| # taz.de -- Rechtsextremismusexperte über die AfD: „Eine Art politisches Cha… | |
| > Ist die AfD rechtsextrem? Nicht in Gänze, sagt Alexander Häusler. Es gebe | |
| > aber einige überzeugte Anhänger der völkisch-nationalistischen Rechten. | |
| Bild: Delegierte des sächsischen Landesverbands der AfD beim vergangenen Parte… | |
| taz: Herr Häusler, nach der Dresdener Rede des thüringischen | |
| AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke heißt es nun von vielen Seiten: Die AfD | |
| ist rechtsextrem. Sehen Sie das auch so? | |
| Alexander Häusler: Nein, nach den gängigen Definitionen, die auch das | |
| Bundesinnenministerium anlegt, ist die AfD in ihrer Gänze keine | |
| rechtsextreme Partei. | |
| Was dann? | |
| Die AfD ist eine Art politisches Chamäleon. Sie steht eindeutig rechts von | |
| der CDU/CSU und hat sich von einer nationalliberalen oder | |
| nationalkonservativen Anti-Euro-Partei zu einer radikal rechten | |
| Bewegungspartei entwickelt, die die Schnittstelle zur extremen Rechten in | |
| einigen Bereichen überschreitet. Das gilt zum Beispiel für Björn Höcke mit | |
| seinen Inszenierungen, seiner Mobilisierung eines zum Teil rechtsextremen | |
| Milieus auf der Straße und seinen Reden. [1][Die Dresdener Rede] ist ja | |
| nur eine Zuspitzung dessen, was er immer wieder bekundet hat. | |
| Ist Höcke also rechtsextrem? Und die Parteiströmung, die sich „Der Flügel�… | |
| nennt und hinter ihm steht? | |
| Er benutzt auf jeden Fall das Vokabular der extremen Rechten. Was Björn | |
| Höcke sagt, ist nicht mehr davon unterscheidbar, was wir von offen | |
| rechtsextremen Parteien wie der NPD kennen. Dieser offen völkische | |
| Geschichtsrevisionismus, der in seinen Reden immer wieder zum Tragen kommt, | |
| das nazistisch konnotierte Vokabular von Volksverrätern, Volksverderbern, | |
| Volksgemeinschaft und Tausendjährigem Reich, das ist – mit Viktor Klemperer | |
| gesprochen – die Sprache des Dritten Reichs. Und Herr Höcke ist | |
| Geschichtslehrer und weiß, wessen Vokabular er sich bedient. | |
| Wenn zumindest ein Teil der AfD die Grenze zum Rechtsextremismus | |
| überschreitet, ist es dann verharmlosend, die Partei als rechtspopulistisch | |
| zu bezeichnen? | |
| Nein, ist es nicht, wenn man Rechtspopulismus als ganz spezifische Form | |
| politischer Ansprache definiert. Das ist es, was die sehr unterschiedlichen | |
| Rechtsaußenparteien in Europa vereinigt. Es geht um die populistische | |
| Unterscheidung zwischen dem Volk, was biologisch definiert wird und dem ein | |
| einheitlicher Wille zugeschrieben wird, und den Volksfeinden. Zu Letzteren | |
| gehörten die Eliten, weil diese angeblich nicht den Willen des Volkes | |
| umsetzen. Es gibt rechtsextreme Parteien, wie den Front National, die sich | |
| dieser Inszenierung bedienen, aber auch Parteien, die nicht aus der | |
| extremen Rechten kommen wie die Freiheitspartei von Geert Wilders und auch | |
| die AfD. All diese Parteien kooperieren über die ENF-Fraktion .... | |
| … „Europa der Nationen und der Freiheit“ … | |
| … im Europaparlament. Als Bernd Lucke noch Parteichef war, war es verboten, | |
| sich mit diesen Rechtsaußenparteien politisch gemein zu machen, [2][jetzt | |
| trifft sich die AfD-Vorsitzende Frauke Petry mit Marine Le Pen vom | |
| rechtsextremen Front National]. Auch das zeigt den Weg in das extrem rechte | |
| Feld. | |
| Gibt es innerhalb der AfD überhaupt noch inhaltliche Gegengewichte zu | |
| Höcke? | |
| Die AfD ist nicht in klar abgrenzbare Blöcke unterteilbar. Die massiven | |
| Streitereien, die die Partei von Anfang an geprägt haben, sind nicht in | |
| erster Linie ideologisch begründet. Es sind zumeist machtpolitische | |
| Auseinandersetzungen. Höcke und seine Anhänger sind in der | |
| völkisch-nationalistischen Rechten weltanschaulich gefestigt, das sind | |
| Überzeugungstäter, und als solche treten sie auch auf. Dann gibt es Leute, | |
| die sehr stark machttechnisch operieren, wie die Bundesvorsitzende Petry | |
| und ihr Mann, NRW-Landeschef Marcus Pretzell. Sie sind in der Lage, ihre | |
| politische Orientierung je nach Konjunktur anzupassen. Petry selbst sieht | |
| in Höcke einen wachsenden Rivalen. Sie wollte die Gunst der Stunde nutzen, | |
| um ihn loszuwerden, und hat sich deshalb für einen Parteiausschluss stark | |
| gemacht. [3][Erfolglos], wie schon in der Vergangenheit. Das zeigt den | |
| Einfluss des völkisch-nationalistischen Flügels. | |
| Der Antrag zum Parteiausschluss kam von Alice Weidel aus Baden-Württemberg, | |
| die zum neoliberalen Flügel der AfD gehört. Ist dieser Flügel noch ein | |
| glaubhaftes Gegengewicht zum Höcke-Kurs? | |
| Alice Weidel kann zum neoliberalen, oder genauer: nationalliberalen, Flügel | |
| gezählt werden. Bei ihr gibt es noch klare Unterschiede zu dem | |
| völkisch-nationalistischen Flügel von Höcke, der auch gerne seinen | |
| Rassismus mit Kampagnen gegen die neoliberale Globalisierung würzt. Bei | |
| Jörg Meuthen, Petrys Ko-Bundeschef, kann man das nicht mehr sagen, obwohl | |
| er lange als liberales Aushängeschild galt. Meuthen ist beim | |
| Kyffhäusertreffen des völkischen Flügels aufgetreten und hat dort erklärt, | |
| dass er sich nicht als Liberaler verstehe. Er hat mit Petry starke | |
| Konflikte und hat sich wiederholt mit Höcke und auch Vizechef Alexander | |
| Gauland gegen sie verbündet. Meuthen ist deshalb kein glaubhaftes | |
| Gegengewicht zu Höcke. | |
| Wie stark sind die Flügel innerhalb der AfD? | |
| Das lässt sich nicht klar sagen. Fakt ist, dass dieser Flügel mit dem | |
| Abgang von Lucke und seinen Anhängern maximal dezimiert worden ist. Aber es | |
| gibt noch einflussreiche Mitglieder, auch im Bundesvorstand. Über Alice | |
| Weidel haben wir schon gesprochen, Beatrix von Storch gehört auch dazu. | |
| Allerdings tritt dieser Flügel kaum noch mit offen neoliberalen Forderungen | |
| auf. | |
| Sondern? | |
| Er überdeckt solche Inhalte vielmehr propagandistisch mit populistischer | |
| Agitation gegen Minderheiten und sogenannte Gutmenschen. Die | |
| völkisch-nationalistische Gruppe um Höcke ist hingegen immer stärker | |
| geworden – laut Selbsteinschätzung des Flügels liegt sie bei 30 Prozent der | |
| Gesamtpartei. Die Strahlkraft dieser Gruppierung in die Wählerschaft hinein | |
| ist deutlich höher. Es gibt ja eine Art unfreiwillige Arbeitsteilung: Höcke | |
| und der Flügel bedienen das offen rechtsradikale Milieu insbesondere in | |
| Ostdeutschland. Petry versucht die Partei für die ressentimentgeladene | |
| Mitte zu öffnen, die nicht mit offenem Rechtsextremismus in Verbindung | |
| gebracht werden will. | |
| Welche Rolle spielen inhaltliche Auseinandersetzungen, zum Beispiel | |
| zwischen einer Alice Weidel und einem Björn Höcke, überhaupt? | |
| Man muss sich die AfD als parteipolitisches Dach rechts von der Union | |
| vorstellen, zu dem unterschiedliche Milieus mit zum Teil sehr | |
| unterschiedlichen politischen Einschätzungen zu einzelnen Fragen gehören. | |
| In Feldern wie der Wirtschafts- oder Sozialpolitik gibt es keine | |
| Einheitlichkeit. Das aber will man im Wahlkampf weder ausfechten noch | |
| benennen. Die AfD setzt auf populistische Feindbilder. Das erklärt | |
| einerseits ihren Erfolg als Protestpartei in Zeiten politischer | |
| Legitimationskrisen, das erklärt – neben der Machtfrage – aber auch die | |
| immer wiederkehrenden internen Konflikte, die diese Partei prägen und bis | |
| an den Rand der Handlungsfähigkeit bringen. | |
| Welche Bedeutung hat es für die AfD, ob sie im öffentlichen Diskurs als | |
| rechtspopulistisch oder als rechtsextrem bezeichnet wird? Vielen Anhängern | |
| scheint das gänzlich egal zu sein. | |
| Für die Partei ist es von großer Bedeutung, dass sie nicht als extrem | |
| rechte Partei in der Nähe der NPD dasteht. Geert Wilders hat schon vor | |
| Jahren gesagt, Deutschland brauche eine rechte Partei, die nicht von | |
| Neonazis und Antisemitismus geprägt sei. Denn das ist noch immer die | |
| Voraussetzung dafür, dass sich hier eine Partei jenseits des rechten Randes | |
| halten kann. Deshalb gibt es in der AfD auch die begründete Angst, dass | |
| Höcke den Bogen überspannt. | |
| 1 Feb 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
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