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# taz.de -- Debatte Trumps Wirtschaftspolitik: Der Präsident der Milliardäre
> Donald Trump betreibt Wirtschaftspolitik, als sei sie ein Werbespot. Sein
> Programm ist eine Selbstbereicherung für Milliardäre.
Bild: Noch Fragen? Das Kasino in Atlantic City ist inzwischen geschlossen
Donald Trump weiß, wie man sich vermarktet. Sein schlichter Wahlslogan hat
funktioniert: „Make America great again!“ Alternativ hieß es auch „Ameri…
first“. Ist etwa ein Wirtschaftskrieg zu befürchten? Die Rhetorik klang
danach.Doch die Finanzanleger haben auf Optimismus geschaltet, als sei
nichts gewesen. Nach der Wahl in den USA stiegen die Börsenkurse rasant,
was prompt „Trump-Rallye“ getauft wurde.
Profitiert haben vor allem Bankaktien, die um 35 Prozent nach oben
schossen. Diese Hausse bei den Finanztiteln mag zunächst etwas seltsam
wirken, denn im Wahlkampf hatte Trump noch permanent die Wall Street
attackiert. Doch jetzt ernannte er den Investmentbanker Steven Mnuchin zum
künftigen Finanzminister. Die Banken können sicher sein, dass sie
weiterzocken dürfen.
Schon beim Thema Finanzmärkte zeigt sich: Trump setzt auf reine Show und
lässt die Realität unverändert. Für ihn funktioniert Wirtschaftspolitik wie
Werbung. Bei einem Kinoclip für Langnese erwarten die Zuschauer ja auch
nicht, dass sie hinterher ein Loft in Paris besitzen. Aber das Eis kaufen
sie trotzdem.
## Das böse Ausland
Neben der Wall Street war „das Ausland“ der zweite Feind, den Trump in
seinen Wahlkampfreden gern attackierte. US-Unternehmen soll künftig strikt
untersagt sein, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlegen. Manchmal bekam
dieses böse „Ausland“ auch einen Namen, hieß dann Mexiko oder China. Bric…
jetzt etwa der Welthandel zusammen?
Auch damit ist nicht zu rechnen. Protektionist ist Trump nur in seinen
Wahlkampfreden. Ansonsten wird dieser Pragmatiker der Macht es erneut bei
reiner Symbolpolitik belassen. Medienwirksam wird er beispielsweise das
amerikanisch-asiatische Freihandelsabkommen TPP aufkündigen, das die
Regierung Obama verhandelt hat. Auch der TTIP-Vertrag mit den Europäern ist
gestorben. Darum ist es nicht schade. Auch die EU-Kommission musste längst
zugeben, dass das Abkommen kein Wachstum erzeugt hätte.
Die europäischen TTIP-Kritiker haben schon immer geahnt, dass dieses
Handelsabkommen überflüssig ist. Wie recht sie hatten, zeigt erneut ein
Blick auf die Börsen: Auch in Europa setzte eine „Trump-Rallye“ ein. Würd…
die deutschen Firmen um die eigenen Exporte fürchten, kaum dass TTIP
beerdigt ist, würde der DAX bestimmt nicht steigen.
Überhaupt stellt sich das Thema „Globalisierung“ anders dar, als es von
Trump beschrieben wird. Ausgerechnet die USA nehmen nämlich fast gar nicht
an der Globalisierung teil, wenn man darunter versteht, dass der
Außenhandel für die Wirtschaft eines Landes zentral ist. Der Warenexport
macht in den USA ganze 7,7 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung aus;
die Importe kommen immerhin auf 11,9 Prozent. Nur zum Vergleich: In
Deutschland tragen die Warenexporte 38 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei,
die Importe machen 29,1 Prozent aus. Diese Diskrepanz ist nicht
erstaunlich: Die USA sind faktisch ein eigener Kontinent. Mit etwa 320
Millionen Einwohnern ist der Binnenmarkt riesig – und auf Handelspartner
ist man kaum angewiesen. In der EU hingegen sind die Länder nicht nur viel
kleiner, sondern seit dem antiken Rom auch ökonomisch eng vernetzt. Also
strömen die Waren permanent über die diversen Grenzen.
Doch diese realen Dimensionen sind Trump egal. Er konzentriert sich in
seiner Propaganda allein darauf, dass die USA mehr importieren als
exportieren – woraus er dann griffig schließt, dass wertvolle heimische
Arbeitsplätze verloren gehen. Nach dem Motto: Jetzt werden die Autos nicht
mehr in Detroit gebaut, sondern in Mexiko! Und die Computer kommen auch
nicht mehr aus Texas, sondern aus China!!
Die Beschreibung ist richtig – und die Analyse trotzdem falsch. Wie Trump
allseits belehrt wurde, könnten die Chinesen gar keine amerikanischen
Boeings kaufen, wenn sie nicht umgekehrt Computer in die USA liefern
dürften. Aber Trumps Irrtum reicht noch viel tiefer. Die USA werden immer
weitaus mehr importieren als exportieren, also sogenannte
„Leistungsbilanzdefizite“ aufweisen – solange der Dollar die internationa…
Leitwährung ist.
In vielen Ländern ist der Dollar faktische Zweitwährung, weil die Bewohner
ihrer eigenen Regierung nicht trauen. Zudem werden viele Handelskontrakte,
etwa beim Öl, in Dollar abgewickelt. Weltweit herrscht ein immenser Bedarf
an Dollar, doch drucken können ihn nur die USA. Die anderen Länder müssen
also möglichst viele Waren in die USA exportieren, um die gewünschten
Dollar zu erwerben – was umgekehrt bedeutet, dass die USA ein
Leistungsbilanzdefizit haben müssen.
Die US-Amerikaner werden durch diese Importe übrigens nicht ärmer, wie
Trump suggeriert. Im Gegenteil: Die USA können seit Jahrzehnten über ihre
Verhältnisse leben. Die Amerikaner konsumieren, was andere erarbeitet
haben.
## Keynesianismus für Reiche
Die USA sitzen nicht in der Globalisierungsfalle, sondern haben ein
Verteilungsproblem. Die Wirtschaft wächst, aber bei den Beschäftigten kommt
nichts an. Seit 1975 sind die mittleren Reallöhne in den USA nicht mehr
gestiegen. Das ist beispiellos in der westlichen Welt.
Diese soziale Spaltung wird Trump sogar noch verschärfen. Er plant einen
„Keynesianismus für Reiche“ und will die Wirtschaft ankurbeln, indem er die
Steuern für Spitzenverdiener und Unternehmen halbiert. Sein
Wirtschaftsprogramm lässt sich knapp zusammenfassen: Es ist eine
Selbstbereicherung für Milliardäre.
Die Armen hingegen sind nur Stimmvieh – müssen aber genau deswegen geschont
werden. Daher ist unwahrscheinlich, dass Trump das
„Obamacare“-Krankenversicherungssystem massiv antastet, denn auch 16,6
Millionen „nichthispanische Weiße“ wären plötzlich ohne Schutz. Sie aber
werden gebraucht, um die nächsten Wahlen zu gewinnen. Trump dürfte daher
nur Details ändern – und ObamaCare in „TrumpCare“ umtaufen. Wie
Selbstvermarktung funktioniert, weiß dieser Milliardär. Damit wurde er
reich – und Präsident.
19 Dec 2016
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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