# taz.de -- Merkel besucht Putin: Beim Bohren dicker Bretter | |
> Kanzlerin Merkel wird Wladimir Putin in Sotschi treffen. Auf der | |
> Tagesordnung: die Situation in der Ukraine, das G-20-Treffen und der | |
> Krieg in Syrien. | |
Bild: Lächeln fürs Foto: Putin und Merkel beim G-20-Gipfel in Hangzhou im Sep… | |
Moskau taz | Wladimir Putin und Angela Merkel war es am Dienstagnachmittag | |
anzusehen, dass ihnen der Einstieg in die bilateralen Gespräche in Sotschi | |
nicht gerade leicht fiel: Selbst der russische Präsident – sonst immer für | |
einen Scherz zu haben – hatte diesmal nichts zu lachen. Auf der | |
Tagesordnung ganz oben standen der Ukraine-Konflikt, das G-20-Treffen im | |
Juli in Hamburg und der Krieg in Syrien. | |
Nach zwei Stunden Austausch hatten beide Politiker nur wenige Ergebnisse | |
vorzuweisen. Immerhin kamen sie überein, dass beide Seiten am sogenannten | |
Minsk-II-Prozess festhalten wollen, der den Krieg im Osten der Ukraine | |
beilegen soll. | |
„Es fehlt an der Umsetzung und nicht am Abkommen“, sagte Bundeskanzlerin | |
Merkel und bedauerte die Maßnahmen der prorussischen Separatisten, die den | |
Aufbau eines eigenen Staates in den „Volksrepubliken“ im Osten der Ukraine | |
vorantrieben. An Präsident Putin gewandt meinte sie, der Waffenstillstand | |
müsse eingehalten werden und die Ukraine Zugang zu ihren alten Gebieten | |
erhalten. Auch Merkels Forderung, die Rechte Homosexueller in | |
Tschetschenien zu wahren, verbesserte die Atmosphäre nicht. | |
Zugleich sorgten die russischen Medien dafür, dass eine andere Botschaft im | |
Vordergrund dieses Tages stand: Der Nachrichtenkanal Rossija 24 meldete das | |
für den Abend geplante Telefonat Präsident Wladimir Putins mit US-Präsident | |
Donald Trump alle halbe Stunde an erster Stelle – während das Treffen mit | |
der deutschen Bundeskanzlerin unter „ferner liefen“ erschien. | |
Dabei war Angela Merkel dem Wunsch des Kremlchefs entgegengekommen und in | |
dessen Sommerresidenz nach Sotschi gereist, wo sich Wladimir Putin mit dem | |
Rennen der Formel eins am Wochenende etwas Abwechslung verschaffte. | |
## Mögliche Vorboten einer Kurskorrektur | |
Moskau wertete die Reise Merkels nach Sotschi bereits als möglichen | |
Vorboten einer vorsichtigen Kurskorrektur. Die Kanzlerin war 2015 noch der | |
Auffassung, sie werde Russland erst wieder besuchen, wenn sich im | |
Minsk-II-Prozess auch Bewegung abzeichne. Obwohl davon kaum die Rede sein | |
kann, reiste die Kanzlerin nun dennoch an, meinten russische Beobachter. | |
Das Image der Bundeskanzlerin ist in Russland schlecht. Sie wird als | |
Anhängsel der USA porträtiert. Auch Deutschland wird wieder in Farben | |
gezeichnet, die an die schwierigsten Zeiten des Kalten Kriegs erinnern. | |
„Hegemoniestreben“ wirft die Regierungszeitung Rossijskaja Gaseta Berlin | |
vor. Auch immer mehr EU-Staaten würden „unter dem Joch“ Deutschlands | |
stöhnen. Kein Zufall sei es, dass Österreich, Italien, Tschechien, Ungarn | |
oder Griechenland bilaterale Beziehungen mit Russland auszubauen | |
versuchten. „Russland ist nicht Griechenland“, warnte das Blatt die | |
Politiker in Berlin am Vorabend des Treffens. | |
Die Iswestija geißelt Deutschland gar als „Zugpferd antirussischer Rhetorik | |
in Europa“ und ernennt Merkel zur wichtigsten „Regisseurin“ in der EU. | |
Russland ist verletzt: Es verzeiht Berlin nicht, dass es vor | |
Rechtsverletzungen des Kreml und dessen Angriff auf die europäische | |
Friedensordnung nicht die Augen verschließt. | |
2 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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