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# taz.de -- Serienkolumne „Die Couchreporter“: Hochadel und Großbürgerlic…
> Eigentlich kann ich mit Britishness nicht viel anfangen. Aber die Serie
> „The Crown“ kommt in wunderschönem Upper-Class-Englisch daher.
Bild: Die Queen (Claire Foy) und ihr Mann Philip Mountbatten (Matt Smith)
Als es anstand, zusammen mit der Liebsten „The Crown“ zu gucken, blieb ich
lange sehr obstinat. Aber da das Zusammen-Serien-Gucken die neue quality
time der Zweierbeziehung ist, legte ich dann doch mein Buch beiseite and
here we went – wie der Engländer sehr wahrscheinlich nicht sagt: Denn ich
muss zugeben, dass mich mit der ganzen Britishness nur die bezauberndste
Frau der Welt hinterm Ofen hervorlocken kann.
Sicher, es gibt diese großartigen Pyramidenteebeutel von PG Tips, es gibt
Evelyn Waugh und den nach seinem Buch „Wiedersehen mit Brideshead“
gedrehten schönsten TV-Mehrteiler ever. Aber sonst?
Ah, doch – die Sprache! Da sind wir mit „The Crown“ bei etwas, das man nur
loben kann: das wunderschöne, durch Untertitel erschlossene
Upper-Class-Englisch, das hier alle sprechen, Elizabeth natürlich vorneweg.
Großartig, wie die Queen manche Konsonanten völlig verschluckt, die „Rs“
aber rollt, beeindruckend wie ihr Premierminister Winston Churchill in
„Blood, sweat and tears“-Manier schnauft, grantelt und ramentert.
In „The Crown“ geht es, von Rückblicken durchwirkt, um die Jugendjahre der
Thronfolgerin und Königin Elizabeth II., also etwa um die Jahre 1935 bis
1955. Die Geschichte wird straight Top-down erzählt, das heißt, Menschen
mit einem auch nur durchschnittlichen Jahresgehalt kommen ausschließlich
als dem hochadlig und großbürgerlichen Ambiente zuarbeitende Statisten vor.
Da ich klare Klassenstandpunkte mag, habe ich nichts dagegen.
## Umgekehrte Perspektive
Um nun auf das zu Beginn dieses Textes erwähnte Buch zurückzukommen: Auf
meinem Nachttisch, von dem ich zu „The Crown“ weggezogen wurde, lag und
liegt noch immer das dreibändige Werk des britischen Marxisten Chris Harman
„A people’s History of the World“, auf Deutsch 2016 im Laika-Verlag
erschienen. Der Autor nimmt die umgekehrte Perspektive von „The Crown“ ein.
Churchill etwa ist für Harman weniger ein großer Staatsmann als ein
begeisterter Teilnehmer der Schlacht von Omdurman 1898, einem kolonialen
Gemetzel im Sudan, bei dem die mit automatischen Waffen ausgestattete
britische Armee keine 50 Toten, die Gegenseite der aufständischen
„Mahdisten“ hingegen an die 10.000 Gefallene zu beklagen hatte.
Und wenn Elizabeth in „The Crown“ 1952 zu Besuch in der damaligen
britischen Kolonie Kenia weilt, dann ist der einzige Unruheherd ein wild
gewordener Elefant: Die Serie erlaubt sich auch nicht den leisesten Hinweis
darauf, dass in Kenia schon längst der Untergrundkampf zur Befreiung des
Landes von britischer Herrschaft ausgebrochenen war.
Ich bin, wie gesagt, das Gegenteil eines Spezialisten in britischen Dingen:
Aber ich denke schon, dass man die verlogenen Bilder von Glanz und
Herrlichkeit des britischen Empires, die in zahlreichen und zumeist sehr
viel schlechteren Filmen als „The Crown“ verbreitet werden, nicht
unterschätzen darf, wenn man den Brexit verstehen will.
Um nicht missverstanden zu werden: lieber die glänzende erzählte
Ehegeschichte von Elizabeth und ihrem Mann Philip, lieber das Drama um
Prinzessin Margaret und ihren Geliebten Peter Townsend als Sozial-Kitsch:
Besser müssen wir es schon erst mal machen.
6 Jan 2017
## AUTOREN
Ambros Waibel
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