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# taz.de -- Debatte über „The Crown“: Wenn Serien Geschichte vermitteln
> Die britische Königsfamilie kommt in „The Crown“ nicht gut weg. Viele
> fordern nun eine Warnung, dass die Serie fiktiv sei. Doch ist das nötig?
Bild: Aristokratische Funktionsmode: Die Queen (Olivia Colman) in ihrer schlamm…
Sie tut einem ein bisschen leid, Maggie Thatcher in ihrem pinkem Kleid.
Zusammen mit ihrem Mann betritt sie Balmoral Castle, die Sommerresidenz der
Queen. Dort trifft sich die königliche Familie zum Aperitif. „In Abendrobe“
stand im Protokoll, aber statt im Smoking sitzt die Queen in
schlammgrau-braunen Barbour-Jacke da. Aristokratische Funktionsmode. Der
aufgebrezelten Premierministerin entgleitet das Gesicht. Peinlich für
Thatcher, fies von der Königsfamilie.
So zumindest wirkt es in der vierten Staffel der [1][Netflix-Serie „The
Crown]“. Die Königsfamilie als kühler Clan, der jede, die den
Windsor-Knigge missachtet, auflaufen lässt.
Doch offenbar hat sich die Szene so nicht abgespielt. Das Verhältnis der
Queen zu Thatcher war zwar kein besonders gutes, der Antrittsbesuch aber
auch nicht so desaströs. [2][Der Historiker Hugo Vickers hat acht
Erzählungen in der neuen Staffel aufgelistet, die frei erfunden sind].
Nun debattiert halb Großbritannien über „The Crown“. Die aktuelle Staffel
spielt in den 80er Jahren, in einer Zeit also, an die sich viele Zuschauer
erinnern können. Ein Großteil der Protagonisten lebt noch. Deswegen erregt
gerade diese Staffel so viel Aufmerksamkeit. Politiker fürchten, sie könne
das Bild der Königsfamilie beschädigen, andere fordern, Netflix solle eine
Warnung vor die Serie stellen, dass es hier um Fiktion geht. Übertrieben?
Ja und nein. Dass die Königsfamilie in der Serie so schlecht wegkommt, hat
reale Konsequenzen. Das lässt sich auch auf dem Instagram-Account von
Charles’ Frau Camilla nachlesen. [3][Da wünschen sich Dutzende Diana
zurück.]
Serien und Filme prägen das Geschichtsbild vieler Menschen. Was wir über
Indigene denken, hat Karl May beeinflusst. Die amerikanische Fernsehserie
„Holocaust“ hat in den 70er Jahren ein Massenpublikum dazu gebracht, sich
mit der NS-Vergangenheit auseinanderzusetzen.
Im Fall der Königsfamilie ist es verkraftbar, dass nicht jedes Detail
historisch akkurat ist. Problematisch wird es bei Serien, die Ereignisse
von weltpolitischer Bedeutung erzählen. [4][„Chernobyl“, zum Beispiel, die
HBO-Serie von 2019]. Darin wird die Reaktorkatastrophe von 1986
nacherzählt. Ich habe darin viel gelernt. Wobei, so richtig gelernt habe
ich eigentlich erst nach der Serie, als ich nachgelesen habe, was damals
passiert ist.
Masha Gessen, Russlandspezialist*in und Journalist*in, hat [5][im New
Yorker aufgeschrieben, was die Serien verzerrt, vereinfacht oder
übertrieben hat]. Dass die Erzählung des mutigen Wissenschaftlers, der
einsam für die Wahrheit und gegen eine Handvoll Sowjet-Dämonen kämpft,
inszeniert ist, dürfte jedem klar sein. Dass die Sowjetunion aber
stellenweise dargestellt wird, wie zur Zeit unter Stalin, ist für Laien
schon nicht mehr so einfach zu erkennen – ist aber nicht unwichtig für
unser Bild der Sowjetunion zur Hochzeit des kalten Krieges.
Brauchen Serien also eine Warnung? Nein. Fiktion ist Fiktion und nicht
Doku. Wenn Serien dazu beitragen, dass sich Zuschauer mit Geschichte
auseinandersetzen, dann ist das schon sehr viel.
13 Dec 2020
## LINKS
[1] /Serienkolumne-Die-Couchreporter/!5367481
[2] https://www.theguardian.com/commentisfree/2020/nov/16/the-crown-fake-histor…
[3] /Camilla-und-Charles-auf-Twitter/!5731501
[4] /Kolumne-Die-Couchreporter/!5595530
[5] https://www.newyorker.com/news/our-columnists/what-hbos-chernobyl-got-right…
## AUTOREN
Anne Fromm
## TAGS
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Die Couchreporter
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