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# taz.de -- Erdumrundung der Solar Impulse 2: Sieg der Langsamkeit
> Ein Solarflugzeug hat die Erde umflogen, ohne einen Tropfen Sprit. Ein
> wunderbares Symbol einer neuen Ära. Falls sie kommt.
Bild: Auf dem Landeanflug über Abu Dhabi: die Solar Impulse 2
War das jetzt Geschichte, was da am Dienstag um Mitternacht in Abu Dhabi
passiert ist? Das [1][Solarflugzeug Solar Impuls 2] schwebt am Flughafen Al
Bateen ein. Im dunklen Dunst der Wüstenstadt scheint es, fast wie ein Ding
aus einer anderen Welt, still zu stehen, so langsam und geräuschlos ist es.
An Bord sitzt der Schweizer Wissenschaftler und Abenteurer Bertrand
Piccard, der die Erde auch schon mal in einem Heißluftballon nonstop
umrundet hat. Aber das jetzt ist etwas anderes: Zusammen mit dem Ingenieur
André Borschberg hat er bereits 2003 verkündet, dass die Zukunft der
Solarenergie gehört und man die Erde in einem mit purer Sonnenenergie
angetriebenen Flugzeug umrunden wolle.
Jetzt hat es sein Team geschafft und damit den seltsamsten Rekord der
Technikgeschichte aufgestellt. Oder besser gesagt, einen, der die Symbolik
des 20. Jahrhunderts umkehrt. Das Technikversprechen, des immer schneller,
immer heftiger, immer weiter in kürzester Zeit, haben Piccard und
Borschberg abgelöst durch ein neues Paradigma der Bescheidenheit. „Die
Zukunft ist sauber, die Zukunft gehört euch, die Zukunft ist jetzt, machen
wir so weiter!“, rief Piccard kurz nach der Landung.
Keine donnernden Mondraketen, Rennwagen mit immer mehr PS oder
Überschallflugzeuge stellten da einen Rekord auf. Nein, eine Art
Riesenlibelle schlich um die Erde. Zwar mit einer Spannweite von 72 Metern,
größer als eine Boeing 747, weil 17.000 Solarmodule auf den Flügeln platz
finden mussten. Aber sonst: Durchschnittsgeschwindigkeit von 90 Kilometern
pro Stunde, angetrieben von vier Elektromotoren, Platz für einen Mann und
die Batterien, um auch nachts fliegen zu können.
Die längste Etappe ging von Japan nach Hawaii, fast 9.000 Kilometer. Der
Flug dauerte rund 118 Stunden, fast fünf Tage. 17 Etappen hatte die
Erdumrundung, die seit März 2015 immer wieder unterbrochen werden musste.
## Technisches Experimentierfeld
Langsamer und unpraktischer war Fliegen wahrscheinlich seit den Gebrüder
Wright nicht mehr, denen zugesprochen wird, 1903 den ersten unfallfreien
motorisierten Flug unternommen zu haben. Auf solche Pioniere beruft sich
auch Piccard immer wieder. Für ihn und sein Team ist der Flug von Solar
Impulse ein technisches Experimentierfeld, er will inspirieren und vor
allem Symbolik schaffen. Für die Möglichkeiten von Ökotechnologien und
explizit auch für die Teile der Wirtschaft, die auf grüne Technik setzen.
Sein Flug ist von Solarunternehmen großzügig gesponsert worden. Piccard ist
auch Unternehmer, Typus Anhänger des grünen Kapitalismus, der die alte
Energiewirtschaft, die „Dinosaurier“, ablösen will: „Die Welt kann nicht
mit Verbrennungsmaschinen weiter machen. Hier geht es nicht nur um
Umweltschutz. Es geht viel um Geldverdienen, um neue Märkte, ökonomische
Entwicklung, neue Jobs, Profit. Vielleicht ist Solar Impulse ein Weg, den
Widerstand der Dinosaurier zu überwinden, die nicht kapiert haben, was die
Zukunft ist“, sagte er im Mai in einem Radiointerview mit der BBC.
Tatsächlich wird die Luftfahrtindustrie kaum morgen beginnen,
Solarflugzeuge zu bauen. Batterien sind viel zu schwer, um ausreichend
Energie für einen normalen Linienflug mitzuführen. Sämtliche Prognosen
sagen einen wachsenden Flugverkehr mit immer mehr Emissionen voraus. Die
Anreize, völlig neue Technologien voranzutreiben, sind gering: Die
Industrie experimentiert zwar mit Treibstoffen aus Algen und anderem Zeug.
Aber im Gegensatz zu Sektoren wie der Energiewirtschaft war die Luftfahrt
aus dem internationalen Klimaschutzabkommen, das vergangenes Jahr in Paris
beschlossen worden ist, ausgenommen. Mittlerweile hat die Internationale
Zivilluftfahrt-Organisation der UN zwar festgelegt, dass neue
Verkehrsflugzeuge [2][ab 2028 weniger CO2 Ausstoßen müssen] – aber die
Ziele sind so spät und so gering, dass sie keinerlei Innovationsdruck
ausüben. Solares Fliegen bleibt Freakshow.
Piccard dürfte das egal sein. Er wollte begeistern, eine Ikonografie eines
sauberen Luftverkehrs schaffen. Ob das gelingt hängt bekanntlich maßgeblich
von den Rezipienten ab. Bei UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat es schon mal
funktioniert. „Das ist ein historischer Tag – nicht nur für Sie, sondern
für die Menschheit“, sagte Ban.
26 Jul 2016
## LINKS
[1] http://www.solarimpulse.com/adventure
[2] http://www.theicct.org/icao-proposed-co2-standard-update-201602
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
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