# taz.de -- Treffen europäischer Rechtspopulisten: Bombastische Selbstfeierei | |
> Das Treffen europäischer Rechtsparteien in Koblenz gerät zur vorgezogenen | |
> Siegesfeier. Dort sehnen sie die „nächste Etappe“ ihrer Politik herbei. | |
Bild: Geert Wilders (rechts) mit Marine le Pen (noch weiter rechts) und Frauke … | |
KOBLENZ taz | „2017, das Jahr der Patrioten“ – verkündeten dreisprachige | |
Tafeln in der Rhein-Mosel-Halle. [1][Das Treffen europäischer | |
Rechtsparteien am Samstag] in Koblenz stand ganz unter diesem Zeichen. Als | |
„Wahlkampfauftakt“ hatte die organisierende EU-Fraktion der AfD die | |
Versammlung angekündigt – wohl wissend, dass die Zugpferde der Bewegung, | |
Marine Le Pen und Geert Wilders, bei den Wahlen in Frankreich und den | |
Niederlanden im Frühling beste Chancen haben, und auch die AfD im September | |
in den Deutschen Bundestag einziehen dürfte. | |
Es war Le Pen, die die veränderten politischen Kräfteverhältnisse auf den | |
Punkt brachte: „Wir gehen zur nächsten Etappe über“, rief die Präsidentin | |
des Front National (FN) den knapp 1.000 Besuchern zu. „Wir geben uns nicht | |
mehr damit zufrieden, eine Minderheit im EU-Parlament zu sein. Wir wollen | |
die Mehrheit an den Urnen, bei jeder Wahl.“ Es war eine von vielen Ansagen, | |
die das Publikum begeisterten. Aktueller Bezugsrahmen der Euphorie in der | |
Halle war der Amtsantritt von Donald Trump, den kaum ein Redner ausließ. | |
Geert Wilders, Chef der niederländischen Partij voor de Vrijheid (PVV), | |
verkündete einen „patriotischen Frühling“. | |
Nicht nur verbal wurde in Koblenz mit großer Kelle angerührt. Schon die | |
Eröffnung geriet bombastisch, als zu dramatischem Chorgesang und | |
Paukenschlägen die Protagonisten des europäischen Rechtspopulismus | |
einliefen, begleitet von den wehenden Fahnen ihrer Herkunftsländer. Mit | |
riesigen, in die Höhe gereckten Pappschildern bezeugten die Besucher ihre | |
Unterstützung. | |
Inhaltlich geriet die EU zur Hauptzielscheibe. „Vom Moment an, in dem wir | |
das Gefängnis der EU verlassen, werden Kultur und Identität wiedergeboren“, | |
beschwor Le Pen das Morgenrot einer neuen nationalstaatlichen Blütezeit. | |
Die Ablehnung Brüssels ist seit jeher einer der Aspekte, die europäische | |
Rechtspopulisten verbindet. Sie ist nicht zuletzt auch das Fundament, auf | |
dem Le Pen und Wilders 2015 die Fraktion „Europe of Nations and Freedom“ | |
(ENF) im EU-Parlament gründeten. Weitere Kernpunkte sind | |
Einwanderungsbegrenzung, Euro-Austritt und die Bekämpfung der | |
vermeintlichen Islamisierung. | |
## Wachsender Optimismus | |
Im Wesentlichen hielten sich die Redner von Koblenz an diese Agenda – mit | |
jeweils persönlichen Noten, ganz analog zum allgemeinen Credo, im | |
angestrebten „Europa der Vaterländer“ gebe es Raum für eigene Identität | |
statt Gleichmacherei. Geert Wilders richtete den Fokus auf islamistischen | |
Terrorismus, der FPÖ-Abgeordnete Harald Vilimsky agitierte gegen ein | |
„korruptes Establishment im Dienste der Finanzwirtschaft“ und die | |
Gegendemonstranten in Koblenz, die „mit hoher Wahrscheinlichkeit keiner | |
geregelten Arbeit nachgehen“. | |
[2][5.000 Menschen, darunter viele Familien, demonstrierten] dort in der | |
Kälte. Unter dem Motto „Koblenz bleibt bunt“ hatten Gewerkschaften, | |
Parteien, Kirchen und Verbände zu der Veranstaltung aufgerufen. „Wer in der | |
Demokratie schläft, kann in der Diktatur aufwachen“, hieß es auf einem von | |
vielen Plakaten. Als Höhepunkt eines Protestzugs, der an der Halle der | |
Rechten vorbeizog, sangen die Demonstranten gemeinsam mit Musikern der | |
Rheinischen Philharmonie Koblenz Schillers „Ode an die Freude“ nach der | |
Melodie von Beethoven. | |
Zwei Erkenntnisse bleiben angesichts des Treffens der Rechtspopulisten: | |
deren Optimismus ist bedeutend gewachsen. Das dröhnende Pathos der | |
„Befreiung vom europäischen Joch“ ist eine Sache, die realistischen Chancen | |
auf Wahlsiege von Front National, FPÖ oder PVV eine andere. In deren Sog | |
befinden sich auch lange kriselnde Rechtsparteien wie der Vlaams Belang | |
wieder im Aufwind. Und die europäische ENF-Fraktion hat mit der | |
gastgebenden AfD die Lücke im größten Land Europas geschlossen. | |
Lesen Sie auch: [3][Kommentar zum Rechtspopulisten-Treffen – Gegen den | |
vermeintlichen Feind] | |
22 Jan 2017 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Müller | |
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