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# taz.de -- Museen vor Umzug ins Humboldt Forum: Großer Kehraus in Dahlem
> Bevor das Ethnologische und das Asiatische Museum am 8. Januar 2017
> endgültig schließen, geht es in Dahlem mit einem Langen Wochenende noch
> einmal hoch her.
Bild: Hermann Parzinger, Präsident der SPK, schaut sich eine Nulis-Maske in Da…
Es gab eine Zeit in den 1980er Jahren, da machten selbst beinharte
Westberliner Alternative brav ihre Sonntagsausflüge in den Südwesten der
Stadt. Es ging nach Dahlem in die Ethnologischen Museen und in das Museum
für Asiatische Kunst zu märchenhaften Ausstellungen und zu den Sammlungen
aus China, Laos, der Südsee, aus Afrika oder Amerika. Und wer noch nicht
schlappmachte, schaute in der Gemäldegalerie vorbei oder schnappte frische
Luft im Grunewald, bevor es wieder Richtung Kreuzberg ging. Was waren die
Ausflüge angepasst und bürgerlich.
Geschenkt! Sicher, die Dahlemer Museen gehörten zum Westberliner
Bildungskanon. Sie waren aber auch Kult, Orte der Aufklärung, der
Weltkulturen – und Inseln für eine Multikultialternative. Über eine Million
Besucher jährlich kamen in die Museen bis nach der Wende. Weniger wurden
es, als die Gemäldegalerie Alter Meister 1998 ans Kulturforum zog. Die
letzten Jahre waren es noch knapp 110.000 Besucher – Tendenz fallend, seit
feststand, dass die außereuropäischen Sammlungen ins umstrittene
Stadtschloss übersiedeln.
Mitten im Umzugsfahrplan des Ethnologischen und Asiatischen Museums ans
Humboldt Forum veranstaltet die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) vom
6. bis 8. Januar 2017 so etwas wie ein finales Museums-Kehraus-Wochenende.
Finaler Totentanz wäre wohl der treffendere Titel. Nach dem Wochenende
machen die Häuser an der Lansstraße endgültig dicht.
Der Stiftung legt viel Gewicht auf diesen Ausklang – als wollte sie an dem
zuletzt vernachlässigten Ort etwas gutmachen. Vieles, was nicht abgebaut
oder verstaut ist, wie etwa die berühmten ozeanischen Häuser und Boote,
wird ein letztes Mal „auf den zur Verfügung stehenden Restflächen
präsentiert“, wie Hermann Parzinger, Präsident der SPK, bei der Vorstellung
des Sammlungsprogramms betont. Wenig wird das nicht sein, besteht doch der
Dahlemer Fundus aus über 500.000 Objekten und Schriften.
## Ein letzter Gang
An den drei Schlusstagen will sich die SPK besonders auf die Exponate aus
Afrika sowie auf die archäologischen und kunsthandwerklichen Prunkstücke
aus China und Japan konzentrieren. Hinzu kommen die Keramiken aus Korea
sowie die berühmten Rudimente aus der alten buddhistischen Tempelstadt
Kočo.
Muss man nicht einen letzten Gang durch die lange gläserne
Ausstellungshalle mit den riesigen Cozumalhuapa-Stelen aus Guatemala und
anderen Steinobjekten vorspanischer Kulturen machen? Man muss! Und sollte
man nicht in die dunklen Kammern Arabiens abtauchen, wo Gold, Silber und
Edelsteine blinken. Auch das! Ausstellungsgespräche, Kuratorenführungen,
Öffnungszeiten bis 20 Uhr, japanische Teezeremonien und das Programm des
Museums für Europäische Kulturen rahmen die Finaltage ein, schwärmt
Parzinger.
Gewiss, die Welten der Azteken, Persiens oder des Königreichs Benin gehen
mit der Zäsur in Dahlem nicht unter. Bis zur Wiedereröffnung 2019 in Mitte
werden viele Exponate in Sonderschauen zu sehen sein. Aber der Kontrast zum
Humboldt Forum und zum „multiperspektivischen Konzept“ Neil MacGregors wird
ab 2019 einschneidend werden. Die fantastische Dahlemer Museumswelt war
eine eigene.
## Kleines Museum bleibt
Interessant ist, dass jetzt bei den Hauptbeteiligten für den Umzug doch
Wehmut zu vernehmen ist. Als er in den 1970er Jahren die Museen besuchte,
erinnert Klaas Riutenbeek, Direktor der Asienabteilung, sei er „total
begeistert“ gewesen. „So etwas Schönes gab es in Holland nicht“. Kurz zu…
hatte Fritz Bornemann hinter dem historischen Altbau an der Arnimallee den
modernen, aus versetzten Kuben und Glaskörpern bestehenden Museumskomplex
realisiert – damals eine Revolution in der Museumsarchitektur.
„Dahlem schließt nicht, es verändert sich“, konstatiert auch Michael
Eissenhauer, Chef der Staatlichen Museen Berlin. Was teilweise stimmt, denn
das kleine Museum für Europäische Kulturen bleibt zurück. Die Leiterin
Elisabeth Tietmeyer sieht das „als Herausforderung“ und will mit neuen
Ideen das Haus zum „Ort der Begegnung“ verwandeln. Ob das gelingt?
Die Zukunftspläne für den Standort klingen allesamt wenig griffig: Zwar
bleibe der „Markt der Kontinente“ erhalten, aber „einen abgestimmten Plan,
wie es langfristig mit den Flächen weitergeht, haben wir nicht“, gibt
Parzinger zu. Vorläufig sollen die geräumten Säle als Depots genutzt
werden. Ob die Flächen verkauft, saniert und umgenutzt werden, ist unklar.
Klar ist nur, dass einer der bedeutendsten dezentralen Berliner
Kulturstandorte – für dessen Erhalt es gute Gründe gegeben hätte – am
Wochenende verlischt. Darum: Raus nach Dahlem!
1 Jan 2017
## AUTOREN
Rolf Lautenschläger
## TAGS
Ethnologie
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Paul Spies
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