# taz.de -- Björn Höckes Dresden-Rede: Zurück in die Vergangenheit | |
> Der Thüringer AfD-Chef will mit seinen Aussagen die Erinnerungspolitik | |
> umkrempeln. Er möchte eine deutsche Siegergeschichte durchsetzen. | |
Bild: Höcke will eine Kehrtwende in der Geschichtspolitik. Auch über dieses D… | |
Bremen taz | Dienstagabend in Dresden, die selbsternannten „Patrioten“ im | |
Brauhaus „Watzke“ applaudieren mehrfach im Stehen. Sie klatschen im Takt | |
und skandieren dazu „Höcke! Höcke! Höcke!“ Der Thüringer AfD-Chef Björn | |
Höcke will der Star des Abends sein, nennt sich selbst gleich zu Beginn | |
seiner Worte einen „unbequemen Redner“. Danach suhlt er sich eine | |
Dreiviertelstunde lang im Applaus seiner circa 500 AnhängerInnen. Geladen | |
hat die als radikal geltende Jugendorganisation „Junge Alternative“ der | |
AfD. Das Compact-Magazin streamt die Veranstaltung live auf Youtube. Pegida | |
bewacht den Saal. Davor protestieren rund 200 Gegendemonstranten. | |
Höcke sagt: „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der | |
Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt | |
gepflanzt hat.“ Höcke meint damit das Denkmal für die ermordeten Juden | |
Europas, kurz „Holocaust-Mahnmal“ genannt, das in Berlin an die Schoah, den | |
nationalsozialistischen Genozid an den Juden im Zweiten Weltkrieg, | |
erinnert. Dass er nun jedoch den Ort des Denkmals oder sogar das Denkmal | |
selbst als Schande bezeichnet, ist neu. Damit versucht er noch am Tag, an | |
dem das Bundesverfassungsgericht die NPD wegen vermeintlicher Irrelevanz | |
nicht verboten hat, den [1][Diskurs weiter nach rechts] zu verschieben. | |
Seine Worte sind unterschiedlich interpretierbar: Bezeichnet er das Mahnmal | |
als Schande oder bezeichnet er es als Schande, dass dort kein Siegerdenkmal | |
steht? Man kann es verschieden verstehen und das ist vermutlich auch so | |
intendiert. | |
Kernaussage seiner Rede ist: „Wir brauchen nichts anderes als eine | |
erinnerungspolitische Wende um 180 Grad.“ Höcke, ein beurlaubter | |
Geschichtslehrer, will die deutsche Geschichte wieder als Siegergeschichte | |
lehren und fordert eine nationalistische Geschichtsschreibung. | |
## Immer wieder NS-Vokabular | |
Schon mehrfach war der AfD-Politiker wegen der Verwendung von NS-Vokabular | |
aufgefallen. Nicht selten tauchen in seinen Reden Begriffe auf wie | |
„Tat-Elite“, die Merkels „Pseudo-Eliten“ ablösen sollten. „Tat-Elite… | |
auch die Selbstbezeichnung der SS – ein Umstand, der Höcke nicht unbekannt | |
sein dürfte. Die AfD nennt er gern „fundamentaloppositionelle | |
Bewegungspartei“. Adolf Hitler hatte die NSDAP einst „Partei der Bewegung“ | |
genannt. | |
Am Dienstagabend in Dresden sagt Höcke: „Bis jetzt ist unsere | |
Geistesverfassung, unser Gemütszustand immer noch der eines total besiegten | |
Volkes.“ In seiner Rhetorik scheint „das Volk“ ein undifferenzierter Kör… | |
zu sein. Eine Metapher, die ein vereinfachtes organisches Verständnis von | |
Gesellschaft zeichnet. Der Volkskörper ist eine Sprachfigur aus dem 19. und | |
20. Jahrhundert. Besonders gern haben ihn die Nationalsozialisten benutzt – | |
in einer antisemitischen und rassehygienischen Absicht. | |
Höcke zieht in dieser Passage seiner Rede eine Linie von der Bombardierung | |
Dresdens durch die Alliierten bis zur Geschichtsaufarbeitung der | |
Nachkriegszeit: „Man wollte nichts anderes, als uns unsere kollektive | |
Identität rauben. Man wollte uns mit Stumpf und Stil vernichten, man wollte | |
unsere Wurzeln roden. Und zusammen mit der dann nach 1945 begonnenen | |
systematischen Umerziehung hat man das dann auch fast geschafft.“ Höcke | |
sagt damit nichts anderes, als das er zu dem Geschichtsbewusstsein vor 1945 | |
zurückkehren will. | |
Jürgen Kasek, Landesvorstandssprecher der sächsischen Grünen und | |
Rechtsanwalt, twitterte nach der Rede: „Wer nach dem AfD-Auftritt heute in | |
Dresden daran zweifelt, dass wir das Wiedererwachen des NS sehen, dem ist | |
nicht mehr zu helfen.“ | |
18 Jan 2017 | |
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[1] /Reaktionen-auf-Bjoern-Hoeckes-Rede/!5376104 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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