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# taz.de -- Kommentar Trumps Außenpolitik: Woran ist die Welt?
> Mit Donald Trump gibt es viele vermeintliche Klarheiten – jeden Tag eine
> andere. Im Kalten Krieg kannte jeder die Spielregeln. Heute gibt es keine
> mehr.
Bild: American beauty. Eine Perlenrose der russischen Künstlerin Svetlana Sape…
Selten gab es so viel Verunsicherung in der internationalen Diplomatie.
Niemand weiß, wohin die USA unter Donald Trump außenpolitisch steuern. Die
neue Regierung in Washington kann unmöglich all die widersprüchlichen Dinge
wörtlich meinen, die ihre Mitglieder vom Präsidenten abwärts dazu sagen und
twittern. Ob Trump sich selber darüber überhaupt vertiefte Gedanken macht,
ist genauso ein Rätsel wie die Frage, welche Gültigkeit Aussagen anderer
US-Regierungsmitglieder eigentlich haben. Auf der Münchner
Sicherheitskonferenz werden die Teilnehmer bei jeder Rede nebenbei auf ihr
Smartphone starren müssen, wo [1][@realdonaldtrump] den Weltgeist spielt.
Vor diesem Hintergrund sehen sich auch alle jene in Moskau, Peking und
sonst wo vorläufig düpiert, die dachten, mit einem Big Man im Weißen Haus
könnte man endlich unbekümmert klare Verhältnisse auf dem Globus schaffen,
von Mann zu Mann sozusagen. Es gibt einfach keine Klarheit. Genauer: Es
gibt so viele vermeintliche Klarheiten, jeden Tag eine andere, dass niemand
mehr weiß, woran die Welt ist.
Das ist eine brandgefährliche Situation. Aber nicht, weil jetzt plötzlich
jemand mit Säbeln rasseln würde. Sondern weil völlig unklar ist, welcher
diplomatische, militärische oder politische Akt eigentlich einen Akt der
Eskalation darstellt und welcher nicht. Im Kalten Krieg kannte jeder die
Spielregeln. Sie waren nicht schön, aber nachvollziehbar. Heute scheint es
Regeln gar nicht mehr zu geben. Das Spielbrett ist verschwunden.
Mit Barack Obama war klar: Ein Regelbruch im internationalen System hat
keine Folgen. Das ermutigte andere, aggressivere Player – eine unschöne
Situation, wie man in Syrien und in der Ukraine sah, aber keine
grundsätzlich unlösbare. Mit Donald Trump aber ist nicht einmal klar, ob
ein Regelbruch Folgen nach sich ziehen könnte oder nicht, weil die Existenz
von Regeln an sich infrage steht. Das verwirrt nur. Es ist kein Beitrag zum
Weltfrieden, wenn Russen, Iraner, Nordkoreaner oder Chinesen nicht mehr
wissen, ob sie diesen gerade tatsächlich gefährden. Bald wissen es
vielleicht auch die US-Amerikaner nicht mehr. Das Risiko, aus Versehen eine
globale Krise heraufzubeschwören, ist damit größer denn je. Nicht sehen zu
können, welcher Weg zum Krieg führt, schafft mehr Unsicherheit, als sich am
Scheideweg zwischen Krieg und Frieden entscheiden zu müssen.
Die bestehenden internationalen Ordnungssysteme sind dieser Situation nicht
gewachsen. Die Vereinten Nationen sind zu allen weltpolitischen
Streitfragen strukturell gelähmt und befinden sich unter ihrem neuen
Generalsekretär Guterres auf dem Weg zurück in alte Bequemlichkeiten. Die
Europäische Union ist zwischen Brexit und Eurokrise in der eigenen
Selbstfindung gefangen. Die Nato ist momentan mehr die Bühne der
Verunsicherung als der Ort ihrer Überwindung.
Vielleicht haben ja die Optimisten recht, die meinen, Trump interessiere
sich für die Welt so wenig, dass er in der US-Außenpolitik alles
weiterlaufen lässt wie bisher, nur bisweilen unsinnig kommentiert. Es ist
ein schlechtes Zeichen, wenn eine solche Haltung als optimistisch gelten
muss. Denn diejenigen, die noch skrupelloser regieren als der US-Präsident
– und dazu gehören die meisten Machthaber der Welt –, hätten gerade dann
immer weniger Gründe, Zurückhaltung und Mäßigung walten zu lassen.
15 Feb 2017
## LINKS
[1] https://twitter.com/realdonaldtrump
## AUTOREN
Dominic Johnson
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