# taz.de -- Außenminister Gabriel in Russland: Besuch beim alten Bekannten Put… | |
> Gabriel und Putin kennen sich, auch die Themen, darunter der | |
> Ukrainekonflikt, bleiben dieselben. Jetzt ist der Vizekanzler erstmals | |
> als Außenminister Gast im Kreml. | |
Bild: Als Außenminister muss Gabriel besonders diplomatisch mit Putin umgehen | |
Moskau dpa | Der Titel der Ausstellung, die Außenminister [1][Sigmar | |
Gabriel] am Donnerstag in Moskau besucht, taugt auch als Motto für seinen | |
gesamten Antrittsbesuch in Russland. „Der Zukunft zugewandt“ heißt die | |
Schau mit Werken europäischer Nachkriegskunst im Puschkin-Museum. | |
Zumindest die jüngste Vergangenheit in den deutsch-russischen Beziehungen | |
hat kaum etwas zu bieten, auf das man aufbauen könnte. Da ist der Blick | |
nach vorne ganz angebracht. Die letzten drei Jahre waren geprägt von | |
[2][der Vereinnahmung der Krim durch Russland], vom anschließenden Konflikt | |
in der Ost-Ukraine, einer neuen Abschreckungspolitik zwischen Russland und | |
der Nato sowie gegenseitigen Sanktionen. | |
Gabriel ist zwar erst seit sechs Wochen Außenminister, mit den Themen aber | |
bestens vertraut. Wenn er am Donnerstag mit seiner Wagenkolonne im Kreml | |
vorfährt, trifft er auf einen alten Bekannten. Präsident Wladimir Putin hat | |
ihn schon drei Mal empfangen, als er noch Wirtschaftsminister war. Daneben | |
ist ein Arbeitstreffen und Mittagessen mit Außenminister Sergej Lawrow | |
geplant. | |
Zum Kennenlernen sei Gabriels Besuch in Moskau eigentlich gar nicht nötig, | |
sagt der russische Außenpolitik-Experte Wladimir Frolow. „Man kennt ihn | |
doch.“ Die russische Führung entfaltet für Gabriel das volle Protokoll, | |
auch wenn er schon bald nicht mehr SPD-Vorsitzender sein wird und man nicht | |
weiß, was nach der bevorstehenden Bundestagswahl wird. Termine beim | |
Kremlchef bekommen nur ganz wenige Außenminister, zum Beispiel aus den USA | |
oder China. | |
## Darum geht es beim Gabriel-Besuch in Moskau | |
Zunächst geht es natürlich um die Ukraine: Gabriel hatte am Rande der | |
Münchner Sicherheitskonferenz einen neuen Vermittlungsversuch mit seinen | |
Kollegen aus Frankreich, Russland und der Ukraine gestartet. Die Erfahrung | |
war dieselbe, die sein Vorgänger Frank-Walter Steinmeier etliche Male | |
machen musste: Es wird etwas vereinbart, löst sich dann aber schon wenige | |
Tage später wieder in Luft auf. Diesmal war es ein Waffenstillstand | |
zwischen den prorussischen Separatisten und Regierungstruppen, der von | |
Anfang an nicht eingehalten wurde. Inzwischen gibt es Zweifel, ob die | |
Vermittlung der Europäer wirklich zum Ziel führen kann. In Moskau wird es | |
darum gehen, inwieweit die USA eingebunden werden sollen. | |
Auch Sanktionen werden ein Thema sein. Als Wirtschaftsminister zählte | |
Gabriel zu denjenigen, die den Sanktionen skeptisch gegenüberstanden und | |
einen schrittweisen Abbau anstrebten. Jetzt vertritt der scheidende | |
SPD-Chef dieselbe Linie wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Ohne | |
Fortschritte bei der Umsetzung des Minsker Friedensabkommens keine | |
Abstriche bei den Sanktionen. Die Lage ist für Gabriel klar: „Von einer | |
substanziellen Umsetzung kann leider keine Rede sein.“ | |
Deshalb wird Gabriel auch Kante zeigen. Dem Antrittsbesuch in Moskau | |
schaltete er ganz bewusst Gespräche in Warschau vor. Polen zählt zu den | |
vier Ländern, in denen die Nato derzeit insgesamt 4000 Soldaten [3][zur | |
Abschreckung Russlands] stationiert. Als alleinigen Schuldigen für die | |
Aufrüstungsspirale in Osteuropa sieht Gabriel Moskau: „Wir wissen, wer der | |
Aggressor ist. Wir wissen, wer das Völkerrecht verletzt hat.“ Die weltweite | |
Erhöhung von Rüstungsausgaben, nicht zuletzt die jüngste | |
Aufrüstungsinitiative von US-Präsident Donald Trump, ist Gabriel allerdings | |
nicht geheuer. Er wirbt deswegen für eine Rückkehr zur Abrüstung und für | |
regelmäßige Treffen des Nato-Russland-Rats. | |
Und natürlich stehen auch der Krieg in Syrien und [4][die Lage in Lybien] | |
auf der Agenda. Wie geht es weiter in den Friedensgesprächen für Syrien? | |
Wie kann die EU beim Wiederaufbau des zerstörten Landes helfen? Der seit | |
sechs Jahren andauernde Bürgerkrieg, in dem Russland [5][auf der Seite von | |
Präsident Baschar al-Assad] steht, wird ein wichtiges Thema der Gespräche | |
sein. Auch im zerfallenen Wüstenstaat Libyen will Russland Einfluss auf | |
eine Neuordnung nehmen. Moskau setzt dabei auf ein deutsches Interesse, die | |
Flucht tausender Afrikaner aus Libyen über das Mittelmeer in die EU zu | |
stoppen. | |
9 Mar 2017 | |
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