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# taz.de -- Stopp des Flughafenausbaus in Wien: Gericht urteilt für den Klimas…
> 2 Prozent mehr CO2 durch den Flughafen Wien? No way, sagt das
> Bundesverwaltungsgericht. Und stoppt den Ausbau der geplanten dritten
> Piste.
Bild: Auslastungsgrenze erreicht. Bei Flugbewegungen, aber auch bei den CO2-Emi…
Wien taz | Eine dritte Start- und Landepiste des Flughafens Wien-Schwechat
darf nicht gebaut werden. Dieser überraschende Bescheid des
Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) wird von Umweltaktivisten als
bahnbrechende Entscheidung gefeiert. Denn erstmals wird ein großes
Bauvorhaben explizit mit Hinweis auf die Klimaschutzziele gestoppt.
Das Projekt – vorerst – zu Fall gebracht hatten nicht die wegen der
erwarteten Lärmbelästigung protestierenden Bürgerinitiativen aus der
Umgebung oder wasserrechtliche Gutachten.
## Der Klimaschutz hat Vorrang
Es war ein Passus, den die Regierung im Jahre 2013 in die Verfassung
geschrieben hatte. Darin verpflichtet sich die Republik zum Umweltschutz
als Staatsziel. Eine neue Piste würde zusätzliche Treibhausgase bedeuten.
Das vertrage sich, so das BVwG, nicht mit dem Klimaschutz.
Standortargumente, arbeitsmarktpolitische Interessen und die bevorstehende
Kapazitätsauslastung der vorhandenen Infrastruktur ließ das Gericht nicht
gelten.
Der Spruch löste ungläubiges Kopfschütteln und begeistertes Frohlocken bei
den interessierten Gruppen aus. „Ehrlich gesagt hat man in der
Umweltwissenschaft schon lange auf diesen Schritt gewartet“, freute sich
Erika Wagner, Mitglied des Vorstands des Instituts für Umweltrecht der
Universität Linz. Sie sprach von einem „wegweisenden Urteil“.
Selten hat man die gegensätzlichen politischen Lager so einig in der
Beurteilung der Entscheidung gesehen. Während Grüne und FPÖ, die sonst
meist völlig konträre Positionen vertreten, die Entscheidung priesen,
reagierten SPÖ und ÖVP, die in letzter Zeit wenige Gemeinsamkeiten finden,
fassungslos.
Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) äußerte sich zurückhaltend. Das
Urteil sei zur Kenntnis zu nehmen – aber: „Das heißt schon, dass es für d…
Wirtschaftsstandort Einschränkungen gibt.“ Sein Parteikollege im Wiener
Gemeinderat Erich Valentin nahm kein Blatt vor den Mund. Er sieht eine
„Themenverfehlung“. Denn „eine Beurteilung der österreichischen
Klimaschutzpolitik war nicht gefragt.“ Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel findet
die Entscheidung „standortpolitisch nicht nachvollziehbar“.
## Angst vor Bratislava
Die dritte Piste ist seit 20 Jahren in Planung. Sie soll 3.680 Meter lang
und 60 Meter breit werden und parallel zur ersten Piste verlaufen. 2016
registrierte die Betreibergesellschaft 23,4 Millionen Fluggästen. Die
Flugbewegungen sollen sich von zuletzt 226.000 auf 415.000 jährlich
erhöhen. Flughafen-Sprecher Peter Kleemann sieht dann ein Ende des
Wachstums, wenn die neue Piste nicht kommen sollte. Der Flugverkehr würde
sich dann auf München und das nur 60 Kilometer entfernte Bratislava
verlagern.
Gerade in der erwarteten Verlagerung des zusätzlichen Flugverkehrs sehen
die Kritiker der Entscheidung ein klimapolitisches Nullsummenspiel. „Für
die globale Schadstoffbilanz ist nichts gewonnen“, urteilt die
Wirtschaftsredakteurin Luise Ungerboeck im Standard. Die wirtschaftliche
Prosperität sieht sie nach Bratislava wandern. Flughafenvorstand Günther
Ofner meinte trotzig, die 20.000 Quadratmeter Photovoltaikanlage und die
Umstellung des Fuhrparks auf E-Mobilität könne man sich jetzt wohl sparen.
Von den 5,3 Millionen ausländischen Besuchern, die 2016 nach Wien kamen,
reisten 42 Prozent mit dem Flugzeug an. Eine zusätzliche Million an
Fluggästen wird von der Tourismuswirtschaft in 1.000 neue Arbeitsplätze
umgerechnet. Eine andere Rechnung stellen die Umweltschützer und mit ihnen
das BvwG auf: Österreich hat sich gesetzlich verpflichtet, bis 2020 den
Treibhausgasausstoß des Verkehrs um 2,25 Prozent zu senken. Die neue Piste
würde aber ein Plus an 1,79 bis 2,02 Prozent bringen.
Politik und Wirtschaft wollen sich noch nicht geschlagen geben. Sie
fürchten nicht zuletzt eine Folgewirkung auf künftige Großprojekte. So
sieht der Verfassungsrechtler Bernhard Raschauer „schwerwiegende
Konsequenzen, wenn man es als verallgemeinerbaren Grundsatz nimmt“. Das
einzig zulässige Rechtsmittel gegen den Bescheid ist eine außerordentliche
Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Die werde man fristgerecht
einbringen, versichert Flughafensprecher Kleemann.
12 Feb 2017
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Großprojekte
Schwerpunkt Klimawandel
Klimaschutzziele
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Michael Müller
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