# taz.de -- Kolumne Die Couchreporter: Alternativfaktisch avant la lettre | |
> Homeland hat jetzt eine Mrs. President-Elect. Mehr Aufmerksamkeit im | |
> realen politischen Geschehen bekommt aber eine andere Serie. | |
Bild: Eine weibliche Präsidentin? Gibt's bei Homeland. Ist aber postfaktisch! | |
Wer sich gern mit „alternative facts“ beschäftigt, muss die neue Staffel | |
von Homeland gucken. Worum es genau geht, weiß man zwar auch nach zwei | |
Episoden noch nicht. Aber nehmen Sie das: Es gibt einen neuen | |
President-elect. Und die ist eine Frau. | |
Homeland habe aufs falsche Pferd gesetzt, kommentierten die ersten | |
Kritiker. Sad. Denn Homeland hat alles richtig gemacht. Man stelle sich nur | |
mal vor, die Serie hätte das Amt tatsächlich mit einem populistischen | |
rechten Hetzer mit Haaren auf den Zähnen statt auf dem Kopf besetzt. So wie | |
Trump tickt, hätte der jeden Montag eine Pressekonferenz anberaumt, um | |
seinen Pressesprecher dementieren zu lassen, was am Tag zuvor der falsche | |
Präsident in der neuesten Episode auf Showtime gesagt hat. | |
Homeland zeigt nicht nur im Jahr 1 der postfaktischen USA, was es heißt, | |
eine alternativfaktische Serie zu machen. Homeland war schon immer eine | |
Serie, die viele aus verschiedenen Gründen total scheiße finden. Die einen | |
halten sie für rassistisch und islamophob. Die anderen ärgerte vor allem | |
der schludrige Umgang mit den Fakten. Homeland war also alternativfaktisch | |
avant la lettre. | |
Bis zum Wahlkampf 2016 war Homeland die Serie, die sich so nah an aktuelle | |
politische Ereignisse wagte wie keine andere. Ausgerechnet im | |
US-Wahlkampfjahr 2016 eine Staffel in Deutschland spielen zu lassen war für | |
Deutsche aufgrund des Lokalkolorits und für die Fanbase US-amerikanischer | |
Whistleblower interessant. Ansonsten aber bestellte die andere große | |
Politserie, „House of Cards“, das Feld. Kaum ein Kommentar zur Nominierung | |
von Trump kam ohne den Vergleich mit Francis Underwood aus. | |
So weit vorne „House of Cards“ letztes Jahr war, so viel Zeit nehmen sie | |
sich jetzt. Die ersten vier Staffeln waren bisher immer im Februar, die | |
letzte Anfang März veröffentlicht worden. Letzten Freitag, wenige Stunden | |
bevor Trump den Amtseid schwor, verkündete der Twitteraccount der Serie | |
endlich: „We make the terror.“ Die neue Staffel, so Netflix, komme erst am | |
30. Mai. Dass die Verspätung mit Trump zu tun hat, dürfte nicht nur | |
Spekulation sein. | |
Die neue Homeland-Staffel indessen hat ihr Intro geändert. Auf das bewährte | |
großartige Stück „Terminal 7“ von Tomasz Stanko ist die Stimme von Gil | |
Scott-Heron gelegt: „The first revolution is when you change your mind | |
about how you look at things.“ Es ist eine spätere Version seines berühmten | |
„The revolution will not be televised“ und mahnt daran, dass die Revolution | |
zuerst in den Köpfen stattfindet. | |
Man darf ein Detail der bisherigen Homeland-Staffel nicht gering schätzen: | |
Die gewählte, aber noch nicht vereidigte President-elect, Elisabeth Keane, | |
wird gespielt von Elizabeth Marvel, der Darstellerin, die in „House of | |
Cards“ Heather Dunbar spielt, die Gegenkandidatin von Francis Underwood, | |
die von ihm letztlich mit fiesen Mitteln ausgestochen wird. | |
Homeland kreiert hier möglicherweise bewusst eine Parallelwelt zur | |
Realität. Schon einmal hat es eine Serie geschafft, dazu beizutragen, dass | |
es einen Politikwechsel im Weißen Haus gibt: „The West Wing“. Wenn diese | |
Rolle nun ausgerechnet Homeland leisten würde: You will never be ignored | |
again. | |
24 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Doris Akrap | |
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