# taz.de -- Grüne Jugend hat Redebedraf: „In Parteiforen ist die Hölle los�… | |
> Hamburg schiebt wieder Menschen nach Afghanistan ab. Für Johannes Müller | |
> von der Grünen Jugend ein Unding, denn der rot-grüne Senat hätte sich | |
> weigern können | |
Bild: Sammelabschiebung nach Afghanistan: Sieben Menschen aus Hamburg saßen im… | |
taz: Herr Müller, warum protestiert die Grüne Jugend gegen die | |
Abschiebungen nach Afghanistan? | |
Johannes Müller: Weil das Land von Krieg und Konflikten zerrüttet ist. | |
Sicherheit kann dort nirgendwo gewährleistet werden. Selbst der | |
Bundesinnenminister trägt beim Besuch eine kugelsichere Weste und Helm. | |
Dort herrscht Bürgerkrieg und Minderheiten werden verfolgt. | |
Ihre Partei regiert in Hamburg mit. Warum schiebt Hamburg dann seit | |
Mittwoch wieder nach Afghanistan ab? | |
Wir sind momentan in der Klärung mit unseren Senatoren, wie das abgelaufen | |
ist. Unsere Kritik richtet sich aber zuerst an die große Koalition auf | |
Bundesebene und auch an das CDU-geführte Bundesinnenministerium, das diese | |
Abschiebung verantwortet. Sehen Sie sich mal die heutige Tagesordnung für | |
den Bundestag an. Ein fast schon zynischer Zufall: Gestern wird Afghanistan | |
von der Bundesregierung für sicher gehalten und heute beschließt man, dass | |
dort weiter bewaffnete deutsche Streitkräfte bleiben sollen. | |
Schleswig-Holstein und Niedersachsen schieben nicht ab. | |
Eben. Die Innenminister unserer Nachbarländer wie Schleswig-Holstein haben | |
dort nicht mitgemacht und es geschafft, eine Aufschiebung zu erwirken. | |
Gibt es verstehbare Gründe für Hamburgs Linie? | |
Der Innenminister von Schleswig-Holstein, Stefan Studt (SPD), hat beim | |
Bundesinnenministerium eine Überprüfung der Sicherheitslage in Afghanistan | |
angefordert. Laut unseren Hamburger Senatoren hätte dies nur aufschiebende | |
Wirkung gehabt. Für uns von der Grünen Jugend ist es aber trotzdem die | |
richtige Reaktion. | |
Wie sollten sich Ihre grünen Senatoren, die ja in der Minderheit sind, | |
gegen die SPD-Senatoren durchsetzen? | |
Dass wir stimmenmäßig unterlegen sind, heißt nicht, dass man nicht auf uns | |
als Koalitionspartner Rücksicht nimmt. Nach den mir vorliegenden | |
Informationen wurde der Flug nach Kabul diesmal vom Bundesinnenministerium | |
organisiert und bezahlt. Die Hamburger Regierung hätte sich allerdings | |
weigern können, Personen aus Hamburg zur Abschiebung zu melden. Immerhin | |
konnte unsere flüchtlingspolitische Sprecherin durch Einzelprüfungen die | |
Zahl der abzuschiebenden Menschen aus Hamburg von 14 auf sieben halbieren. | |
Wo liegt für die Grüne Jugend die Schmerzgrenze? | |
Die ist hier erreicht. Als die Hauruck-Abschiebung am Mittwoch bekannt | |
wurde, war in den Parteiforen die Hölle los. Auch unsere Landesvorsitzende | |
hat ja ihren Protest erklärt. Wir haben mit unserem Koalitionspartner | |
erheblichen Redebedarf. Es ist auch die Frage, ob man die Ausländerbehörde | |
einfach machen lässt, oder gegenüber dem verantwortlichen Innensenator der | |
SPD Stellung bezieht und sagt, dass das in einer Koalition mit den Grünen | |
nicht läuft. Das einzige, was Hamburg tut, ist, im Einzelfall zu gucken, ob | |
für die Abschiebung aufschiebende Gründe vorliegen. Also Erkrankungen, | |
Reiseunfähigkeit und dergleichen. Das wird in Hamburg stark durchgeführt. | |
Es gibt diesmal keinen Landes-Winter-Abschiebestopp in sogenannte sichere | |
Herkunftsländer, wie ihn 2009 sogar ein CDU-Senator Alhaus verfügte. Hätten | |
Sie nicht schon vor Wochen Alarm schlagen müssen? | |
Abschiebungen sind immer kritisch. Wenn dann noch widrige Umstände | |
dazukommen – welche das auch immer sind –, sollte man darauf verzichten. | |
Wir haben aus humanitären Gründen die Pflicht, Menschen auch menschenwürdig | |
zu behandeln. | |
Wird dieses Thema auf einem Parteitag besprochen werden? | |
Es wird sicher auf dem nächsten Landesausschuss zur Sprache kommen. | |
Wie zufrieden ist die Grüne Jugend denn insgesamt nach zwei Jahren | |
rot-grüner Koalition? Es war ja keine Liebesheirat. | |
Sagen wir so: Die Zusammenarbeit läuft nicht immer reibungsfrei. Etwa bei | |
Themen wie Luftverschmutzung und Verkehrspolitik muss die SPD deutlich mehr | |
Zugeständnisse machen. Die Entscheidung, Geflüchtete zur Abschiebung nach | |
Afghanistan zu melden, kritisieren wir jedenfalls aufs Schärfste. Das darf | |
keinesfalls noch mal vorkommen, unsere Senatoren müssen da klare Kante im | |
Senat zeigen. | |
15 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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