# taz.de -- Kommentar Flüchtlingspolitik: Europa muss von Uganda lernen | |
> Nie mussten mehr Menschen fliehen als heute. Das macht vor allem Europa | |
> nervös. Ein Blick auf den Süden der Welt würde, wie so oft, helfen. | |
Bild: Afrika hat im Umgang mit Flüchtlingen eine fast unwirkliche Gelassenheit… | |
Seit Jahren verkünden internationale Organisationen am Weltflüchtlingstag | |
den immer gleichen Befund: Nie mussten mehr Menschen fliehen als heute. Und | |
es ist der globale Süden, der die Last ihrer Aufnahme trägt. Die in Europa | |
fast flächendeckend verbreitete Überzeugung, das eigentliche Opfer der | |
globalen Flüchtlingskrise zu sein, stört das nicht. | |
Ein Blick auf den Rest der Welt würde da, wie so oft, helfen. Zum Beispiel | |
auf Uganda: Das ostafrikanische Land hat in den letzten Jahren etwa die | |
gleiche Menge an Flüchtlingen aufgenommen wie Deutschland – rund 1,2 | |
Millionen. Sein Bruttosozialprodukt aber ist rund 130 Mal niedriger. Ruft | |
die Regierung in Kampala deshalb den Notstand aus? Schließt sie die | |
Grenzen? Denkt sie über den Ausstieg aus der Genfer Flüchtlingskonvention | |
nach? Zünden Unbekannte tausendfach Flüchtlingsunterkünfte an? Zieht eine | |
neue Partei ins Parlament ein, deren Programm im Wesentlichen aus | |
Fremdenfeindlichkeit besteht? | |
Nichts davon. Afrika hat im Umgang mit Flüchtlingen eine im Gegensatz zu | |
Europa fast unwirkliche Gelassenheit entwickelt. | |
Die Türkei, weltweiter Spitzenreiter bei der Flüchtlingsaufnahme, hat der | |
EU Milliardenzahlungen für die Versorgung der Aufgenommenen aus der Nase | |
gezogen. Das konnte sie nur, weil die EU fürchtete, die Menschen würden | |
sonst hierherkommen. Bei Uganda droht das kaum. Also zahlt Europa fast | |
nichts. Und deshalb bekommen die Flüchtlinge von der Regierung in Uganda | |
nun eben Land und Arbeitserlaubnis. | |
Keine Frage – es gibt eine ganze Reihe guter Gründe, den ugandischen | |
Langzeitherrscher Museveni zu kritisieren. Seine Flüchtlingspolitik ist | |
keiner davon. Die zwar pragmatische, aber zum Teilen des bescheidenen | |
Wohlstands bereite Haltung sollte Europa ein Beispiel sein. Denn das | |
Problem wird nicht verschwinden. Seit Beginn des Jahrzehnts hat sich die | |
Zahl der Menschen, die weltweit pro Minute vertrieben werden, von 8 auf 20 | |
erhöht – parallel zum Anstieg bewaffneter Konflikte. | |
Wer daran substanziell etwas ändern will, müsste dafür sorgen, dass die | |
internationale Gemeinschaft diese Konflikte besser zu verhüten oder | |
einzudämmen imstande ist. Danach sieht es aber nicht aus. Die Flüchtlinge | |
dieser Welt werden viele Ugandas brauchen. | |
20 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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