# taz.de -- Kommentar Minderheiten in Russland: Die Hölle der Namenlosen | |
> Homosexuelle werden in Russland gejagt, in Tschetschenien gefoltert. Die | |
> EU muss das Schutzbedürfnis dieser Gruppe ernster nehmen. | |
Bild: Wladimir in Rosa: Homo-Proteste vor der Russischen Botschaft in London | |
Immerhin: [1][Schön, dass sie darüber gesprochen haben]. Auch diesmal hat | |
Angela Merkel bei ihrem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin in | |
Sotschi die Gelegenheit genutzt, die Verletzung von Minderheitenrechten zum | |
Thema zu machen – diesmal am Beispiel homosexueller Tschetschenen und der | |
Zeugen Jehovas. | |
Beim Thema Menschenrechte ist auf die Kanzlerin offensichtlich Verlass. | |
Doch was folgt daraus? | |
Menschen mit, wie es offiziell heißt, nicht traditioneller sexueller | |
Orientierung, sind in der gesamten Russischen Föderation eine der meist | |
gehassten und verfolgten Gruppen. Homosexuelle, die als abartig und krank | |
gelten, werden systematisch diskriminiert und manchmal umgebracht. Und das | |
mit dem Segen der Orthodoxen Kirche. Und ohne, dass in den meisten Fällen | |
die Täter dafür zur Verantwortung gezogen werden. | |
## Offiziell gibt es in Tschetschenien keine Homosexuellen | |
In der muslimisch geprägten Kaukasusrepublik Tschetschenien ist die | |
[2][Situation für Schwule noch lebensbedrohlicher]. Mit Ramsan Kadyrow | |
herrscht dort ein Mann, der, der schützenden Hand Putins sei Dank, die | |
Bevölkerung terrorisiert, wie es ihm beliebt. Verschwindenlassen, | |
willkürliche Inhaftierungen und Folter sind nur einige Begriffe, um die | |
Lebenswirklichkeit vieler Menschen zu beschreiben. Homosexuelle, die es | |
laut Kadyrow in Tschetschenien eigentlich gar nicht gibt, werden in | |
Geheimgefängnissen sexuell missbraucht und so auf eine besonders perfide | |
Art gedemütigt. | |
Vor diesem Hintergrund ist es umso skandalöser, wie mit Tschetschenen | |
umgegangen wird, die in der Europäischen Union Zuflucht suchen. Häufig mit | |
dem Etikett versehen, gefährliche Islamisten zu sein, schiebt Polen sie | |
gnadenlos wieder nach Weißrussland ab. In Deutschland werden | |
tschetschenische Asylsuchende mit der Begründung zurück gewiesen, es gebe | |
in Russland ja eine innerstaatliche Fluchtalternative. Wie die aussieht, | |
wissen die als „Schwarzärsche“ titulierten Kaukasier, auf die in russischen | |
Städten Jagd gemacht wird, nur zu genau. | |
Deshalb sollte die EU, so sie ihre eigenen Standards noch ernst nimmt, | |
genau hin gucken, wo es um das Schutzbedürfnis tschetschenischer | |
Flüchtlinge geht. Alles andere ist zynisch. Daran ändern auch mahnende | |
Worte in Sotschi und Solidaritätskundgebungen mit tschetschenischen Homos | |
in westlichen Hauptstädten nichts. | |
3 May 2017 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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