# taz.de -- Kiel will Abschiebestopp: Neues sicheres Ankunftsland | |
> Schleswig-Holstein kündigt einen Abschiebestopp für afghanische | |
> Flüchtlinge an. Die Sicherheitslage habe sich rapide verschlechtert. | |
> Hamburg zieht nicht mit. | |
Bild: Anhaltende Unsicherheit: Afghanische Flüchtlinge demonstrieten in Hambur… | |
Hamburg taz | Schleswig-Holstein bäumt sich gegen das | |
Bundesinnenministerium auf: Innenminister Stefan Studt (SPD) hat in einem | |
Konsultationsschreiben an seine Senatoren- und Ministerkollegen in den | |
anderen Bundesländern angekündigt, einen zunächst dreimonatigen | |
Abschiebestopp für Flüchtlinge aus Afghanistan zu erlassen, die in dem | |
Nordland leben. Er halte Afghanistan grundsätzlich nicht für ein sicheres | |
Land und die Lage dort habe sich zuletzt verschlimmert. | |
Studt bezieht sich dabei auf einen neuen Zustandsbericht zur | |
Sicherheitslage in Afghanistan durch das UNO-Flüchtlingswerk (UNHCR), auf | |
den er auf der Innenministerkonferenz Ende Novemberbestanden hatte. | |
Obwohl der Bericht seit Weihnachten dem Bundesinnenministerium in Berlin | |
vorliegt, hat Innenminister Thomas de Maizière (CDU) ihn bislang unter | |
Verschluss gehalten. Erst jetzt ist das Papier den Innenministern und | |
-senatoren über die Geschäftsstelle der Innenminsterkonferenz zugesandt | |
worden. | |
„Der aktuelle UNHCR-Bericht bestätigt meine Bedenken: Die Sicherheitslage | |
in Afghanistan ist nicht nur grundsätzlich kritisch, sie hat sich in den | |
vergangenen Monaten noch einmal rapide verschlechtert“, sagte Studt. | |
In dem Bericht, der der taz vorliegt, zeigt sich der UNHCR „überrascht“, | |
dass die Entwicklung der Anerkennungsquote für afghanische Flüchtlinge | |
durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rückläufig sei. Denn seit | |
einer Feststellung des UNHCR zum Schutzbedarf afghanischer Asylsuchender | |
vom April 2016 sei die Sicherheitslage bis zum Jahresende nochmals | |
schlimmer geworden. | |
Laut UNHCR stieg die Zahl der „innerstaatlichen bewaffneten Konflikte“. | |
Dabei seien 1.600 Zivilisten getötet und 3.500 Menschen verletzt sowie | |
530.000 Menschen in die innerstaatliche Flucht getrieben worden. Nach der | |
Definition und den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes des | |
„innerstaatlichen bewaffneten Konflikts“ müsse afghanischen Flüchtlingen | |
zumindest ein „subsidiärer Schutz“ als Bürgerkriegsflüchtlingen gewährt | |
werden. „Eine Rückführung in Sicherheit und Würde dürfte somit kaum mögl… | |
sein“, schreibt Studt und forderte seine Amtskollegen zu einer | |
Stellungnahme auf. | |
„Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) muss erklären, wie vor diesem | |
Hintergrund die Schutzquote sinken kann und wie er Rückführungen nach | |
Afghanistan in Sicherheit und Würde gewährleisten will“, sagte Studt. Zu | |
dem dreimonatigen Abschiebestopp, den er verfügen wolle, habe er rechtlich | |
die Grundlage. | |
In die gleiche Richtung tendiert auch Bremen: „Wir haben hier zwar keinen | |
Erlass, aber sehen die Sicherheitslage sehr, sehr kritisch“, sagte die | |
Sprecherin des Bremer Innenressorts, Rose Gerdts-Schiffler, der taz. | |
Niedersachsen prüft zurzeit den Kieler Vorstoß. | |
Während Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen sich schon an der | |
von Bundesinnenminister de Maizière initiierten Sammelabschiebung von 34 | |
Afghanen am 14. Dezember nicht beteiligt hatten, hatte Hamburg unter | |
Hinweis auf Vorgaben des Bundes sieben Personen in den Abschiebeflieger | |
gesetzt. Innensenator Andy Grote (SPD) versteckt sich weiterhin hinter de | |
Maizière: „Primär ist dazu jetzt das Bundesinnenministerium gefordert“, | |
ließ Grote erklären. „Unabhängig davon beobachten wir natürlich die | |
Entwicklung und die Bewertung der Lage sehr genau.“ | |
Der grüne Koalitionspartner in Hamburg begrüßte den Vorstoß | |
Schleswig-Holsteins. „Das ist ein gutes Signal“, sagt die innenpolitische | |
Sprecherin Antje Möller. Die Grünen hätten schon immer einen „kritischen | |
Blick“ auf die Rückführungen gehabt, weil Afghanistan kein sicheres Land | |
sei. „Ich bin gespannt auf die Reaktionen der anderen Bundesländer“, sagte | |
Möller. | |
11 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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