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# taz.de -- Serienkolumne Die Couchreporter: Zukunftsängste zugespitzt
> Lautsprecher im Gras und rätselhafte Autounfälle: In „Wayward Pines“ ist
> alles Fake. Auch der Fake selbst. Die Serie spielt mit Bedrohungen.
Bild: Nichts genaues weiß man nicht bei „Wayward Pines“
Die Grillen zirpen so schön in der Nacht. Es könnte sich um eine Idylle
handeln. Doch es ist die reinste Hölle: Ethan Burke (Matt Dillon) will dem
eingeflüsterten Zweifel zunächst keinen Glauben schenken. Wie, die Grillen
sollen nicht echt sein? So ein Unfug! Schließlich bückt er sich doch und
findet im Gras Minilautsprecher. Komische Kleinstadt, dieses Wayward Pines
– überall sind Kameras und Mikrofone versteckt.
Ethan Burke ist Secret-Service-Agent und hat es auf der Suche nach zwei
verschwundenen KollegInnen hierher verschlagen. Beide findet er in Wayward
Pines. Den einen tot, die andere quicklebendig, aber verändert: Kate,
Ethans Exgeliebte, gibt vor, ihn nicht zu kennen und benimmt sich
merkwürdig. Nach einem Autounfall sei sie hier im Krankenhaus aufgewacht –
Moment mal, bei Ethan war das genauso. Aber warum kann Ethan weder seine
Kollegen in der Zentrale erreichen, noch Ehefrau Theresa und Sohn Ben?
Klar, dass die beiden schon bald – natürlich nach einem Unfall – im
Krankenhaus von Wayward Pines aufwachen.
Die wunderbare US-amerikanische Mysteryserie spielt gekonnt mit subtilen
Irritationen und Bedrohungen. Das kommt nicht von ungefähr: Einer der
Produzenten ist M. Night Shyamalan („The Sixth Sense“), in der ersten
Episode hat er auch Regie geführt. Der Fachmann für geheimnisvolle
Phänomene und die Psychologie der Angst bleibt seinem Thema treu, geht es
in „Wayward Pines“ doch um Selbstbestimmung und Manipulation. „Ich weiß
nicht mehr, was ich glauben soll“, sagt Theresa in Episode 9. Dem Zuschauer
geht es so ab Folge 1.
Die Serie kommt zur rechten Zeit ins deutsche Free-TV (ZDFneo, auch
funk.net), ist „Wayward Pines“ – 2015 produziert – doch eine Art
Vorwegnahme Trump’scher Zustände. Nichts ist sicher. Alles ist anders, als
es scheint. Die Bösen sind die Guten und umgedreht. Alles ist Fake. Auch
der Fake. Das ist grandios ausgedacht und treibt Zukunftsängste auf die
Spitze. Ist unsere Zivilisation irgendwann ausgestorben? Hat sich der Homo
sapiens zu einem Monsterwesen (zurück-)entwickelt? Rechtfertigt die
Bedrohung von außen das drakonische Regime im Innern? „Wayward Pines“
könnte ein perfides Experiment sein. Aber auch ein Projekt zur Rettung der
Menschheit.
Natürlich spielen Kinder und Jugendliche eine besondere Rolle, wie immer
bei Shyamalan, denn die lassen sich am einfachsten formen. In „Wayward
Pines“ ist der Nachwuchs Keimzelle von etwas Neuem (na ja, und Altem
zugleich). Das diese „Generation 1“ genannte Brut nicht nur Gutes im
Schilde führt, versteht sich von selbst. Das kommt in der zweiten Staffel
zum Tragen.
Die allerdings hält nicht das Niveau der ersten, das Mysterium ist abhanden
gekommen. Und so ist die zweite Staffel, gestern auf ZDFneo gestartet, eine
„unnötige Fortsetzung“, urteilte TV Spielfilm, weil viel von der
„Atmosphäre“ der ersten „flöten geht“. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Bis auf eins: Matt Dillons Schauspielkunst lässt sich nur als
grobschlächtig beschreiben. Die gute Nachricht ist, dass Dillon in Staffel
zwei nicht mehr dabei ist, weil er sich am Ende der ersten aufopfernd in
die Luft gesprengt hat.
12 Mar 2017
## AUTOREN
Andreas Hergeth
## TAGS
Die Couchreporter
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Homeland
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Schwerpunkt Rassismus
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