# taz.de -- Kommentar zur Kritik am Linken-Protest: Grüne als Wächter des Est… | |
> Während die Grünen in Jubiläumsbroschüren noch damit werben, wie wild sie | |
> waren, verurteilen sie heute jene, die ihre Protestformen kopieren. | |
Bild: Grünes Spitzenpersonal beim Hamburger Presseball: Katharina Fegebank und… | |
Protest im Rathaus – das gehörte immer zum Repertoire. Damals, als die | |
Hamburger Grünen noch Grüne Alternative Liste (GAL) hießen. Da ließen sie | |
während einer Debatte über Diätenerhöhungen für die Abgeordneten | |
Geldscheine vom Rathausbalkon regnen, störten blutleere parlamentarische | |
Rituale mit allen möglichen Aktionen, wurden verwarnt und immer wieder von | |
Debatten ausgeschlossen. Außerparlamentarische Protestformen ins | |
altehrwürdige Rathaus zu bringen, war ein Anliegen. | |
Mit dem grünem Protest ist es längst vorbei. Heute wird ernsthaft | |
mitregiert, ohne Schnickschnack. Doch nicht nur dass: Während die Grünen in | |
ihren Jubiläumsbroschüren noch damit werben, wie wild und unangepasst sie | |
einst waren, verurteilen sie heute all jene, die die einst grünen | |
Protestformen von gestern kopieren. Als Die Linke am Mittwoch in der | |
Bürgerschaft mit Schildern gegen die Sammelabschiebungen in Afghanistan | |
protestierte, wurde sie nicht nur von der Haushaltsdebatte ausgeschlossen, | |
sondern auch noch von den Grünen ordentlich zur Brust genommen. | |
„Ich hätte mir von den Linken gewünscht, nicht auf eine populistische | |
Aktion zu setzen, sondern ein anderes, parlamentarisches Mittel zu wählen, | |
das eine echte Auseinandersetzung ermöglicht hätte“, postete etwa die grüne | |
Parteichefin Anna Galina bei Facebook. Und Fraktionschef Anjes Tjarks | |
schrieb im Brustton der Empörung: „Die Abgeordneten der Linken haben heute | |
wohl kalkuliert und geplant parlamentarische Tabus gebrochen. Diese Aktion | |
hat die parlamentarische Demokratie in Hamburg beschädigt.“ | |
Schlimm, schlimm. Ob angesichts der seit Jahren ersten Sammelabschiebung | |
nach Afghanistan die Beschädigung der Hamburger Demokratie nun echt das | |
fürchterlichste Ereignis des Tages war – da darf man streiten. | |
Unstrittig ist, dass die Grünen parlamentarische Regeln nicht mehr | |
hinterfragen. Im Gegenteil: Sie rügen kleinste Vergehen in einer Tonalität, | |
als seien sie die Oberwächter des politischen Establishments und seiner | |
verkrusteten Regularien. Das nennt sich staatstragende Überanpassung. Wenn | |
Galina der Linken gar vorwirft, sie hätte auf parlamentarische Mittel | |
setzen müssen, um die Afghanistandebatte in die Bürgerschaft zu tragen, | |
muss sie sich fragen lassen, warum ihre eigene Partei das nicht getan hat. | |
Gewünscht hätte man sich grünen Protest: Auch außerhalb der | |
Geschäftsordnung. | |
15 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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