# taz.de -- EU-Afrika-Gipfel: „Schlechtes Vorbild“ | |
> Afrikanische Staaten fühlen sich von der EU in der | |
> Fluchtursachenbekämpfung übergangen. Ostafrika bringt neun Millionen | |
> Flüchtlinge unter. | |
Bild: Afrikanische Migranten, die in Libyen festsitzen (Archivbild Dezmeber 201… | |
VALLETTA taz | Vertreter afrikanischer Staaten haben sich kritisch über die | |
Zusammenarbeit mit Europa im Kampf gegen die irreguläre Migration geäußert. | |
Nach einem Gipfel von rund 60 europäischen und afrikanischen Ländern am | |
Mittwoch und Donnerstag in Malta warfen sie der EU vor, einseitig | |
Entwicklungsprojekte zur Fluchtursachenbekämpfung aufzulegen, dabei aber | |
afrikanische Interessen zu übergehen. | |
„Man kann nicht sagen, man hilft Afrika, und pickt sich einfach die Länder | |
raus, die einem am wichtigsten sind“, sagte Tabitha Kentaro Sabiiti von der | |
All Africa Conference of Churches. Sie kritisierte, dass rund 20 der 50 | |
afrikanischen Staaten von der EU gar nicht erst eingeladen worden waren. | |
„Ich sage es ganz klar, Europa wird seine Türen nicht schließen“, hatte d… | |
EU-Außenkommissarin Federica Mogherini zu Beginn des Treffens gesagt. Der | |
Europäische Auswärtige Dienst, eine Art Außenministerium der EU, hatte den | |
Gipfel ausgerichtet. Die EU erwartet von dem 2015 begonnenen sogenannten | |
Valletta-Prozess eine spürbare Verringerung der Zahl der in Europa | |
ankommenden Flüchtlinge und mehr Kooperation afrikanischer Staaten bei | |
Abschiebungen. | |
Obwohl es seit dem vergangenen Herbst geplant worden war, wurde die | |
Afrikanische Union (AU) erst fünf Tage vor Beginn per Telefon gefragt, ob | |
sie die Konferenz mitmoderieren wollte – für viele afrikanische Diplomaten | |
ein klarer Beleg für die Dominanz der EU. | |
„Migration stand noch nie so sehr im Zentrum der europäisch-afrikanischen | |
Beziehungen wie heute“, hieß es am Ende im Abschlussdokument des Treffens. | |
Doch was daraus folgt, ist offen. Vorerst will die EU den mit 2,5 | |
Milliarden Euro aus Entwicklungsmitteln aufgelegten Nothilfefonds für | |
Afrika nicht weiter aufstocken. Rund eine Milliarde sind bislang noch nicht | |
verteilt. Mit dem Geld werden teils klassische Entwicklungsprojekte | |
finanziert, teils aber auch Maßnahmen zur Schließung von Migrations- und | |
Fluchtrouten. | |
## Laissez-Passers nicht anerkannt | |
Die Afrikanische Union beklagte sich, an der Verteilung der Mittel nicht | |
beteiligt zu sein. „Es werden Entscheidungen ohne uns getroffen. Verträge | |
werden an Institutionen und NGOs aus Europa vergeben“, sagte der | |
AU-Sekretär Olawale Maiyegun aus Äthiopien. | |
Seit Monaten verhandelt die EU mit einer Reihe afrikanischer Staaten über | |
Rücknahmeabkommen. Doch auch die fünf von der EU erkorenen | |
Schwerpunktstaaten Mali, Senegal, Äthiopien, Niger und Nigeria weigern sich | |
bislang, Abkommen zu unterzeichnen. „Wir verhandeln noch. Bislang gibt es | |
noch nicht einmal einen Vertragstext“, sagte der malische Botschafter bei | |
der EU, Sékou dit Gaoussou Cisse. Wie auch andere Staaten stört Mali sich | |
daran, dass die EU zwar immer betont, „Mobilitätspartnerschaften“ eingehen | |
zu wollen, aber keine konkreten Angebote für Visaerleichterungen macht. | |
„Was die EU an Mobilität anbietet, ist nicht genug“, sagte Cisse. | |
Mehrere afrikanische Vertreter lehnten es erneut ab, in Zukunft | |
Laissez-Passers genannte Abschiebepapiere anzuerkennen, die EU-Staaten | |
selbst statt der Botschaften der Herkunftsstaaten ausstellen. „Unsere Angst | |
ist, dass es dann schnell heißt: Ihr habt alle so ähnliche Haare, ihr kommt | |
bestimmt alle aus Land X, dahin schicken wir euch jetzt zurück“, sagte | |
Carolin Njuki, die Vertreterin des ostafrikanischen Staatenverbundes IGAD. | |
Den EU-Türkei-Deal nannte Njuki ein „sehr schlechtes Vorbild“ für die | |
Kooperation mit afrikanischen Staaten. | |
Njuki erinnerte daran, dass allein Ostafrika derzeit neun Millionen | |
Flüchtlinge beherberge. „Und wir beschweren uns auch nicht die ganze Zeit.“ | |
In Uganda etwa sei die Zahl der Flüchtlinge aus Südsudan auf über eine | |
Million angestiegen. „In manchen Gegenden des Landes ist das Verhältnis von | |
Flüchtlingen zu Einwohnern eins zu eins. Und hat Uganda die halbe Welt zum | |
Krisengipfel eingeladen? Nein.“ | |
10 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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