverneur von Indiana, wo mehrere deutsche | |
Unternehmen Fabriken betreiben. Vor drei Jahren reiste Pence zur | |
Wirtschaftsförderung sogar schon einmal nach Deutschland und besuchte die | |
Zentralen einiger Mittelständler im Ruhrgebiet. Das klingt zumindest schon | |
mal nach einem Thema für den Smalltalk mit Merkel. | |
Welche politische Botschaft wird Pence aber mit nach München bringen? Was | |
hat er zum Beispiel zur Nato zu sagen? Verteidigungsminister Mattis gab | |
sich am Mittwoch in Brüssel hart. Vor Beginn des zweitägigen | |
Arbeitstreffens mit seinen Amtskollegen sagte er zwar noch: „Das Bündnis | |
bleibt für die Vereinigten Staaten und für die ganze transatlantische | |
Gemeinschaft ein grundlegendes Fundament – so verbunden, wie wir sind.“ | |
In der ersten Sitzung am Nachmittag forderte er die Nato-Partner dann aber | |
ultimativ auf, ihre Verteidigungsausgaben bis Ende des Jahres zu erhöhen. | |
Anderenfalls würden die USA ihre Anstrengungen im Bündnis zurückfahren. | |
Trump fordert schon seit dem Wahlkampf, dass die übrigen Nato-Staaten eine | |
alte Vereinbarung umsetzen, mindestens 2 Prozent ihres jeweiligen | |
Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu stecken. | |
Donnerstagmittag endet das Treffen in Brüssel, fast zur gleichen Zeit | |
beginnt der Termin in Bonn. Dort empfängt Sigmar Gabriel seine | |
Außenministerkollegen aus den G-20-Staaten in eher informellem Rahmen. Ein | |
Thema ist die Umsetzung der Agenda 2030, ein Programm der UNO zur | |
Entwicklungspolitik. Ein weiterer Tagesordnungspunkt dreht sich um | |
Maßnahmen zur Konfliktprävention. | |
## Über die Krim wird auch ohne die USA gesprochen | |
Mindestens so wichtig wie das offizielle Programm sind auch in Bonn die | |
Gespräche am Rande. Mit vielen seiner Kollegen wird sich US-Außenminister | |
Tillerson am Donnerstag zum ersten Mal treffen, geplant ist unter anderem | |
ein Gespräch mit dem Russen Lawrow. Gut möglich, dass dabei auch Trumps | |
neueste Aussage über die Krim zum Gespräch kommt – als Vorbereitung auf | |
einen Termin, der für Samstag in München geplant ist. | |
Am Rande der Sicherheitskonferenz lädt Gabriel seine Kollegen aus | |
Frankreich, der Ukraine und Russland zu einem Gespräch im sogenannten | |
Normandie-Format. Das ist ausnahmsweise ein Format, an dem die USA | |
überhaupt nicht beteiligt sind. | |
16 Feb 2017 | |
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Tobias Schulze | |
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