# taz.de -- SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz: Jedem Anfang wohnt ein Zauber in… | |
> Martin Schulz hat gute Umfragewerte. Das war bei seinem Vorvorgänger | |
> Frank-Walter Steinmeier ähnlich – und der stürzte später ab. | |
Bild: Klare Kante gegen die Merkel-Raute: SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz | |
Alles richtig gemacht, SPD. So könnte das Fazit lauten, wenn man jüngste | |
Meinungsumfragen zu den aktuellen Personalien in der Partei ernst nimmt. | |
Danach finden 64 Prozent der BürgerInnen und 81 Prozent der | |
SPD-SympathisantInnen es gut, dass Sigmar Gabriel den Parteivorsitz an | |
seinen Kollegen Martin Schulz abgibt, und ihm auch bei der | |
Kanzlerkandidatur für die Bundestagswahl im September den Vortritt lässt. | |
Der Umfrage des Instituts Infratest dimap zufolge findet der | |
SPD-Kanzlerkandidat Schulz mit 69 Prozent derzeit sogar mehr Zuspruch als | |
die CDU-Kanzlerin Angela Merkel mit 63 Prozent. Offensichtlich glauben | |
viele Menschen in Deutschland, dass Schulz den Menschen näher ist als | |
Merkel, dass er zumindest eine Ahnung davon hat, wo ihnen der Schuh drückt. | |
Arbeitslos und kein neuer Job in Sicht? Stress bei der Vereinbarung von | |
Beruf und Familie? Kleine Rente? Für all das, so glaubt die Hälfte der | |
Infratest-Befragten, habe Schulz ein Gespür. | |
Die Frage ist: Sprechen die Ergebnisse tatsächlich für Schulz und gegen | |
Merkel? Oder ist eine Mehrheit der BundesbürgerInnen einfach nur froh, das | |
Gesicht von Vizekanzler Gabriel künftig seltener zu sehen? | |
Sowohl als auch, sagt die Politikwissenschaftlerin Eva Heidbreder. „Schulz | |
steht für mehr Klarheit und Kontroverse“, sagt die Professorin am | |
Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. Früher in Brüssel, als er | |
Präsident des EU-Parlaments war, sei er schon mal „kaltschnäuzig“ | |
aufgetreten. Auch schrecke er vor keiner noch so heftigen Debatte zurück. | |
Mit Gabriel würden die Menschen einen Stillstand verbinden, eine lähmende | |
Große Koalition. „Schulz bietet WählerInnen das Versprechen auf Bewegung | |
und Veränderung“, sagt Heidbreder. | |
## Werte sind besser als Wechsel | |
Der Berliner Parteienforscher Gero Neugebauer hingegen glaubt, dass Schulz | |
gar keinen Wechsel verkörpern müsse. Vielmehr werde es darum gehen, zu den | |
Werten der SPD zurückzukehren. „Schulz kann versuchen, eine große Erzählung | |
zu entwerfen, die zum einen an sozialdemokratische Werte anknüpft, zum | |
anderen aber auch über den nationalen Bezugsrahmen hinausführt und auf | |
Europa verweist“, sagte Neugebauer. | |
Doch kann Schulz das Umfragehoch halten? Schafft er es, seinen | |
Aufwärtstrend zu verfestigen und auf seine Partei zu übertragen? Die SPD | |
ist diesbezüglich ein gebranntes Kind. Im Herbst 2008, als Frank-Walter | |
Steinmeier als Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl 2009 nominiert wurde, | |
erlebte sie zunächst ähnlich hohe Zustimmungswerte. Damals führte | |
Steinmeier die Liste der beliebtesten PolitikerInnen an. Doch das Blatt | |
wendete sich unmittelbar nach Steinmeiers Nominierung, schon einen Monat | |
später hatte ihn Merkel in den Umfragen überholt. | |
Wie stark und wie lange Schulz jetzt die Sympathien auf sich ziehen kann, | |
hänge laut Politologin Heidbreder stark davon ab, wie es ihm gelingt, | |
„tatsächliche Alternativen“ zur derzeitigen Politik aufzuzeigen. „Er muss | |
innenpolitisch klare Kante zeigen und ein eigenständiges Profil | |
entwickeln“, sagt sie. Auch Parteienforscher Neugebauer warnt vor zu hohen | |
Erwartungen der SPD an ihren Kanzlerkandidaten. Sie sollte zumindest darauf | |
vorbereitet sein für den Fall, dass auch bei Schulz bald der „Lack ab“ sei. | |
27 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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