| # taz.de -- Neue Sky-Serie „The Nevers“: Superheldinnen im Korsett | |
| > Diese Frauen können Übernatürliches und werden dafür verachtet. „The | |
| > Nevers“ erzählt von weiblicher Selbstermächtigung im 19. Jahrhundert. | |
| Bild: „The Nevers“ ist eine Science-Fiction-Mystery-History-Dramaserie von … | |
| Es war von Anfang an berufliche Pflichterfüllung: Keine Lust gehabt, aber | |
| die erste Folge nun doch einmal angeguckt. Man muss sich ja ein Bild davon | |
| machen, worüber so viel diskutiert wurde. Die Rede ist von | |
| „[1][Bridgerton]“, dem nach Angaben von Netflix erfolgreichsten Seriendebüt | |
| des Streamingdienstes überhaupt. | |
| Dabei soll dieser Text eigentlich von der neuen HBO/Sky-Serie „The Nevers“ | |
| handeln. Erfunden hat sie Joss Whedon, der in den 90ern übermäßige Erfolge | |
| mit der Vampir-Serie „[2][Buffy]“ feierte. Aber der taz-Redakteur wollte | |
| den Vergleich zwischen „The Nevers“ und „Bridgerton“. Äpfel mit Birnen… | |
| – zum Glück – einzige Gemeinsamkeit beider Produktionen ist der | |
| Handlungsort im historischen London des 19. Jahrhunderts. | |
| So groß ist die Gemeinsamkeit allerdings nicht: „Bridgerton“ spielt 1813, | |
| mehr als zwei Jahrzehnte vor dem langen Viktorianischen Zeitalter, während | |
| dieses 1896, wenn die Handlung von „The Nevers“ einsetzt, in den letzten | |
| Zügen liegt. Bei lediglich zwei schwarzen Schauspielern in „The Nevers“ | |
| kann von „color-blind casting“, worüber bei „Bridgerton“ am meisten | |
| diskutiert wurde, keine Rede sein. | |
| Apropos Besetzung: Eine der herrlichsten Figuren in den frühen Folgen von | |
| „[3][The Crown]“ war Tommy Lascelles, der Privatsekretär von Queen | |
| Elisabeth. Gespielt wurde der von Pip Torrens, der bei „The Nevers“ nun | |
| einen ähnlichen Typ abgibt: Ein stocksteifer Bürokrat, der es für seine | |
| Bestimmung hält, Abweichler auf Linie zu bringen. Und man sollte das | |
| unbedingt im originalen Oxford-Englisch genießen, wenn er der gesetzten | |
| Herrenrunde die drohende Gefahr erläutert, die von Frauen ausgeht: „… the | |
| heart of our empire brought to a stuttering halt by the caprice and | |
| ambitions of those for whom ambition was never meant. […] What women are | |
| appalled by today they will accept tomorrow and demand the day after that.“ | |
| Es sind nämlich ausschließlich Frauen betroffen: Sie können Dinge durch | |
| Berührung zum Fliegen bringen – oder Pflanzen zum rasend schnellen | |
| Wachstum. Sie verwandeln alles, was sie anpusten, in Glas – oder sie | |
| sprechen alle Sprachen der Welt, ohne sie je gelernt zu haben. Das Motiv | |
| kennen wir von den „Watchmen“: Superhelden, deren Superkräfte nicht etwa | |
| wertgeschätzt, sondern die derentwegen ausgegrenzt und sogar verfolgt | |
| werden. | |
| Es geht also um weibliche Selbstermächtigung. Und hoppla, so bietet sich | |
| der Vergleich mit „Bridgerton“ doch noch einmal an, wo eine der | |
| Hauptfiguren gleich in der ersten Folge einen übergriffigen Verehrer | |
| höchstselbst aus den Latschen haut. Das ist allerdings nichts dagegen, wie | |
| bei „The Nevers“ die auch sehr trinkfeste Amalia True (Laura Donnelly) | |
| einen mit einer schweren Eisenkette bewaffneten Meister Proper nach allen | |
| Regeln der Martial Arts verdrischt. | |
| Gemeinsam mit ihrer hochbegabten besten Freundin Penance Adair (Ann Skelly) | |
| hat sie eine Zuflucht, ein Waisenhaus („St. Romaulda’s Orphanage“), | |
| geschaffen für die wie Aussätzige behandelten Frauen mit den Superkräften, | |
| denen die Serie ihren Namen verdankt: „The Nevers“. | |
| 12 Apr 2021 | |
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| Jens Müller | |
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